Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Zur Militarisierung der Wirtschaft

Arbeitsgruppe Militarisierung der Wirtschaft

Mai 2015

1. Die Kapitalisten wollen keinen Krieg – sie müssen ihn wollen. Warum das? Weil es so viele und gefährliche Waffen gibt?

Nein, daran liegt es nicht. Der Kapitalismus hat sich Ende des 19.Jahrhunderts zum Imperialismus entwickelt. Aus den daraus entstandenen Widersprüchen unter den imperialistischen Mächten sind zwei Weltkriege entstanden. Dahinter steckt eine Gesetzmäßigkeit, die Lenin kurz und bündig so beschrieben hat: Er sagte, solange »das Privateigentum an den Produktionsmitteln besteht, (sind) imperialistische Kriege absolut unvermeidlich«.

Und warum ist das so? Dazu Lenin:

»Es fragt sich, welches andere Mittel konnte es auf dem Boden des Kapitalismus geben außer dem Krieg, um das Missverhältnis zwischen der Entwicklung der Produktivkräfte und der Akkumulation des Kapitals einerseits und der Verteilung der Kolonien und der ›Einflusssphären‹ des Finanzkapitals anderseits zu beseitigen?«

Das ist also der Widerspruch, um den es in imperialistischen Kriegen geht. Er äußerte sich darin, dass der deutsche Imperialismus beide Male Anstifter bzw. Auslöser dieser furchtbaren Kriege war. Als zu spät und zu kurz gekommener unter den Imperialisten hat er seine besondere Aggressivität entwickelt, die die Völker der Welt in tödliches Entsetzen versetzt hat.

Heute äußert sich dieser Widerspruch nach wie vor in dem permanenten Problem des deutschen Imperialismus, das F.J.Strauß einmal so benannte, dass der ökonomische Riese Deutschland kein politischer Zwerg bleiben dürfe.

Diese zwischenimperialistischen Widersprüche haben sich enorm verschärft, als ein großer Teil des gemeinsamen Feindes der Imperialisten, der Sozialismus in Europa, weggefallen war. Zugleich hatte der deutsche Imperialismus sein Territorium vergrößert durch Einverleibung der DDR. Die Karten wurden völlig neu gemischt, in Europa und im Verhältnis zum US-Imperialismus.

Wir alle, die wir ausgebeutet werden, arbeiten für den Krieg, arbeiten für die Verschärfung der Widersprüche, die zum Krieg führen müssen. Der Krieg kommt vom Kapital, und Kapital und Lohnarbeit bedingen sich gegenseitig, sie kommen ohne einander nicht aus. Also ist jeder Arbeiter Teil der Kriegsvorbereitung – egal ob er so nette Sachen wie Straßenbahnwaggons herstellt oder ob er in der Waffenproduktion arbeitet.

Es gibt gewerkschaftlich organisierte Arbeiter, die sich richtigerweise und sehr tapfer gegen das Kriegsgeschrei der IG-Metall-Führung wenden, die sich dagegen wenden, dass die IG Metall-Führung mehr Rüstungsproduktion fordert. Leider sitzen diese Kollegen aber einem Trugschluss auf, wenn sie nun Konversion fordern, d.h. dass die Rüstungsproduktion umgestellt wird auf zivile Produkte. Darauf kommen wir später noch zurück.

Wichtig ist erstmal eins: Der Krieg kommt nicht von den Waffen, sondern aus den imperialistischen Widersprüchen. Der deutsche Imperialismus mit seiner besonderen Aggressivität spielt hier eine besonders gefährliche Rolle.

2. Was ist eigentlich Militarisierung der Wirtschaft?

Dieser Begriff ist in der Literatur der Arbeiterbewegung nicht klar definiert. Oft wird er mit dem Ausmaß und dem Einfluss der Rüstungsindustrie verbunden, was aber nicht sehr zur Klarheit beiträgt – da ja der Krieg wie gesagt nicht aus den Waffen erwächst, sondern aus den zwischenimperialistischen Widersprüchen.

