Ekkehard Lieberam
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich stimme der Lageeinschätzung von Gretl voll zu: Es gibt eine dramatische Zuspitzung der Widersprüche, eine hemmungslose Aufrüstung. Ein „großer“ Krieg ist greifbar nahe; das Volk soll kriegstüchtig gemacht werden. Wie von mir vermutet, vertreten Gretl und ich zur AfD dagegen sehr konträre Positionen. Ich sehe wenig Gemeinsamkeiten. Es gilt damit das erste Denkgesetz des Aristoteles, das „Denkgesetz der Identität“: Es besagt: bei konträren Positionen kann nur jeweils eine wahr sein.
Gretl meint: a) die AfD ist eine faschistische Partei, die wir bekämpfen müssen. Ich meine: b) sie ist keine faschistische Partei. Nur a) oder b) kann stimmen!
Meine Position ist (über die Ablehnung der Etikettierung der AfD als faschistisch hinaus) folgende: Ich meine: Die AfD ist eine fast normale bürgerliche Partei, deren Politik insgesamt abzulehnen ist, aber die wir auch hinsichtlich ihrer Besonderheiten und ihrer Widersprüchlichkeit analysieren und bewerten müssen. Sinn dieses Erkennens der Besonderheiten muss es sein, im Interesse der Abwendung des Regierungskurses der Superrüstung differenziert mit ihr umzugehen. Es gilt auszuloten, ob es Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit Politikern der AfD in der Friedensfrage geben kann und soll.
Aus meiner Sicht hat es wenig Sinn, unsere unterschiedlichen Positionen (die von Gretl und mir) zu nennen und dann ein Streitgespräch in Gestalt eines Schlagabtausches darüber zu führen, womöglich noch verbunden mit unsachlichen Unterstellungen, persönlichen Beleidigungen und verletzenden Vorwürfen.
Dabei kommt nichts raus außer der Vertiefung unserer Meinungsverschiedenheiten und böses Blut. Ich plädiere deshalb für ein produktives Streitgespräch, das auf Erkenntniszuwachs abzielt, auf die Diskussion wichtiger Sachprobleme - jenseits eines Schlagabtauschs.
Aus meiner Sicht ist es höchste Zeit eine politische Verständigung zwischen Marxisten über eine taugliche Handlungsorientierung im Kampf gegen die Kriegspolitik der Regierenden zu entwickeln und dabei intensiver über einige Sachprobleme und über die tatsächlichen politischen Fronten in unserem Land und in der Welt nachzudenken: Die Weichen für eine Politik der Hochrüstung sind gestellt. Uns läuft die Zeit davon.
Zu einem ersten Problem in der Sache: Wieso spielt das AfD-Thema (genauer: die politische und verfassungsrechtliche Dämonisierung der AfD) in der öffentlichen politischen Debatte und auch bei der strategischen und täglichen Meinungsmache eine derart zentrale Rolle?
Auf diese Frage gibt es zwei konträre Antworten: einmal, weil die von der AfD ausgehende faschistische Gefahr abgewehrt werden muss (es droht eine „neues 1933“) und zum anderen, weil die politische und verfassungsrechtliche Dämonisierung der AfD für die Regierenden nützlich zur ideologischen Flankierung ihres Kriegskurses ist.
Sie ist nützlich, so meine Meinung, für die Regierenden in dem Sinne, dass in den vergangenen Jahren bei vielen Menschen, die für eine friedliche Welt eintreten, erreicht werden konnte (von der herrschenden Meinungsmache), dass sie nicht die Regierenden mit ihrem Hochrüstungskurs, sondern die angeblich faschistische oder rechtsextremistische AfD als Hauptgegner ansehen (und dafür auf die Straße gehen). Das AfD-Thema, so ist meine Position, ist ein sekundäres, aber wichtiges Thema. Wir sollten und müssen bei der Diskussion über die AfD deshalb zunächst uns über die Grundzüge der gegenwärtigen politischen Lage klarwerden.
Wenn es nach den Regierenden geht, sind wir auf dem Weg in die Hölle im Vorfeld eines Dritten Weltkrieges. Es droht eine Eskalation des Ukrainekrieges, aber auch eine umfassende Militarisierung unseres Landes und der Welt.
So in sechs oder sieben Jahren (2031/2032) sind wir (die Nato-Staaten insgesamt) bei 5 Prozent des BIP oder bei etwa 45 Prozent des Haushalts für Rüstung angekommen. Die Idee der friedlichen Koexistenz liegt auf dem Totenbett. Soziale Leistungen werden rigoros gekürzt. Sanktionen und Drohungen dominieren noch stärker als heute die internationalen Beziehungen. Wir leben in einer waffenstarrenden Welt. Ein Dritter Weltkrieg rückt näher und ist nur eine Frage der Zeit.
Wenn wir die sich abzeichnende Entwicklung in Richtung Bellizismus nicht in den nächsten Jahren stoppen, wird es zu spät sein. Unser Gegner dabei sind nicht die AfD und ihr Umfeld. Unser Gegner sind die Regierenden mit ihren Rüstungsplanungen. Die AfD hat daran derzeit keinen Anteil.
