Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Bildungswesen und Militär – Hand in Hand durch die Geschichte der BRD

und ein Exkurs zur bundesdeutschen Kriegsforschung

Ringo Ehlert, »Unentdecktes Land« e.V. Mai 2015

Einleitung

Im Zeitraum von 2003 bis 2013 ließ sich ein Publikum von über 1,9 Millionen Zuhörern, Zuschauern und Mitmachern, auch „… Lehrer, … Referendare, … und Schulleitern sowie Multiplikatoren außerhalb der Schullandschaft“ auf über 80.000 Veranstaltungen der Bundeswehr, durchgeführt von den Jugendoffizieren und Wehrdienstberatern, was vom Krieg erzählen. 1,9 Millionen, die erschlagende Mehrheit davon waren Schüler und Studenten, auch vor Minderjährigen machte man nicht halt. Das sind die offiziellen Zahlen der Bundeswehr zur Arbeit der Jugendoffiziere in jenen 10 Jahren, die 45 Jahre Arbeit der Jugendoffiziere davor sind also nicht in dieser Statistik erfasst.

Einer ungeheuren Masse an Jugendlichen erzählte und erzählt die Bundeswehr auf ihren Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Seminaren, „Besuchen bei der Truppe“, Info- und Großveranstaltungen, warum dieses neue/alte Deutschland und seine Deutschen ein “vitales Sicherheitsinteresse” an der “Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ zu haben hat und dass es dafür notwendig ist, neue größere Waffengänge zu bestehen und auch wieder alleine zu wagen.

Im Zuge der 7. Hauptfeind-Konferenz 2014 wurde schon Einiges zu den Methoden der Bundeswehr bei ihrer Jagd an den Schulen nach Kanonenfutter und kriegsführungsfähigen Eliten für kommende Kriege referiert. Hier folgt ergänzend dazu mehr Grundsätzliches zur geplanten und durchgeführten Verzahnung zwischen Bildungswesen und Militär, die nicht erst in heutigen Jahren funktioniert und ausgebaut wird, sondern immer ein Merkmal der BRD war. Hierfür habe ich vor allem die Ausarbeitung „Die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bildungseinrichtungen“ von Lena Sachs genutzt. Zu diesem Einblick in die Geschichte der Jugendoffiziere und des Zugriffs der Bundeswehr auf das bundesdeutsche Bildungswesen werde ich mich an einer kleinen Draufsicht auf die Kooperationsvereinbarungen mit den Kultusministerien der Länder versuchen. Dazu ein Versuch eines kleinen geschichtlichen Einstiegs in das Thema: Bundesdeutsche Kriegsforschung, das leider im Zuge der letzten beiden Konferenzen so wenig bearbeitet werden konnte. Dafür fand sich vieles an Fakten in Rainer Rillings Band „Kriegsforschung und Vernichtungswissenschaft der BRD“ aus dem Jahre 1970, und zum aktuellen Stand wurden Publikationen von Peer Heinelt, der IMI und anderen ausgewertet.

Kleiner geschichtlicher Abriss der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bildungswesen über den Apparat der Jugendoffiziere bis zum Stand 2013

Immer wenn sich in Westdeutschland Probleme auftaten mit dem Bild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, mit einer nicht gern gesehenen Friedensneigung der Bevölkerung oder zu wenig Leuten, die Soldat werden und bleiben wollten, was in Zeiten der Wehrpflicht nicht so auffiel, intensivierte man den Zugriff dorthin, wo jungen Leute sind, denn der Panzer mit dem Balkenkreuz hat bekanntlich auch immer dieses Problem mit der Notwendigkeit des Fahrers.

Die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und dem Bildungswesen ist von höchster Ebene betoniert und bestens ausgebaut. Zu suchen sind „… die Wurzeln der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Bundeswehr bzw. Lehrkräften und Jugendoffizieren auf der Ebene der Bundes- und Landesministerien …“ Junge nette Offiziere hinterm Lehrertisch mit Zeigestab und Weltkarte sind nur sichtbare Ausdruck eines ganzen Systems der Zusammenarbeit.

Dies ist kein Geheimnis. So sagt das bundesdeutsche Kriegsministerium ganz offiziell zu den Jugendoffizieren, dass sie „den ohnehin bestehenden Konsens der Zusammenarbeit zwischen Bildungsträgern und der Bundeswehr“ nur ergänzen. Dieses so verhängnisvolle System der Zusammenarbeit, das eine derartige Vernetzung hervorbrachte, ist so alt ist wie die BRD selbst.

Kurz nach dem letzten großen Krieg – Anfänge der Zusammenarbeit

Natürlich war es kurz nach dem letzten großen Krieg in der Bevölkerung, selbst in der deutschen, nicht gerade Mode, wieder den nächsten vorzubereiten und sich die graue Weltuniform erneut überzuwerfen. Deswegen startete der gelernte Faschist und Wehrmachtsgeneral von Hitlers Gnaden, Adolf Heusinger, in einer seiner letzten Funktionen: Generalinspekteur der Bundeswehr, vor seinem friedlichen Ableben, eine Initiative, die letztlich die Institution des „Jugendoffiziers der Bundeswehr“ hervorbrachte. Das ganze geschah bereits drei Jahre nach Gründung der Bundeswehr, also 1958.

Nebenbei, nicht nur deswegen war Adolf Heusinger sehr gefragt. Auch die Sowjetunion und der Rest der vom deutschen Faschismus überfallenen Staaten interessierten sich ungemein für ihn. Die Forderung der SU nach Auslieferung des Kriegsverbrechers Heusinger blieb leider erfolglos, was leider auch zu erwarten war. Vielleicht war es dann gerade die Freude über die Nichtauslieferung, die die BRD bewog, ihm das „Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ zu verleihen und einen jährlich an verdiente Soldaten zu vergebenden Preis nach ihm zu benennen.

Zu Heusingers Zeiten ging es beim Zugriff auf die Jugend vor allem darum, „… der deutschen Bevölkerung die Notwendigkeit des Beitritts zur NATO und die damit verbundene Wiederbewaffnung Deutschlands zu vermitteln …“ Jene Wiederbewaffnung war schlecht zu verkaufen, erst mit dem Verbot antimilitaristischer Organisationen wie z.B. der FDJ wurde es leichter mit dem Zusammenschieben der Bundeswehrmacht gegen das Reich des Bösen jenseits der Elbe. Viel Arbeit für die anfangs nur 17 Jugendoffiziere der Bundeswehr, denn das Märchen von der Bundeswehr, die nix mit der Wehrmacht zu tun hat, musste obendrauf auch noch an Frau und Mann gebracht werden. Schon damals ging es aber auch um eine andere für die Bundeswehr so wichtige Aufgabe: das Werben für den Eintritt in die Armee. So war es wieder der Heusinger-Adolf höchst persönlich, der den Befehl ausgab: „… eine allgemeine Wehrbereitschaft bei allen Teilen der Jugend durchzusetzen … den qualifizierten Nachwuchsbedarf, besonders auch an Soldaten auf Zeit, zu decken.“ Das direkte Werben für den Landserklub wurde Jugendoffizieren erst 3 Jahre später untersagt, was sie damals und auch heute nicht daran hindert, eben dies täglich bei ihrer „Arbeit“ zu tun. So gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Jugendoffizier und dem Wehrdienstberater, dessen Job die direkte Rekrutierung ist. Da werden selbstverständlich Anfragen gern weiter gegeben, Schulen gemeinsam angeschrieben, auch von gemeinsamen Auftritten wird berichtet.