Gehen wir davon aus, dass die Kapitalisten keinen Krieg wollen, sehr wohl aber ahnen, dass sie ihn wollen müssen. Die Militarisierung der Wirtschaft als sehr wesentlicher Teil der Militarisierung der Gesellschaft ist also eine umfassende wirtschaftliche Umstellung, die die ganze kapitalistische Produktion umfasst, mit Hilfe des den Kapitalisten dienenden Staates durchgeführt wird und neben der Vorbereitung auf den Krieg sozusagen friedliche Mittel des Kampfes gegen konkurrierende Imperialisten enthält.

Dazu drei Thesen:

I. Der Hauptfaktor für die Militarisierung der Wirtschaft ist die Disziplinierung der Arbeiterklasse. Mit einer auch nur aufmüpfigen Arbeiterklasse kann die kapitalistische Wirtschaft nicht auf den Krieg vorbereitet werden.

Begonnen wurde damit schon in den achtziger Jahren in Westdeutschland und Westberlin mit der Beschneidung der Arbeiterrechte unter der Regierung Kohl. Richtig massiv allerdings wurde in dieser Hinsicht die Schröder-Regierung von 1998 bis 2005 mit den Hartz-Gesetzen, der damit verbundenen gravierenden Auflösung von Kündungsschutzregeln, der Ausdehnung von Leiharbeit usw. Es handelt sich um eine groß angelegte Dauerkampagne zur Zersplitterung und Einschüchterung und damit Disziplinierung der Arbeiterklasse, die bislang auch hervorragend gelingt.

Soweit die gesetzliche Ebene. Die ideologische Ebene, die ebenso wie die gesetzliche auf der absoluten Verelendung fußt, wird vor allem von der Sozialdemokratie in der Arbeiterbewegung, verkörpert durch die Gewerkschaftsführung, versorgt. Grundlage ist die Standort-Ideologie – eine Abart der Ideologie der Vaterlandsverteidigung, die auf allen Ebenen funktioniert, auf der Ebene des Verzichts auf Kampf selbst um läppische Lohnerhöhungen, auf der Ebene der Verzichtsvereinbarungen in den Betrieben (Verzicht auf Ansprüche auf den Tarifvertrag, Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich etc.).

Ein weiterer ideologischer Angriff wird vom Staat praktiziert, indem das sogenannte Ehrenamt verstärkt und zentralisiert gefördert und kontrolliert wird, in Gestalt des Bundesfreiwilligendienstes, der mit der Aussetzung der Wehrpflicht eingerichtet wurde. Es handelt sich um die Ehre, zu schuften, ohne Lohn dafür zu bekommen und sich dafür als nützliches Mitglied der Gesellschaft zu fühlen (Nazi-Parole: Gemeinnutz geht vor Eigennutz).

Sehr stark wirkt sich die Militarisierung der Wirtschaft auch in dem – eigentlich Randbereich – des Gesundheitswesens aus, das in Katastrophenschutz u.ä. eingebettet wird.

Aber das ist noch nicht alles. Über den neuesten Angriff zur Disziplinierung der Arbeiterklasse wird Ludwig referieren [siehe Link], über das Bündnis „Zukunft der Industrie“, in dem die IG Metall und andere Industriegewerkschaften eine unrühmliche Rolle spielen.

Die Disziplinierung der Arbeiterklasse wird so sehr gebraucht, dass selbst die sozialdemokratische Strömung in den Gewerkschaften, die Rüstungskonversion anstrebt, untergeht, selbst diese eigentlich harmlose und von Illusionen geblendete Strömung stört hier nur.

Man muss sich klar sein, dass die Disziplinierung der Arbeiterklasse im Gange ist, wir aber keineswegs schon eine Kriegswirtschaft haben. Der freie Lohnarbeiter existiert noch, auch bei Hartz-4-Schikanen, Leiharbeit, Werksverträgen, befristeten Arbeitsverhältnissen, Kriegsgeschrei der Gewerkschaftsführer usw. usw.

Die Zwangsarbeit wird vorbereitet, aber noch nicht durchgeführt (außer in wenigen Ausnahmefällen, die nicht gesellschaftlich relevant sind). Sie wird materiell vorbereitet durch die erhöhte materielle Unsicherheit, der die Arbeiter ausgesetzt werden, die durch die Hartz-Gesetze noch die durch die absolute Verelendung entstandene Verunsicherung sehr verschärft.