Meine Position ist: Die Dämonisierung der AfD (kombiniert mit der Lüge, der wie Hitler „kriegslüsterne Putin“ werde uns in einigen Jahren angreifen) geschieht nicht, weil die AfD eine große Gefahr für uns ist, sondern weil die Regierenden damit diesen Kriegskurs tarnen und dafür besser „Rückhalt in den Massen“ (Lenin 1912) erreichen können. Die Regierenden machen auf Antifaschismus, um Kriegstüchtigkeit zu erreichen, um die Friedensbewegung zu lähmen, um linke und rechte, marxistische und konservative Gegner dieses Kriegskurses gegeneinander in Stellung zu bringen. Wir sollten, wir dürfen da nicht mitmachen.
Von Friedrich Merz bis Jan van Aken hören wir: die AfD bedrohe „unsere Demokratie“. Alle gemeinsam müssten diese Gefahr abwenden. Schon im Januar 2025 sagte Merz, ein neues 1933 darf es nicht geben. Van Aken erklärte im April, die AfD müsse verboten werden, weil das „Faschisten“ sind. Und vor einer Woche schloss sich auch Klingbeil von der SPD mit der Forderung nach einem Verbot der AfD dem an.
Die politische Allianz der AfD-Gegner von rechts bis links ist mittlerweile erstaunlich stabil. Es waren im 20. Deutschen Bundestag 124 Bundestagsabgeordnete, die am 13. 11. 2024 sogar gemeinsam einen Verbotsantrag gegen die AfD als Bundestagsantrag einbrachten (Drucksache 20/13750). Neun Abgeordnete waren CDU-Abgeordnete (darunter der Scharfmacher Roderich Kiesewetter), 35 kamen aus der SPD-Fraktion (darunter Ralf Stegner). Von der Linkspartei haben 19 der 28 Abgeordneten zugestimmt (darunter Bernd Riexinger, Gesine Lötzsch, Heidi Reichinnek und Janine Wissler); von den Grünen haben mit 56 Abgeordneten etwa die Hälfte der Fraktion den Antrag unterstützt. Von der CSU, der FDP und dem BSW hat kein Abgeordneter unterschrieben. Eine neue Initiative zum Verbot der AfD im 21. Bundestag gibt es noch nicht.
Zweites Problem: Ist die AfD nun eine faschistische oder tendenziell faschistische Partei oder ist sie das nicht? Was ist überhaupt Faschismus?
Gerade auch hier sind die Antworten von Gretl und mir konträr.
Ich halte überhaupt nichts von der gegenwärtigen Inflationierung des Faschismusbegriffs: weder wenn dies die Regierenden bzw. der Klassengegner machen, noch wenn wir uns daran beteiligen.
Das hatten wir schon einmal (auch in der KI) um das Jahr 1928.
Danach war (im neuen Programm) für die Kommunistische Internationale Faschismus auf dem VI. Weltkongress 1928 eine „politische Methode“ im Rahmen der bürgerlichen Demokratie. Alles Reaktionäre und Menschenfeindliche wie die rassistische Ideologie oder die Repressionen gegen Kommunisten (und davon gab es und gibt es in der bürgerlichen Demokratie immer jede Menge) war faschistisch. Man sprach sogar von einer zeitweisen „faschistischen Rolle“ der Sozialdemokratie (vgl. Ekkehard Lieberam, 100 Jahre Faschismusdebatte, Bergkamen 2023, S. 40 ff.).
Heute reicht der Hinweis auf völkisches Denken eines AfD-Politikers, um ihn faschistisch zu nennen.
Ich halte es mit Hegel, dem Lenin in seinen Konspekten zu Hegel (Lenin-Werke, Band 38) voll zustimmte: Wir brauchen Begriffe, um „begreifen“ zu können. Begriffe in diesem Sinne sind so etwas wie Kurzdefinitionen einer Erscheinung oder eines Vorgangs.
Der Faschismus selbst entstand so um das Jahr 1922 in den Klassenkämpfen in Italien. Clara Zetkin sprach darüber in der KI 1923. Genial war ihre Erkenntnis vom „Gewalthaufen“ der Faschos, der als „Bundesgenosse“ von der Bourgeoisie „mit Freude“ begrüßt wird. Aber insgesamt dauerte es noch 12 Jahre bis zu einer für das Begreifen tauglichen Definition des Faschismus, der Definition von Dimitroff auf dem VII. Weltkongress der KI als „offene terroristische Diktatur der am meisten reaktionärsten, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (wobei diese Definition vor allem den Nazifaschismus in Deutschland im Auge hatte).
Wir können in der Diskussion gerne auf die Entstehung, auf die Stärken und auch auf einige Schwachpunkte dieser Definition eingehen.
Hier, im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte über den Faschismusbegriff bei der Bewertung der AfD ist es erst einmal wichtig, sich seine entscheidenden drei Merkmale zu verständigen: Wenn diese Merkmale nicht vorhanden sind, kann man auch nicht von Faschismus sprechen.