Dass die Aufstellung der Jugendoffiziere nur ein Vorspiel im Liebesspiel zwischen Bundeswehr und bundesdeutschem Bildungswesen auf höchster Ebene war, zeigte sich schon ein Jahr nach der Aufstellung. Denn 1959 wurde die erste Tagung zwischen Kultusministerien und Bundeswehr abgehalten. Hier ging es um die Findung von Kontaktpersonen in der Lehrerschaft, die dem Einsatz der Jugendoffiziere an den Schulen den Weg ebnen sollten. Von Seiten der Kultusministerien wurde sich nun einiges vorgenommen, so z.B. vermehrte „Besuche der Schüler bei der Truppe“.

Schon auf dieser Tagung wird die Einbindung der Bundeswehr in die Aus- und Weiterbildung der Lehrerschaft als sehr fruchtbar angesehen. Ein Austausch zwischen der Bundeswehr und der ständigen Kultusministerkonferenz wird genauso beschlossen wie der Austausch von Materialien. Materialaustausch also zwischen einer von einem Haufen Nazis angeführten Armee und den Schulen der BRD – genau darum wird sich jetzt auch ein extra Ausschuss kümmern.

Ostermärsche, APO und Kriegsdienstverweigerer

Ein nächster Schub in der Aufrüstung der Rattenfängertruppe in der Truppe verursachen die anschwellenden Ostermärsche der westdeutschen Friedensbewegung sowie die Proteste der APO in den 1960er und 1970er Jahren. Kriegsdienst wird verweigert wie nie zuvor in der BRD, sind es 1967 noch 5963, die Nein zum Dienst in der Bundeswehr sagen, ist die Zahl der Verweigerer im Jahr 1968 auf 11952 angestiegen. Nach APO und Ostermärschen und der Einsicht der deutschen Imperialisten, dass die DDR mit Waffengewalt und Rollback nicht zu knacken ist, schaltet man um auf Entspannungspolitik, dem „Wandel durch Annäherung“ oder besser der Konterevolution auf Filzlatschen. Im Schmelzwasser des Tauwetters lässt nun auch der „Verteidigungswillen“ der Bevölkerung zu wünschen übrig, ein Desinteresse am „Staatsbürger in Uniform“ macht sich breit. Deswegen setzt man erst mal nebenberufliche Jugendoffiziere ein, ihre Ausbildungszeit wird verlängert, aus den 17 werden 27, aufgrund der ständigen Konfrontationen mit der APO wird die Zahl der hauptberuflichen Jugendoffiziere auf 56 heraufgesetzt. Verweigerung, Desinteresse, Friedensliebe?

Das war für die wehrhafte BRD und besonders für die SPD wahrhaft nicht hinnehmbar. Willy Brandt und sein Kriegsminister Helmut Schmidt fordern am 26. März 1971 auf einer Debatte im Deutschen Bundestag, doch mal gefälligst für eine „stärkere Einbindung sicherheitspolitischer Inhalte in den Schulunterricht zu sorgen“. Wo Brandt darauf hinwies, dass den Jugendlichen klar gemacht werden muss, dass Friedenspolitik ohne Sicherheitspolitik nicht zu haben ist, ermittelte Kommissar Schmidt, wer verantwortlich ist für die immer noch steigende Zahl der Verweigerer, die 1971 über 27.000 anzeigt. Der Schuldige wird ermittelt: die Lehrer. Die Kultusministerien reagieren mit einer Reihe von Erlassen und Empfehlungen, doch mehr Sicherheitspolitik in den Unterricht zu pumpen. Baden-Württemberg, vielmehr sein Kultusministerium, fasst stellvertretend für die anderen Bundesländer zusammen:

Es sei wichtig, >”… die Schüler über die Notwendigkeit einer ausreichenden Verteidigung zu informieren und die Aufgaben, die der Bundeswehr hierbei zukommen, sachlich und ohne Wertung aufzuzeigen. Die Aufgaben der Bundeswehr sind so verständlich zu machen, dass sie von den Schülern als notwendig anerkannt werden können (…). Jugendoffiziere sind geeignet, sachkundige Information zu Fragen der Landesverteidigung zu erteilen und können im Rahmen des Unterrichts herangezogen werden. (…) Fragen der Bundeswehr sollen auch in der Lehrerfortbildung – insbesondere an den Pädagogischen Hochschulen und an den Seminaren für Studienreferendare – berücksichtigt werden.“

Bayern weist nochmal extra darauf hin, dass der Auftritt von Kriegsdienstverweigerern in den Schulen nicht erwünscht ist.

NATO-Doppelbeschluss – und immer noch zu viele Kriegsdienstverweigerer

Die letzte Protestwelle der Friedensbewegung der BRD, der noch eine DDR entgegensteht, wird durch den Doppelbeschluss der NATO ausgelöst. Auch wenn es den meisten Friedensbewegten weniger um den deutschen Militarismus geht oder besser gesagt gar nicht, sondern um die „von den Großmächten bedrohte deutsche Heimat“, ist man im Bundesverteidigungsministerium alarmiert. Sozialdemokrat und Kriegsminister Hans Apel fällt nicht weit vom Stamm und weist nochmals darauf hin:

„… dass unverzichtbare Voraussetzung für die Friedenssicherung das Gleichgewicht der militärischen Kräfte sei und das insofern der Dienst in der Bundeswehr Friedensdienst bedeute. In der jungen Generation soll generell das Bewusstsein für die Rechte und Pflichten des einzelnen gegenüber dem Staat als Voraussetzung auch für den Dienst in der Bundeswehr vertieft werden. Er würde es begrüßen, wenn unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte (…) eine Empfehlung der Kultusministerkonferenz erarbeitet werden könnte. Dabei soll auch die Berücksichtigung der Thematik in der Lehrerbildung und in den Schulbüchern angesprochen werden.“

Wieder wird angebaut bei den Jugendoffizieren, 69 sind nun auf Dienstposten. Zu einer gemeinsame Erklärung der Kultusministerien kommt es nicht, im Juni 1983 geben SPD- und CDU regierte Bundesländer getrennte Erklärungen heraus, selbstverständlich gehen beide Erklärungen von der Bedrohung durch die Warschauer-Pakt-Staaten aus und stehen zum militärischen Gleichgewicht mit dem Feind im Osten. Die Unterschiede der Erklärungen behandeln den Punkt Wehrpflicht. Wo die SPD-Länder möchten, dass der Schüler seine eventuelle Entscheidung für die Verweigerung reflektiert treffen kann, sehen die CDU-Länder es als eine Aufgabe der Schulen, die Schüler auf die Wehrpflicht vorzubereiten. Ein weiterer Unterschied zwischen SPD und CDU: der Auftritt von Kriegsverweigerern in Schulen geht für die christlichen Bundesabendländer gar nicht.