Durch Hartz-4 wird die staatliche Kontrolle über den Arbeiter zur Selbstverständlichkeit. Das Recht des freien Lohnarbeiters, nicht zu arbeiten, wird erfolgreich als Schmarotzertum denunziert. Und auf dieser Grundlage kann auch leicht gegenüber der Einführung von Zwangsarbeit ein Einverständnis entstehen mit dem Verlust der Freiheit des Lohnarbeiters.

Bürgerliche Demokratie beruht unter anderem auf der Freiheit des Lohnarbeiters. Die Zwangsarbeit entspricht der Kriegswirtschaft und dem Faschismus. Die Disziplinierung der Arbeiterklasse erhöht die Gefahr des Faschismus – hier wird die gesellschaftliche Dimension der Militarisierung der Wirtschaft sichtbar.

II. Ein weiterer sehr wichtiger Faktor der Militarisierung der Wirtschaft ist die Militarisierung von Forschung und Lehre. Dazu werden wir noch Ausführlicheres von Ringo hören [siehe Link].

Hier nur ein Schlaglicht dazu aus dem Jahr 2013 (von gfp):

MÜNCHEN/OTTOBRUNN (Eigener Bericht) Bundeswehr, Rüstungsindustrie und zivile Hochschulen errichten eine neue Forschungsinstitution auf dem Gelände einer ehemaligen militärischen NS-Versuchsanstalt. Der “Bavarian International Campus Aerospace and Security” (BICAS) soll der Entwicklung sowohl autonom agierender Kampfdrohnen als auch “ziviler Sicherheitstechnik” dienen. Erklärtes Ziel ist die Umsetzung von Ergebnissen der Grundlagenforschung in “marktreife Produkte” zwecks Sicherung der deutschen “Innovations- und Technologieführerschaft”. Daneben geht es den beteiligten Waffenschmieden nach eigenen Angaben insbesondere um die Rekrutierung wissenschaftlichen Nachwuchses und um die “Weiterbildung von einschlägigen Fachkräften”. Verwiesen wird zudem auf die “Tradition” des “weltweit einzigartigen” Campusstandortes: Während des Zweiten Weltkriegs befand sich hier die unter der Ägide des Messerschmitt-Konzerns errichtete “Luftfahrtforschungsanstalt München”, die Triebwerke für Kampfflugzeuge entwickelte. Die notwendigen Bauarbeiten mussten Häftlinge des KZ Dachau verrichten – angetrieben durch Misshandlungen der SS-Wachmannschaft. (http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58583).

III. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt der Militarisierung ist das staatliche Bemühen um Autarkie, das ist wirtschaftlicher Nationalismus, der die Abhängigkeit vom Import beenden soll. Der deutsche Imperialismus hatte Lehren aus dem 1.Weltkrieg gezogen. Seine Niederlage war durch die britische Seeblockade begünstigt worden. Der deutsche Faschismus bemühte sich um Autarkie in allen wirtschaftlichen Gebieten, was drastische Eingriffe des Staates in die gesamte Wirtschaft notwendig macht, natürlich immer im Sinne der aggressivsten und chauvinistischsten Teile des Finanzkapitals.

Heute gibt es solche drastischen Maßnahmen noch nicht – aber immerhin drastische Eingriffe des Staates in die Energiepolitik (Energiewende genannt). Und auch dieser immer noch bürgerlich-demokratische Staat kann nur im Sinne und im Auftrag der Teile des Finanzkapital handeln, die sich in den derzeitigen Auseinandersetzungen durchsetzen. Diskutiert wird die Frage der Autarkie in der Energiefrage schon länger. Hier ein Fundstück aus dem Archiv des Kriegsministeriums von 2007 – ohne Quellenangabe, aber offenbar diesem Ministerium doch wichtig genug, um es zu archivieren. Da heißt es von einer gewissen Anne Much, dass nicht nur Umweltexperten den Nutzen von Biotreibstoffen in Zweifel ziehen. Sondern, so wörtlich:

„Wissenschaftler hinterfragen mittlerweile auch andere sicherheitspolitische Argumente der EU für die Energie vom Feld: Versorgungssicherheit und Autarkie. Deutschland produziert nur einen Bruchteil der benötigten Energie selbst, zum Beispiel durch heimische Kohle und eigenes Erdgas. Rund 75 Prozent der verbrauchten Kraftstoffe kommen aus dem Ausland. Bei Erdöl und Erdgas ist die Importabhängigkeit sogar noch größer. Das birgt die Gefahr, politisch und wirtschaftlich erpressbar zu sein. Die regenerativen Energien und die Biokraftstoffe sollen helfen, die Abhängigkeit zu reduzieren und die Versorgung zu sichern, begründet Brüssel. Doch die völlige Autarkie durch erneuerbare Energien sei eine Illusion, denken Wissenschaftler. Bioethanol wird im Ausland billiger hergestellt als in Deutschland. Deshalb wird der Kraftstoff auch in Zukunft importiert, das Versorgungsproblem also nicht zwangsläufig gelöst, befürchten Experten. Denn auch weiterhin können einige Interessengruppen und Länder die Rohstoffe produzieren und kontrollieren.“ (bmvg, suche nach Autarkie, „Energiepolitik – keine Patentlösung“ von Anne Much)

Bei der Energiewende, die dann 2011 aus dem Zylinder geholt wurde, ging es natürlich auch um die Autarkie. So nennt das Bundeswirtschaftsministerium als ein Ziel der Energiewende, „dass wir unabhängiger von Öl- und Gasimporten werden“. (http://www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Energiewende/gesamtstrategie.html)

Es geht hier nicht darum, wie erfolgreich das Ganze ist – das läuft wohl noch nicht so richtig rund. Sondern interessant ist, dass auch hier wieder Versuche der Militarisierung der Wirtschaft im Gange sind.

Es ist eine lohnende Aufgabe, sich mehr mit dieser Energiewende, und was der deutsche Imperialismus damit will, zu beschäftigen. Das gehört u.a. zu den Themen beim nächsten Makarenko-Camp der KAZ, das im August stattfinden wird.

Das scheinen uns die drei wichtigsten Aspekte der Militarisierung der Wirtschaft zu sein:

I – Disziplinierung der Arbeiterklasse

II – Militarisierung von Lehre und Forschung und

III – wirtschaftlicher Nationalismus.

Wenn wir die gesamte Gesellschaft betrachten, gibt es natürlich noch viel mehr Bereiche, die militarisiert werden, politische, kulturelle, usw., aber in diesem Referat wollen wir uns tatsächlich nur auf die Wirtschaft beschränken.

3. Natürlich gehört zur Frage der Militarisierung auch das gerade hochaktuelle Thema: Wie steht es eigentlich mit der Rüstungsindustrie?

Dass die jetzigen Debatten kaum einen anderen Zweck haben, als die Kriegsfähigkeit des deutschen Imperialismus zu sichern, ist sehr offensichtlich – und Valerie hat auf der letzten Hauptfeindkonferenz dargestellt, wie sehr der deutsche Imperialismus gerade rudert, um diese Kriegsfähigkeit zu erreichen [siehe Link]. Da mag es erstmal erstaunen, wenn im Herbst letzten Jahres eine bürgerliche Zeitung, die Süddeutsche, titelt: „Deutschland braucht keine Rüstungsindustrie“. Und dann wird in diesem Artikel auch noch berichtet, dass auch unsere Frau Kriegsministerin von der Leyen „diese Industrie zum großen Teil für überflüssig“ hält.

Da ist erstmal wichtig, sich klarzumachen, dass die Produktion von Waffen wie die Produktion aller anderen Güter sich mit dem Fortschritt der Produktivkräfte sehr verändert hat. Eine reine Rüstungsindustrie ist tatsächlich immer weniger möglich, in vielen als zivile Produktion geltenden Bereichen werden Rüstungsgüter produziert. Wenn ihr euch die größten Monopole in Deutschland anseht, werdet ihr keinen Zweifel haben, dass sich deren Produktionsstätten in kürzester Zeit auf reine Kriegsproduktion umstellen lassen. Bei VW hat man darin schon Übung, es war auch unter den Hitlerfaschisten überhaupt kein Problem, vom Kraft-durch-Freude-Wagen für angeblich alle Arbeiter auf den Kübelwagen für die Wehrmacht umzustellen.