„Es fand zu Zeiten der Friedensbewegung also nicht nur eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Schulen statt, sondern gleichzeitig wurde die Möglichkeit einer kontroversen Darstellung (…) verhindert, indem die Sichtweise der Friedensbewegung rechtlich aus den Schulen verbannt wurde.“

Wie unterschiedlich die beiden Erklärung auch gewesen sind, das bundesdeutsche Kriegsministerium weiß das „freundliche Entgegenkommen“ der Kultusministerien und Schulbehörden als positiv zu bewerten. Das kommt gerade zur rechten Zeit, schließlich hat man nicht nur gegen die Friedensfreunde zu kämpfen, sondern auch mit dem Problem der Geburtenraten, dem Problem des zu wenig heranwachsenden Kanonenfutters. So weist man darauf hin, dass vielleicht zukünftig die geforderte Menge an Wehrpflichtigen von 25.000 bald nicht mehr zu decken ist. Um der Sache dienlich zu sein, verbietet der baden-württembergische Kultusminister Mayer-Vorfelder mit der „Verwaltungsvorschrift Friedenssicherung und Bundeswehr im Schulunterricht“ Kriegsdienstverweigerern und Vertretern der Friedensbewegung den Besuch von Veranstaltungen an den Schulen endgültig. Dieses Verbot wird erst 2004 wieder aufgehoben, nicht aufgrund von irgendeiner Einsicht, sondern von Protesten z.B. der GEW. Selbstverständlich führt der Wegfall des Verbotes zu keinem Einhalt der Landser hinterm Lehrerpult.

Ende der DDR – Beginn der Transformation der Angriffsarmee Bundeswehr zur Bundeswehr im Angriff

Noch während der „revolutionäre“ Ossi, der jetzt ein Volk sein möchte, sich was vom Pferd und dem Ende der Geschichte erzählen lässt, Haribo und Bravo über den ersten Ärger über die explodierende Jugendarbeitslosigkeit im Osten hinwegtrösten, wird die Bundeswehr nun offiziell das, was sie immer war: Angriffsarmee. So offiziell, dass eine neue Kampagne her muss, denn schon Volker der Rühe wusste, wovon er redete, als er redete: „Die Deutschen sind auf militärische Aktionen nicht vorbereitet und müssen erst allmählich daran gewöhnt werden.“ Aus den kleineren Einsätzen der Bundeswehr im Ausland vor 1990, alle grundgesetzwidrig, was keinen interessiert, werden größere. Denn das deutsche Kapital frohlockt, und Helmut Kohl vermeldet: „Deutschland hat mit seiner Geschichte abgeschlossen, es kann sich künftig offen zu seiner Weltmachtrolle bekennen und sollte diese ausweiten.“

Doch der Krieg ist noch schlecht zu verkaufen. Die Bombenblitze über Belgrad, die 1999 aus den Schächten der nun erstmals im Angriffskrieg agierenden Luftwaffe der Bundeswehr fallen und doch sehr an den letzten deutschen Angriffskrieg auf Jugoslawien 1941 erinnern, befördern nicht gerade das gewollte Bild von der Humanitätstruppe Bundeswehr. Die ist nun aufgerufen, „KZs und Holocaust“ auf dem Balkan zu verhindern. Gerade im Osten hat man keine Lust auf Krieg, ein Erbe der DDR, wie die bundesdeutsche Journaille zu schimpfen weiß. Dass man nun überall in der Welt mitmachen muss und dass das ganz sicher für die Sicherheit Deutschlands ist, das kaut und verdaut sich noch schwer in den Klassenräumen in Ost und auch West.

„Dieser Wandel der Bundeswehr hin zu einer weltweit agierenden Armee im Einsatz geriet unter zunehmenden Legitimationsdruck gegenüber der Bevölkerung. Die Zahl der Wehrdienstverweigerer stieg infolgedessen trotz kleinerer Jahrgänge an. (…) Immer intensiver mussten die Jugendoffiziere über sicherheitspolitische Zusammenhänge im Allgemeinen ‚informieren‘, und die inhaltliche Ausrichtung der Argumentation für die Verteidigungspolitik hat sich zunehmend vom ‚wie‘ zum ‚warum‘ gewandelt. Die Hauptaufgabe der Jugendoffiziere lag zu dieser Zeit darin, der Bevölkerung und den zukünftigen Wehrpflichtigen die Gründe für die weltweiten Einsätze klarzumachen.“

Die Anschläge der Al-Kaida auf das World Trade Center 2001 geben in der Außenwirkung der Bundeswehr nochmals einen gewissen Schub, nicht länger mit den zukünftigen Härten hinterm Berg zu halten, Vokabeln wie Angriff und Kampfaufgaben klingen öfter an, und da der terroristische Gegner nun überall ist, muss auch die Bundeswehr überall sein, auch im Inneren. Hier beginnt auch die Offensive der Bundesregierung, Hürde um Hürde, die dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren noch im Weg steht, wegzuräumen.

Ohne Wehrpflicht und ohne Lust auf Krieg noch schneller, weiter und weiter weg fürs deutsche Kapital – Werbeoffensive und Stand der Arbeit der Jugendoffiziere 2013

Das „Militärische“ ist „emotional negativ“ belegt, wissen verschiedene Studien 2008 zu berichten, auch wenn der Angriff auf Jugoslawien sowie die Besatzung dort vergessen scheint. So wird der Einsatz in Afghanistan von vielen abgelehnt, da ist tatsächlich Krieg, und Blechsärge kommen nach Hause, das schürt Abneigung. Auch wenn sich diese Abneigung nur in „unsere armen Jungs sollen nach Hause“ und „zuviel Geld für Waffen und Rüstung“ bzw. der Kritik an der schlechten Ausrüstung ausdrückt – Peter Strucks Sicherheit, die er am Hindukusch verteidigt sehen will und das im Jahr 2000 auch so sagt, scheint nicht so recht in die Köpfe der Leute, vielmehr der Jugend zu wollen. Was kein Hinweis auf eine klare antimilitaristische Haltung ist, weitaus weniger. Die Bundeswehr formuliert den Missstand mit ihrer derzeitigen Legitimationskrise in der Formel: „Bundeswehr ja – aber ohne mich!“

„Aber ohne mich!“ – das passt nun gar nicht in den Kram, wenn man „moderne, leistungsstarke, wirksame, international geachtete … und nachhaltig finanzierbare Streitkräfte“ möchte, am besten ohne gesellschaftliche Kontrolle auf Söldnerbasis, und deswegen die Wehrpflicht aussetzt. Und dass dies nur eine Aussetzung und keine Abschaffung ist, darauf legen auch die Jugendoffiziere der Bundeswehr großen Wert und stellen fest:

„Die Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht wird einhellig begrüßt und de facto als Abschaffung wahrgenommen.“

In dem Punkt darf man wohl einig sein mit denen, die „Abschaffung der Wehrpflicht“ ist nicht mehr als eine Wahrnehmung, keine Realität. Aber erstmal ist sie ausgesetzt – das heißt Einiges!

Bis zu 15.000 Freiwillige braucht es jetzt und 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Wenn man dann noch protzig für den Angriff 10.000 Soldaten zeitgleich verfügbar haben will, ist es schon sehr blöde, wenn 20% der freiwilligen Wehrdienstleistenden ihren Dienst bereits in den ersten Monaten quittieren.

So geht das nicht, deswegen geht’s in die Offensive – Werbeoffensive. Geld ist genug da, die Truppe gibt 2009 12 Millionen Euro für Nachwuchswerbung aus, 2010 sind es schon 29 Millionen Euro. 2011 schickt man 105 Wehrdienstberatungsoffiziere in die Spur, die anders als die Jugendoffiziere offen Nachwuchswerbung betreiben dürfen. Und kommt der Landser nicht ins Klassenzimmer, kommt das Klassenzimmer zu ihm, die „Besuche bei der Truppe“ sind nichts neues, doch werden sie nun ausgebaut, zu „Tagen der Schule“. Die Bundeswehr selber dazu:

„Hier öffnen sich die Kasernentore zu einem festgelegten Termin für mehrere Schülergruppen. Auf diese Weise konnten Kräfte gebündelt und eine große Anzahl von Interessenten erreicht werden. Beispielhaft erwähnt seien hier die ‚Tage der Schulen‘ in Kusel mit ca. 400 Schülerinnen und Schülern bei der Artillerietruppe und Saarlouis mit 900 Schülern bei der Luftlandetruppe. Diese kompakte Form der Durchführung hat sich bewährt und wird auch zukünftig weiter verfolgt.“

Neue Events zum Ködern der Jugend fürs deutsche Militär werden ins Leben gerufen oder deren Einsatz intensiviert. Fährt der „KarriereTruck“ der Bundeswehr im verführerischen Arbeitgeberkostüm 2006 noch 15mal zum „KarriereTreff“ der Bundeswehr, lässt man ihn 2010 40mal auf die Jugend los. Karriere mit der Bundeswehr, das zieht immer mehr, die Verelendung der Jugend spielt der Bundeswehr in die Hände. Denn „wer berufliche Alternativen hat, geht nicht zur Bundeswehr. (…) Wer über ausreichende berufliche Chancen verfügt, zieht die Möglichkeit, Soldat der Bundeswehr zu werden, gar nicht in Betracht“, heult das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr.

Was liegt da näher, als den Bundeswehrwerbestand gleich im Arbeitsamt aufzubauen. 2008 unterhält die Bundeswehr allein in 11 Arbeitsagenturen dauerhafte Büros, in 204 Agenturen finden Rekrutierungsveranstaltungen statt. Februar 2011 schließt die Bundeswehr auf höchster Ebene ein Abkommen mit der Bundesagentur für Arbeit. Denn, so verlautet der Jahresbericht der Jugendoffiziere 2013: „Das Interesse steigt mit persönlicher Betroffenheit, z.B. bei den Themen Arbeitsmarkt, Hartz IV …“

Dazu wird Sport gemacht mit der „Bundeswehr-Olympix“, wo es in den Pausen BW-Werbeveranstaltungen und Shows mit Militärgerät gibt. Leser der „Bravo“, die mit der Bundeswehr kooperiert, und Mitglieder der Internet-Community „treff-Bundeswehr.de“ (195.000 Zugriff monatlich), die Jugendliche zwischen 14 und 17 ansprechen soll und mit Onlinespielen und Videos wirbt, treffen sich auf den „Bundeswehr-Adventure-Games“ 5 Tage lang zu spannenden Rettungsübungen in der Kaserne. Für die musikalische Untermalung sorgt die „Bundeswehr Musix“. Was da außer Musik noch gemacht wird, ist auf „treff-Bundeswehr.de“ nachzulesen: „Wir wollen unaufdringlich mitteilen, dass die Bundeswehr berufliche Möglichkeiten in vielen Bereichen bietet…“

Neben „treff-bundeswehr.de“ ist „bundeswehr-karriere.de“ (42.000 Zugriffe 2010) eine weitere Netzplattform der Bundeswehr. Hier geht es weitergehend um die Jugendlichen bis 25 Jahre. Dazu kommt ein Youtube-Channel, Bundeswehr-TV.

Die Bundeswehr macht nicht nur selber, sondern auch mit. Auf vielen Großveranstaltungen wird geworben für den Kampf um Märkte und Rohstoffe in aller Welt. Sei es die Automobilmesse in Hannover, der Hamburger Hafengeburtstag, die Kieler Woche, der Hessentag oder der „Tag der deutschen Einheit“, um nur einige wenige Beispiele aus der Bundeswehrtour 2013 zu nennen.

Eine ganz andere Einflussnahme auf die Jugend findet beim Griff des Jugendoffiziere-Apparates in die Jugendorganisationen der Parteien statt. Auch wenn hier derzeit nur die „Junge Union“ (JU) zu nennen ist, so ist doch laut Jahresbericht diese Jugendorganisation „stets besonders aufgeschlossen“.

Vielleicht noch weniger bekannt ist die Kooperation der Jugendoffiziere mit den „Arbeitgeberorganisationen“. Der „Arbeitgeberverband Hessen“ und der „Arbeitgeberverband Chemie und verwandte Industrien für das Land Hessen e.V.“ seien hier ebenso genannt wie die „Industrie- und Handelskammer des Saarlandes” und die Christlich Demokratische Arbeitsgemeinschaft, zu der 2012 die Beziehungen intensiviert wurden. Auch mit dem Unternehmerverband Berlin/Brandenburg wurden Veranstaltungen durchgeführt.

Hier alle Institutionen, Firmen, Stiftungen usw. aufzuführen, mit denen der Jugendoffiziere-Apparat zusammenarbeitet, würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen.

Kontakte oder sehr gute Kontakte unterhielten die Jugendoffiziere 2013 unter anderem zu:

Arbeitsgemeinschaft Staat und Gesellschaft e.V. Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Leben e.V. Young leaders GmbH Klett Verlag Bildungszentrum Ritterhude des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben Regionalwettbewerb MV „Jugend diskutiert“ Mittelfränkische Sicherheitsgespräche Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitstechnik (GfW) Verband der Reservisten der Bundeswehr (VdRBw e.V.) Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Europäische Akademie Bayern Hans-Seidel-Stiftung Georg-von-Vollmar-Akademie Wertebündnis Bayern Lions Clubs Thüringen Thüringer Innenministerium Friedrich-Naumann Stiftung Bundesanwaltschaft Karlsruhe Blinden-Studienanstalt Marburg Lutherkirche und Landesschülervertretung Wiesbaden Alle im nordrhein-westfälischen Landtag vertretene Parteien CURRENTA (Bayer AG/ Lanxess AG) Bildungszentrum für den Bundesfreiwilligendienst Bochum Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Deutsche Atlantische Gesellschaft Synagogengemeins Saar Islamische Gemeinde Saarland Fraktionen des saarländischen Landtags Botschaft des Staates Israel Botschaft der Republik Korea Jugendparlament Sundern Deutsche Gesellschaft der Vereinten Nationen American Jewish Committee Dresdner Studiengesellschaft Sicherheitspolitik e.V. Einzelne Ortsverbände der Partei DIE LINKE Schlupfwinkel e.V. Checkpoint Charlie Stiftung

Auffällig jedoch hierbei die eher schwachen Bande in ostdeutsche Organisationen, nur ein Symptom für die generelle Schwierigkeit der Bundeswehr, in Ostdeutschland so zu punkten wie in Süddeutschland. Es ist aber anscheinend nicht nur der Umstand, dass es in einer Industriebrache in einem leergezogenen Biotop nun eben auch wenig Kopplungspunkte gibt, sondern, und dazu kommt selbst der Jahresbericht der Jugendoffiziere, dass im Osten mehr hinterfragt, mehr abgelehnt wird, wenn die Jugendoffis den Kids was vom Kriegspferd erzählen wollen.