Ein weiteres Problem der deutschen Rüstungsproduktion ist eins für das angestrebte Deutsch-Europa. Der Vergleich zu den USA sieht nicht günstig aus. Die berüchtigte Firma McKinsey wurde mit einer Untersuchung beauftragt und fand heraus:

»Laut einer neuen Studie verschwenden die EU-Staaten durch den zersplitterten Markt für Rüstungsgüter viel Geld. Darin rechnen die Berater von McKinsey vor, dass sich die EU-Staaten sechsmal so viele unterschiedliche Waffensysteme leisten wie die USA, obwohl ihre Wehretats zusammengerechnet nur 40 Prozent des US-Budgets ausmachen. So betrieben die europäischen Armeen 14 unterschiedliche Kampfpanzer, die US Army nur einen, die Europäer 16 verschiedene Kampfjets, die Amerikaner nur sechs. […] Langfristig könnten die Staaten demnach rund 30 Prozent sparen, wenn sie bei der Rüstungsbeschaffung enger zusammenrückten. Bei gesamten Rüstungsausgaben von 43 Milliarden Euro im Jahr 2012 wären das immerhin 13 Milliarden.« (Handelsblatt online, 26.6.2013) (nach jW)

Die Bundesregierung in Form des Wirtschaftsministers Gabriel (SPD) reagierte entsprechend, zum gleichen Zeitpunkt, an dem der vorhin genannte Artikel in der Süddeutschen erschien:

»Die Verteidigungsindustrie in der EU ist nach wie vor national ausgerichtet und stark fragmentiert. Europa leistet sich den ›Luxus‹ zahlreicher Programme für gepanzerte Fahrzeuge, den intensiven Wettstreit zwischen drei Kampfflugzeugen und eine starke Konkurrenz z. B. im U-Boot-Bereich. […] Folgen dieser unbefriedigenden Situation sind hohe Kosten und nachteilige Folgen für den internationalen Wettbewerb, aber auch negative Auswirkungen für die Streitkräfte. Die Bundesregierung muss daher nach meiner Meinung verstärkt auf eine europäische Zusammenarbeit bis hin zum Zusammengehen von in einzelnen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen setzen.« (nach jW)

Was Gabriel und von der Leyen lieber nicht sagen, ist, dass auch der legale Zugriff zu Atomwaffen nur über das Bündnis mit Frankreich funktioniert.

Natürlich gibt es da Widerstände in der EU. Schon das deutsch-französische Projekt EADS hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Dazu kommt noch: die Kleinteiligkeit gibt es nicht nur innerhalb der EU, sondern auch innerhalb Deutschlands. Der altertümliche deutsche Föderalismus ist auch in der Frage der Rüstungsproduktion ein Problem, über das der deutsche Imperialismus nun stolpert. Die Rüstungsindustrie ist nicht so wie z.B. in Frankreich oder den USA zentralisiert, sondern in verschiedenen Königreichen und Herzogtümern beheimatet, zu einem großen Teil eher als mittelständische Industrie. Eine besonders große Rolle spielt hier bekanntlich Bayern, eine Rolle spielen wohl auch die Werften im Norden, und dann haben wir noch eine auch weitgehend mittelständische Rüstungsindustrie in Baden-Württemberg.

Wir wissen es natürlich nicht genau, aber die Komödie, die gerade gegen Heckler&Koch abgezogen wird, spricht schon sehr dafür, dass hier ein Machtkampf geführt wird, der auch die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bourgeoisie zur gesamten Frage der EU, des Euro etc. widerspiegelt.

Warum Komödie? Das Gewehr G36 ist seit 17 Jahren auf dem Markt und wird in 55 Ländern genutzt. Es liegt nahe, dass hier ein Kampf ausgetragen werden soll, der die derzeitige Position der Bundesregierung – eine Umstrukturierung der Rüstungsproduktion auf die europäische Ebene, unter deutscher Führung versteht sich – festklopfen soll. Sich in dieser Auseinandersetzung auf eine der beiden Seiten schlagen – auf die der „Europäer“ oder der EU-Gegner – hieße immer auf der falschen Seite der Barrikade stehen. Denn beide Seiten tun nichts weiter, als den Krieg vorbereiten, nur mit etwas verschiedenen Mitteln. Leider ist es aber so, dass die IG Metall-Führung energisch fordert, die deutsche Rüstungsindustrie zu unterstützen und auszuweiten – das hört man sowohl aus dem Vorstand als auch von der IG Metall Baden-Württemberg.