So der Jahresbericht:

„Die Aufgaben im Rahmen internationaler Konfliktforschung und Krisenbewältigung, einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus, werden zum Teil zwar grundsätzlich anerkannt (tendenziell in Süddeutschland), jedoch auch kritisch bewertet oder rundweg abgelehnt (tendenziell eher in Nord- und Ostdeutschland).“

Stand der Vernetzung mit dem Bildungswesen via Kooperationsvereinbarung mit den Kultusministerien

Nicht nur in den Waffenkammern der Bundeswehr findet ihre Aufrüstung und Umrüstung für neue größere Angriffskriege, Angriffskriege zukünftig auch im Alleingang statt:

„Aufgrund der kritischen Stimmen gegen ihr weltweites Agieren sowie des enorm steigenden Bedarfs an freiwilligen BundeswehrsoldatInnen rüstet sich die Bundeswehr durch Kooperationsvereinbarungen mit den Kultusministerien, in denen Grundsätze und Vereinbarungen zur zukünftigen Zusammenarbeit der Institutionen geregelt werden.“

Seit 2008 sind diese Kooperationsvereinbarungen zwischen der Angriffsarmee Bundeswehr und dem höchsten Gremien des Bildungswesens der BRD, den Kultusministerien, in folgenden Bundesländern abgeschlossen worden:

Nordrhein-Westfalen (CDU/FDP), Saarland (CDU), Baden-Würtenberg (CDU/FDP), Rheinland-Pfalz (SPD) Bayern (CSU/FDP), Mecklenburg-Vorpommern (SPD/CDU), Hessen (CDU/FDP, Sachsen (CDU/FDP)

Wie man sich so ein Teamwork schriftlich zurechtredet, soll ein Wortlaut aus der Kooperationsvereinbarung des Kultusministeriums Bayerns mit der Bundeswehr verdeutlichen:

„Eine lebendige Gesellschaft ist auf die Fähigkeit und Bereitschaft ihrer Mitglieder angewiesen, sich mit politischen Themen auseinanderzusetzen, den politischen Prozess zu verfolgen, sich an ihm zu beteiligen und Mitverantwortung zu übernehmen. … Vor diesem Hintergrund schließen wir diese Kooperationsvereinbarung. Wir wollen gemeinsam einen Beitrag leisten, um Schulen und Lehrkräfte zu unterstützen, die mit ihren Schülerinnen und Schülern sicherheitspolitische Fragestellungen bearbeiten. Jugendoffiziere informieren im schulischen Kontext Schülerinnen und Schüler über die zur Friedenssicherung möglichen und/oder notwendigen Instrumente der Politik. Dabei werden Informationen zur globalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung genauso wie Informationen zu nationalen Interessen einzubeziehen sein.“

Unterschreiben vom Dr. Ludwig Spaenle, MdL, Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus, und Gert Wessels, Generalmajor, Befehlshaber im Wehrbereich IV.

Auch wenn die Kooperationsvereinbarungen die Schulen nicht verpflichten, die Bundeswehr reinzulassen, so reicht doch meistens Brief und Siegel der Vereinbarungen aus, um den Landsern die Schulen zu öffnen. Sogar wenn offensichtlich gegen das Neutralitätsgebot der Schulen verstoßen wird, sind die Schüler verpflichtet, am „Unterricht“ mit dem Militär teilzunehmen. Es gilt hier selbstverständlich die Schulpflicht, die die Schule auch mit Zwangsmitteln durchsetzen kann.

„Die Vereinbarung dient als Türöffner für die Bundeswehr und ermutigt Lehrkräfte aufgrund der Legitimation durch das Kultusministerium dazu, auf die Angebote der Jugendoffiziere zurückzugreifen. Durch das Informationsangebot in den Medien des Kultusministeriums lässt sich das Angebot der Jugendoffiziere weit streuen. Vor allem durch die Einbeziehung der Jugendoffiziere in die Lehramtsausbildung werden einerseits Sichtweisen der Bundeswehr an zukünftige Lehrer und Lehrerinnen vermittelt und andererseits Kontakte für eine längerfristige Zusammenarbeit aufgebaut. Durch die Kooperationsvereinbarung wird die Zusammenarbeit also im erheblichen Maße intensiviert.“

Weiterhin arbeitet die Bundeswehr daran, auch den Rest der Bundesländer in den Kooperationssack zu stecken, angeschrieben wurden alle. Dass die bestehenden Vereinbarungen der Bundeswehr noch viel zu unverbindlich sind, versteht sich von selbst.

„Es ist also davon auszugehen, dass die Bundeswehr mit der unverbindlichen Kooperationsvereinbarung nicht den gewünschten Einfluss auf das Bildungswesen erreicht hat, sondern Bestrebungen herrschen, die Kooperationsvereinbarungen in den restlichen Bundesländern durchzusetzen sowie diese in ihrer Verbindlichkeit zu intensivieren.“

Ein Aspekt, der hier nur angerissen werden kann, ist die Vernetzung der Bundeswehr via Jugendoffiziere mit den Hochschulen.

Der Jahresbericht der Jugendoffiziere dazu:

„Im Bereich der Hochschulen bestehen zahlreiche Kontakte und Verbindungen, die zu gemeinsamen Veranstaltungen unterschiedlichster Art geführt haben.“

Solche Beziehungen bestehen z.B. zur Hochschule Erlangen-Nürnberg, zur Uni Würzburg, der Uni Augsburg, der Uni München, zur Uni Weimar, zur Uni Jena, zur Fachhochschule in Gotha. In Hessen wird mit den Hochschulen in Friedrichshafen, Freiburg, Marburg, Frankfurt und Gießen kooperiert. Intensiviert wurden die Beziehungen zu den Unis in Bonn, Köln, Saarbrücken, Duisburg-Essen, Bielefeld, Bochum, Mainz, Kaiserslautern, Trier, Landau.

Besonders stolz ist man auf die Durchführung der POL&IS-Simulation in der Uni Budapest. Doch nicht nur über die Kooperation mit den Unis dringt die Rekrutenwerbung dort hinein. Dazu die Herrschaften der Bundeswehr selbst:

„Eine Besonderheit bildet die Gruppe der Medizinstudentinnen und Medizinstudenten der Bundeswehr. Sie studieren nicht an den Universitäten der Bundeswehr, sondern an zivilen Universitäten. Dieser besondere Status macht sie zu wertvollen Multiplikatoren, da sie sich als Angehörige der Bundeswehr ständig im zivilen Umfeld bewegen. Diese Kontakte zu den medizinischen Fakultäten in Frankfurt/Main und Mainz haben erfreulicherweise zu gemeinsamen Projekten mit den Jugendoffizieren geführt.“

Kleiner geschichtlicher Exkurs zur bundesdeutschen Kriegsforschung

Ausgangssituation – Schaffung der Grundlagen – Phase des Aufbaus

In der selben Zeit, in der die gesellschaftlichen Verhältnisse in der SBZ/DDR im radikalen Umbruch begriffen waren, dort kein Stein auf dem anderen blieb, das Alte in den Westen floh, in den Knast kam, das Maul zu halten hatte und dann und wann auch zum Tode verurteilt wurde und dann und wann auch eine Kugel in den Kopf bekam, dem deutschen Militarismus der Gar ausgemacht wurde, seine Wahrzeichen samt Schloss in Berlin und Militärkirche in Potsdam in die Luft gejagt wurden, ging es im Westen wie so oft auch auf dem Gebiet der Kriegsforschung schon kurze Zeit nach dem Weltkrieg munter weiter im alten Trott.

Der Aufbau der Kriegsforschung der BRD wurde anfangs verstärkt mit dem intensiven Aufbau sogenannter „freier“ Forschungseinrichtungen realisiert und weniger mit dem Eindringen ins Hochschulwesen. Es galt der „… Zwang, die … schnelle Remilitarisierung durchzuführen, was den kostenträchtigen und langwierigen Aufbau staatseigener Institutionen verbot. Zudem konnte nur die Industrie auf ‚Nachkriegserfahrungen‘ verweisen, außerhalb der Konzernforschung sammelten sich nur mühsam Kräfte.“

Keine 7 Jahre nach „Game Over Germany“ kündigte der „Bundesverband der deutschen Industrie“ in seinem Jahresbericht an, „dass die bei den Industrieverbänden zu bildenden Gremien für Rüstungsfragen auch eine ‚Mitwirkung bei der Aufstellung von Programmen für die wissenschaftliche und technische Forschung und Entwicklung‘ zu leisten hätten“.

Und was BDI sagt, ist Gesetz, schon schnell wurden besagte Stellen geschaffen, so z.B. der 1953 ins Leben gerufenen „Arbeitskreis für Rüstungsfragen“, der 1955 in den „Ausschuss für verteidigungswirtschaftliche Angelegenheiten“ umgewandelt wurde. Seine Arbeitsgruppen (1961 war ihre Anzahl auf 100 gestiegen) sollten natürlich auch auf dem Gebiet der militärischen Forschung und Entwicklung mit dem Bundesverteidigungsministerium zusammenarbeiten. Was sich hinter Abteilungen, Ausschüssen, AGs und Arbeitskreisen versteckte, war letztlich nichts weiter als eine „Sammlungsbewegung kriegserfahrener Wissenschaftler und Techniker“. Und zum Sammeln musste man im bundesdeutschen Wald kein Blatt zweimal umdrehen, Kenner stellen in der Ausgabe 2/1956 der „Wehrtechnischen Monatshefte“ scharfsinnig fest:

„Offiziere, Wissenschaftler und Techniker, die vor und im letzten Krieg die wehrtechnische Forschung und Waffenentwicklung verantwortlich geleitet und auf die Rüstung entscheidenden Einfluss gehabt hatten …, leben seit Jahren in guten, zum Teil glänzenden Stellungen als selbstständige Unternehmer oder Ingenieure, als Direktoren und leitende Angestellte großer Betriebe oder in anderen, meist hochbezahlten Stellungen der Industrie und Wirtschaft.“

Und was war da nicht alles zu finden! Wahre Schätze, wie Prof. Schenk der TU Aachen schon 1952 zu verkünden hatte, und wenn unsereins ja anderes einfallen würde zur Frage, was der 2. WK hervorgebracht hatte, für Schenk waren es „die reichen Fabrikationserfahrungen des Krieges“, die es wieder zu sammeln galt, und zwar hurtig. Denn:

„Noch lebt eine große Anzahl der Herren, die dies wertvolle Gut … noch kennen und zusammentragen können. Es birgt außerordentlich große Schätze …“

So besetzte man die Stellen in den industriellen Kriegsforschungsstellen mit den bewährten „Kriegsforschern“ des deutschen Faschismus. Wer sich ins Ausland abgesetzt hatte, kehrte heim ins Reich, also in die Bundesrepublik jetzt. Die formierten Rüstungsbetriebe der BRD, die entgegen dem Geschrei um den „Bombenkrieg der Amis und Briten“ kaum Schaden genommen hatten und nun bestens geschützt waren vor dem Potsdamer Abkommen, öffneten nur zu gern die Tore für die alte Mannschaft.

Auch an zwei anderen Standorten der bundesdeutschen Kriegsforschung, die später große Bedeutung erringen sollten, regte sich das Alte und nistete sich wieder fest: in den Hochschulen und „freien Forschungsstätten“. Eine besondere Triebkraft kam in diesem Zusammenhang aus der Technischen Hochschule Aachen. Prof. Seewald, seines Zeichens ehemaliger Leiter der „Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt“, „die vor und nach 1939 für die Entwicklung einer deutschen militärischen FE von hervorragender Bedeutung war“, hatte bereits 6 Jahre nach dem Krieg 7 seiner ehemaligen Mitarbeiter zu sich geholt und forschte schon mit seinen alten Kameraden für die bundesdeutsche Bewaffnung, als die Armee für die Bewaffnung noch nicht mal gegründet war.

„Die enge Verbindung zwischen den Universitäten und ‘freien’ Forschungsstätten war dadurch garantiert, dass häufig von Beginn an die jeweiligen Einrichtungen in Personalunion aufgebaut wurden, … die zugleich auch der wiedererstehenden Industrie den Zugang zu den Hochschulen öffnete.“

Die Rückkehr der wissenschaftlichen Kapazitäten aus der faschistischen Kriegsproduktion erfuhr nochmals einen Schub durch den Koreakrieg, der für einen rüstungsgeprägten Welthandel sorgte. Bedürfnisse also, die perfekt zur auf die Rüstungswirtschaft des 3. Reiches hin orientierten Industriestruktur der BRD passten.

Als dann auch noch die Remilitarisierung an die Tür klopfte, sprach der BDI nochmals ein Machtwort und wies darauf hin, dass die „staatliche Finanzierung von militärischen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben sichergestellt sein“ müsste. Dem kam der Staat nach, im April 1956 wurde die Abteilung „Forschung und Entwicklung“ im Bundesverteidigungsministerium gegründet.

Weitere Meilensteine bei der Festigung und Intensivierung sowie dem Eindringen der entstehenden und rasch wachsenden bundesdeutschen Kriegsforschung in das Hochschulwesen war die 1956 gegründete „Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik“, die sich in den folgenden Jahren zum „wichtigsten politischen Bindeglied zwischen Industrie, Militär, Wissenschaft und Staatsbürokratie entwickeln sollte“. Um den Geist dieser Einrichtung zu beschreiben, reicht es vollkommen, einige ihrer Gründungsmitglieder aufzuzählen.

Besonders engen Kontakt hielt die DGW zur 1952 gegründeten „Gesellschaft für Wehrkunde“ und zum „Arbeitskreis für Wehrforschung“. Zu diesem Trio kam 1961 mit der Gründung der „Carl-Cranz-Gesellschaft“ ein vierter dazu. Diese Vier stellten zusammen mit der Fraunhofer-Gesellschaft die wichtigsten politischen Organisationen des militärisch-industriellen Komplexes der BRD.

„In ihnen sammelten sich bedeutende Vertreter der faschistischen ‚Wehrwissenschaftler‘ und Rüstungstechnokraten, die zusammen mit dem BDI und verschiedenen rasch wieder entstehenden ‚freien‘ Forschungsinstituten eilig weitere Kräfte rekrutierten und entscheidenden Einfluss auf die Staatsbürokratie gewannen. In der Aufbauphase der Bundeswehr, als noch keine umfangreiche Rüstungsindustrie existierte, spielte sich die politische Abstimmung mit der Staatsbürokratie über diese vier Gruppierungen und den BDI ab.“

Schnell wurden massive FE-Kapazitäten in den Unternehmen und auf staatlicher Ebene aufgebaut, Universitäten und Forschungseinrichtungen. Keine 12 Jahre nach dem Weltkrieg vergab das Kriegsministerium der BRD bereits 83 Forschungs- und 329 Entwicklungsverträge. Bis 1959 wurden auf dem Gebiet der militärischen Forschung Aufträge mit einem Volumen von 266 Mio. DM erteilt.