Außer dem Fortschritt der Produktivkräfte und dem Problem der Kleinteiligkeit der europäischen Waffenproduktion gibt es mit der Rüstungsproduktion noch ein weiteres Problem für jedes imperialistische Land und damit auch für den deutschen Imperialismus. Die Rüstungsproduktion trägt zur Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus bei. Das hat im wesentlichen zwei Gründe.

Der eine Grund ist, dass die Rüstungsproduktion besonders viel konstantes Kapital erfordert. Es ist ja so, dass das Kapital, das der Kapitalist einsetzen muss, aus zwei Teilen besteht: erstens aus dem konstanten Kapital, das sind die Produktionsmittel, also Gebäude, Maschinen, Rohstoffe usw., zweitens aus dem variablen Kapital, das ist die Arbeitskraft. Nur aus dem variablen Kapital entsteht neuer Wert, nur daraus kann Mehrwert entstehen, nur daraus kann der Kapitalist seinen Profit gewinnen. Je größer aber der Anteil des konstanten Kapitals ist, umso mehr verschlechtert sich das Verhältnis zwischen dem Mehrwert, den der Kapitalist aus der Produktion gewinnt, und dem gesamten Kapital, das er in die Produktion hineingesteckt hat.

Und dann gibt es noch ein weiteres ökonomisches Problem der Rüstungsproduktion. Es handelt sich hier um Güter, die nur dann einen Gebrauchswert haben, wenn Krieg geführt wird. D.h. der Staat kauft das Zeug, aber im imperialistischen Frieden schimmelt es vor sich hin und wird erst erneuert, wenn es veraltet ist. Ganz zu schweigen davon, dass diese unnützen Waffenkäufe von den Arbeitern mit sozialer Demontage zu bezahlen sind. Der Absatz stockt also, das Kriegsgerät würde damit erstmal das Schicksal zum Beispiel einer großen Masse auf Halde liegender Autos teilen, die keiner mehr kaufen kann oder will. Die Überproduktionskrise wird dadurch noch verschärft. Teilweise wird das Problem durch den Export von Waffen geregelt. Damit werden aber auch die hier genannten Probleme exportiert. Dazu ist anzumerken, dass Griechenland der größte Abnehmer deutscher Waffen ist. Damit ist Griechenland auch eins der anschaulichsten Beispiele, wie sehr der deutsche Imperialismus mit dem Waffenexport seine Einflusssphären erweitern kann.

In der Arbeiter- und Friedensbewegung wird sehr oft mit diesen ökonomischen Schwierigkeiten argumentiert, dass es doch auch für die Kapitalisten rentabler wäre, keine Rüstungsproduktion zu haben. Mit dieser Argumentation, so glaubt man, könnte man etwas für die Friedenssicherung gewinnen.

In Wirklichkeit entsteht der Krieg nicht aus den Waffen, sondern die Produktion von Waffen wird verstärkt, je mehr die Kapitalisten den Krieg „wollen müssen“. In einem Buch des Militärverlags der DDR, aus dem wir auch viel Richtiges gelernt haben, wird zum Beispiel beklagt, dass die Rüstungsproduktion parasitär sei, und dass es wirtschaftlich besser sei, auf die Rüstungsproduktion zu verzichten. Da wird übersehen, dass der ganze Imperialismus parasitär ist, dass er ständig das menschliche Leben bedroht und alle Ressourcen verschleudert, die Produktivkräfte hemmt und zum Krieg treibt. Rüstungskonversion kann daran nichts ändern. Und um sie bei aktiver Kriegsvorbereitung seitens unserer Ausbeuter durchzusetzen, bräuchten wir solch eine Kampfkraft, dass wir demokratischen Vorstufen einer friedensstiftenden Revolution schon sehr nahe wären. Warum also nicht gleich für dieses Ziel kämpfen, statt die Imperialisten zu ermahnen, keine Imperialisten mehr zu sein?

Es geht nicht um die Waffen. Denn die Kriegstreiber haben nur eine wirkliche Wunderwaffe, und das ist der Mensch, als Arbeiter und als Soldat. Hier müssen wir den Hebel ansetzen und Überzeugungsarbeit leisten.