Während man zunächst eng mit Rüstungskapital des US-Imperialismus kooperiert hatte, „begann man sich kurze Zeit nach Errichtung eigener FE-Kapazitäten immer mehr aus dieser Abhängigkeit zu lösen …“

Als besonders herausragend und mit einem in der westdeutschen Industrie einmaligen Grad der Militarisierung der Forschung und Entwicklung muss die westdeutsche Luftfahrtindustrie angesprochen werden. Eine derart ausgeprägte Kriegsforschung ist in keinem anderen Industriezweig aufgebaut worden, kein anderer Zweig war so ausschließlich von der Rüstung abhängig. Mehr als die Hälfte aller vom Bundesverteidigungsministerium für militärische Forschung und Entwicklung ausgegebenen Gelder floss in die Luftfahrtindustrie. Entsprechend dieser herausragenden Stellung stellte die DGF, die „Deutsche Gesellschaft für Flugwissenschaften“, „für die Wehrforschung die größte der speziell ausgerichteten Forschungseinrichtungen dar“. Kern der DGF waren die 3 im lockeren Verbund zusammengeschlossenen außerindustriellen Zentren der faschistischen Waffenforschung, die seit Anfang der 50er Jahre wieder aufgebaut wurden: die „Deutsche Forschungsanstalt, die „Deutsche Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt“ und die „Aerodynamische Versuchsanstalt“.

Die Institute dieses lockeren Verbundes entstanden in der Aufbauphase der Bundeswehr in enger Anlehnung an bestehende Einrichtungen in den Hochschulen. Wahn, Stuttgart und Oberpfaffenhofen/München wurden Schwerpunkte. 1966 waren 30 Mitglieder des Verbundes DGF am Lehrbetrieb deutscher THs und Unis beteiligt. Zusammen mit den Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft wurde hier eine Klammer geschaffen, die zwischen militärischer Hochschulforschung und industrieller Kriegs-FE fungierte.

Die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und den Hochschulen hatte sich entwickelt, sie war an einen Punkt angelangt, an dem sich „freie“ und industriellen Forschungsstätten eng miteinander verzahnten, private wie staatliche Leitungsinstrumentarien massiv ausgebaut wurden und Einzelprojekte der Kriegsforschung selbst die Möglichkeiten einzelner Großkonzerne überschritten. Auch wenn diese Zusammenhänge offiziell nicht unter eine Geheimhaltung fielen, man sagte einfach nichts, und das gründlich.

Aus einer Pressemitteilung vom 10. Februar 1970: >„Das Bundesministerium der Verteidigung hat, wie bekannt, mit Hochschulen und Instituten Forschungsaufträge abgeschlossen. Diese Forschungsaufträge unterliegen, weil sie ausschließlich humanitären Interessen dienen, keinerlei Geheimhaltung. Eine öffentliche Auskunftspflicht, bekanntzugeben, welche Aufträge vergeben worden sind, muss allerdings verneint werden.“

Nach Angaben des Wissenschaftsrates und anderer Quellen kommt Rainer Rilling in seinem 1970 erschienen Band „Kriegsforschung und Vernichtungswissenschaft in der BRD“ bei der Bezifferung der militärischen Hochschulforschung der BRD zu folgenden Angaben:

„Vermutlich dürften in den ersten zehn Jahren der Remilitarisierung von 1956-1965 insgesamt zwischen 100 und 250 Millionen DM für militärische Forschung und – zu einem sehr kleinen Teil – militärische Entwicklung in die Hochschulen gegangen sein. Ebenso wie in den „freien“ Forschungsstätten liegt bei den Hochschulen die tatsächliche Inanspruchnahme sachlicher, personeller und finanzieller Ressourcen durch die Kriegsforschung vielfach höher, als aus den Finanzierungsquoten hervorgeht.“

Zu den Instituten, die schon direkt mit dem Kriegsministerium der BRD zusammenarbeiteten, kamen noch jene, die mit der Rüstungsindustrie Verträge abgeschlossen hatten.

Die „feste Verbindung“, die jetzt zwischen dem für den Krieg forschenden Staat und seinen Universitäten und Hochschulen geschaffen war, war mehr wert als die geleisteten Forschungsaufträge. Von mehr als 100 Vertragsverhältnissen, der Förderung von persönlichen und sachlichen Kontakten zwischen den Wissenschaftlern der staatlichen Forschungsinstitute, Universitäten und Hochschulen, schwärmt das Kriegsministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der SPD.

Dass dies nur der Anfang war, daran ließ der damalige Bundesminister für Verteidigung Kai-Uwe von Hassel keine Zweifel aufkommen: „Die Zahl der mit der Verteidigung zusammenarbeitenden Hochschulinstitute vergrößert sich ständig.“

Einblick in den derzeitigen Stand der Kriegsforschung an den bundesdeutschen Universitäten und Hochschulen

Obwohl das Thema Kriegsforschung an den Unis und Hochschulen erst in den letzten Jahren ein wenig öffentlich geworden ist, zeigt doch dieser kurze Blick in die Geburtsstube der bundesdeutschen Kriegsforschung, dass die Thematik früh angelegt war und wie jeder andere Geschichtsstrang der BRD auch nur den bruchlosen Kontinuitäten des Rechtsnachfolgers des faschistischen Nazideutschland entspricht. Wo man früher aber noch einen Hehl draus macht und nix an die große Glocke kam, ist heute Kriegsforschung an den Unis öffentliche Tatsache, wenn auch noch nicht vollständig Normalität. Wie diese Normalität aussehen sollte, das verraten mitunter Realsatiriker wie der Frankenberg-Peter von der CDU:

„Ich persönlich – das betone ich auch hier noch einmal – bin der festen Überzeugung, dass unsere Hochschulen eigentlich für die Armee eines demokratischen Staates und die beste Ausrüstung der Soldaten auch forschen dürfen. Ich halte dies übrigens auch für eine Zivilklausel. Denn wir haben eine zivile Armee, für die man forschen können soll.“

Mehr denn je wird die Außenpolitik Deutschlands militarisiert, mehr denn je muss auch die Gesellschaft militarisiert werden.

„Zur Durchführung der ihnen zugedachten Mission brauchen die deutschen Streitkräfte ziviles Know-How samt den zugehörigen Experten sowie akademisches Führungspotential. Beides ist an den Universitäten vorhanden, die sich wiederum über zusätzliche Einnahmen freuen.“

Angesichts dieser verhängnisvollen Kooperation, des „gegenseitigen Gewinns“, kann man sich in Umrissen vorstellen, was hierzulande „freie Lehre“ heißt. Rainer Rilling schrieb vor 45 Jahren zur Zusammenarbeit zwischen Hochschulen/Unis und der Bundeswehr, die damals noch in den Kinderschuhen steckte:

„Allein die materielle Abhängigkeit der wissenschaftlichen Arbeiter von einem staatlichen Gewaltapparat und seiner Strategie, die sie stets von neuem ausbauen und formulieren helfen, zwingt ihnen ein Mitinteresse an deren andauernden Reproduktion auf.“

2009 kam die „Informationsstelle für Militarisierung“ in einer Studie zum Ergebnis, dass mindestens 60 zivile deutsche Hochschulen „wehr- und sicherheitstechnische“ oder „wehrmedizinische“ Fragen bearbeiten. Diese „Bearbeitung“ geschieht nicht nur über die offene Kooperation der Universität mit der Bundeswehr. Auch über den Einfluss bundeswehrnaher Organisationen werden die Studenten auf Kriegskurs gebracht. Hier wären die „Außen- und sicherheitspolitische Studienkreise“ (ASS) und der „Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen“ (BSH) zu nennen. Beides zentrale akademische Organisationen des „Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr“ und zugegen an etlichen deutschen Universitäten. Hier wird unter den Studierenden um Mitgliedschaft und Mitarbeit an „einsatzbezogenen“ Projekten geworben.

Für die Militärforschung an den Unis, Hochschulen, TUs usw. gab die Bundesregierung allein 2008 1,1 Milliarden Euro aus, mehr als das Zehnfache der Investitionen innerhalb der zehn Jahre von 1956 bis 1965.

Neben den offen militärischen Themen, die in den Unis und Hochschulen verarbeitet werden, werden Themen der inneren Sicherheit gern von offizieller Seite abgetrennt von der Kriegsforschung sortiert. Doch die Verhinderung und Bekämpfung von sozialen Aufständen und Klassenkampfaktivitäten ist ein unabdingbares Bindeglied zwischen Kampf an der Front und Ruhe an der Heimatfront. Auch das kluge staatliche Fraunhofer-Institut hat das wohl rausgefunden und hat 2002 gleich mal einen Verbund „Verteidigung und Sicherheitsforschung“ ins Leben gerufen.

Um den Zahlen mehr Inhalt zu geben, zum Abschluss ein paar ausgesuchte Objekte der deutschen Kriegsforschung an den bundesdeutschen TUs, Hochschulen und Universitäten:

  • Technische Universität und Fachhochschule München: Drohnencampus – Entwicklung von Kampfdrohnen mit Beteiligung von EADS, IABG, Siemens, DLR.

  • Universität Stuttgart-Hohenheim und zwanzig andere Hochschulen im Verbund mit dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr: Forschung an B-Waffen und Abwehr von B-Waffen.

  • Universität Karlsruhe: „Software Defined Radio“ – Herstellung von Kommunikationssystemen, die einen ständigen Informationsaustausch zwischen den Abteilungen der Bundeswehr und dem Einsatzführungskommando in Potsdam ermöglichen.

  • Oldenburger Hochschule: Arbeitsstelle für Interventionskultur, Forschung an sozialen Auswirkungen von militärisch gestützten humanitären Interventionen.

  • TU Berlin: Mitarbeit an der Entwicklung unbemannter Flugkörper; getarnt wird dieses Projekt durch die Tatsache, dass nicht das Kriegsministerium dafür zahlt, sondern das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

  • Freie Universität Berlin: Sonderforschungsbereich 700, „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“, Forschung an Aufstandsbekämpfung, Optimierung kommender Auslandseinsätze der Bundeswehr

  • Universität Potsdam: Masterstudiengang „Military Studies“ mitgetragen durch das militärgeschichtliche Forschungsamt (MGFA) und das Sozialwissenschaftliche Institut (SoWi) der Bundeswehr. Legitimierung des imperialistischen Programms des deutschen Militärs als Lehrstoff für Studenten, begleitet und getragen von Angehörigen der Bundeswehr.

  • Frankfurter Universität, Universität Freiburg, TU Kaiserslautern: Programm: „Forschung für die zivile Sicherheit“, Entwicklung von Komponenten für die „Terahertz-Echtzeit-Kamera“, Einsatz der Kameras im zivilen wie militärischen Bereich.

  • Universität Bochum: „Entwicklung, Erprobung und Evaluation eines wehrpsychologischen Qualitätsmanagements“

  • Universität Witten-Herdecke, TU Dortmund: Entwicklung von Verfahren für Einigungstest für Offiziersbewerber

Fazit

Gegen all das regt sich Widerstand, der hat es schwer. Erfreulicherweise müssen wenigstens die Jugendoffiziere der Bundeswehr 2013 traurig feststellen, dass Hamburg und Bremen besondere Herausforderungen darstellten, weil dort antimilitaristische Initiativen wie die „Jugendorganisation der Partei DIE LINKE“ oder Gewerkschaften wie die GEW „eine Beteiligung der Bundeswehr in der politischen Bildungsarbeit verhindern wollen“ und dieser Widerstand sogar „zur Beendigung der Zusammenarbeit mit Jugendoffizieren geführt“ hat. Doch stolz und lässig und leider schrecklich nah an der Wahrheit heißt es entsprechend im Jahresbericht der Jugendoffiziere 2013:

„Insgesamt hatten diese Aktionen jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die Arbeit der Jugendoffiziere und den bundesweiten Zugang zu Schulen.“

Eine andere Frage stellt sich, wo sind beim Widerstand gegen die Militarisierung der Gesellschaft eigentlich jene „Bürgerrechtler“, die an NVA-Spielzeugpanzern und Wehrunterricht die Militarisierung der DDR-Jugend ausmachten und meinten, ihr und der Jugend im Westen einen ganz besonderen Friedensdienst erwiesen zu haben, als sie schwitzend mithalfen, den deutschen Militarismus von seiner bisher effizientesten Eingrenzung (seit der Frontlinie der Roten Armee von 1945) zu befreien, der Staatsgrenze der DDR?

Wie dem auch sei. Von Oben gesehen und vor allem im Kontext der über 60 Jahre andauernden Entwicklung des Zugriffs des bundesdeutschen Militarismus auf die Schulen und Universitäten und den ungeheuren Fortschritten auf diesem Gebiet und den ungeheuren Fortschritte auf dem Gebiet der Kriegsforschung im Allgemeinen sind die mutigen antimilitaristischen Aktionen gegen die Kooperation des Bundes mit dem Bildungswesen ein winziger Tropfen auf ein Gebirge glühender Steine.

Zum Aufbau des bundesdeutschen Systems der Militarisierung von Schule, Wissenschaft und Forschung auf der Basis des faschistischen Gründungspersonals bis hin zu seiner heutigen riesigen Ausdehnung, Betonierung und Vernetzung: könnten Friedrichs Engels’ Worte „die Mächte der Vergangenheit … sind wieder die Mächte der Gegenwart“ trefflicher nicht sein. Damit könnte man sich zufriedengeben. Aber das können wir genauso wenig wie Friedrich Engels, der deswegen ein paar Zeilen später in „Revolution und Konterrevolution in Deutschland“ schrieb:

„Sind wir also einmal geschlagen, so haben wir nichts anderes zu tun, als wieder von vorn anzufangen. Und die wahrscheinlich nur sehr kurze Ruhepause, die uns zwischen dem Schluss des ersten und dem Anfang des zweiten Aktes der Bewegung vergönnt ist, gibt uns zum Glück die Zeit für ein sehr notwendiges Stück Arbeit: für die Untersuchung der Ursachen …“