Nach Dimitroff ist Faschismus:
Erstens eine neue Staatsform, eine „offene Diktatur“ des Monopolkapitals, die an die Stelle der bürgerlichen Demokratie tritt.
Zweitens ist Faschismus eine politische und soziale Bewegung im Rahmen der bürgerlichen Demokratie, die dieses Ziel verfolgt (Errichtung einer offenen Diktatur = ein Begriff den Marx in seinen Frankreichschriften zur Kennzeichnung der Staatsform 1851/52 unter Napoleon dem III. im vormonopolistischen Stadium des Kapitalismus verwendete).
Drittens kommt es zu diesem Staatsformenwechsel nicht willkürlich, sondern in einer bestimmten geschichtlichen Situation. Es kommt nicht dazu, weil es Teilen des Monopolkapitals „danach ist“. Der Wechsel zur Staats- bzw. Herrschaftsform der „offenen Diktatur“ vollzieht sich durch und mit dem politisch organisierten Monopolkapital, wenn denn die geschichtliche Situation „danach ist“: die Arbeiterklasse die politische Macht zu ergreifen droht, die politischen Verhältnisse außer Kontrolle geraten, eine Steigerung der Ausbeutung anders nicht mehr möglich ist, dies zur Kriegsführung erforderlich erscheint
Weder auf die AfD noch auf die gegenwärtige Lage treffen diese drei Merkmale zu. Weder das Programm der AfD noch ihre Politik verfolgen das Ziel, eine offene Diktatur zu errichten. Und das deutsche Monopolkapital sieht derzeit überhaupt keinen Grund, zur offenen Diktatur überzugehen. Warum sollte es auch?
Seine Supermilitarisierungspläne kommen im Rahmen der bürgerlichen Demokratie gut voran (70 Prozent sprechen sich bei Umfragen dafür aus). Natürlich kann das in zehn Jahren ganz anders sein. Und natürlich brauchen wir eine Brandmauer gegen die wirklichen Neonazis.
Damit zu einem dritten wichtigen Problem: der angeblichen Verfassungswidrigkeit der AfD.
Die Behauptung der Regierenden, die AfD sei verfassungswidrig und müsse (eigentlich) verboten werden, verstärkt immens die politische Dämonisierung der AfD.
Außerdem bewirkt sie, dass die AfD in einem Zustand der Halblegalität arbeiten muss.
Ihr werden die normalen Rechte einer Partei in den Parlamenten und im politischen Leben abgesprochen: auf ein ihrer Fraktionsgröße entsprechenden Sitzungssaal, auf einen Parlamentsvizepräsidenten, auf den Vorsitz von Ausschüssen usw., aber auch (im politischen Leben) auf eine parteinahe Stiftung, auf einen gesicherten Rechtsstatus der ihr angehörenden Beamten usw.
Das wichtigste Argument, um die AfD in diesen Zustand der Halblegalität zu versetzen, ist die Behauptung, sie sei „verfassungswidrig“. Das geschah erneut und diesmal gestützt auf die Autorität des Bundesinnenministeriums am 2. Mai dieses Jahres mit dem „Gutachten“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Das Gutachten sollte nicht veröffentlicht werden. Mittlerweile ist der Text bekannt.
Ergebnis: 1100 Seiten. Beschuldigung die AfD sei „gesichert rechtsextremistisch“. Mit dem Unterton, da „gesichert“, sind Zweifel an dieser Entscheidung völlig abwegig. Der Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau, der es genau gelesen hat, meint dagegen: das ganze sogenannte Gutachten ist „Quark“ und „Unfug“, ist „peinlich und dünn“. Ich meine dasselbe.
Ein Verbotsverfahren allerdings ist unwahrscheinlich: Die Bundesregierung unter Merz will keinen Verbotsantrag stellen (Argument von Merz: die „Hürden“ sind zu hoch). Im Bundestag gibt es dafür ebenso wenig eine Mehrheit wie im Bundesrat. Mit dem derzeitigen Zustand der “AfD in der Halblegalität“ sind die Regierenden offenbar auch sehr zufrieden.
Wie ist das Ganze einzuschätzen? Ist die AfD nun verfassungswidrig oder ist das alles Unsinn?
Ich meine: das ist alles Unsinn, wenn denn das Bundesverfassungsgericht im Falle eines Verbotsantrages und Verbotsverfahrens bei seiner bisherigen Rechtsprechung bleibt. Es geht nicht darum, dass die „Hürden“ zu hoch sind. Belege für eine Verfassungswidrigkeit der AfD sind gar nicht vorhanden.
Erstens: Der Begriff „rechtsextremistisch“ ist im Grundgesetz und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu finden. Außerdem ist die Argumentation im sogenannten Gutachten, dass die Verfassungswidrigkeit der AfD sich aus deren „ethnischen Volksbegriff“ ergebe, schon deshalb Unsinn, weil dieser Volksbegriff in Art. 116 des GG mit der Formulierung von der „deutsche(n) Volkszugehörigkeit“ als Grundlage der „Staatsangehörigkeit“ vom Grundgesetz selbst verwendet wird.
Zweitens: Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die neonazistische SRP von 1952 wird als entscheidender Verbotsgrund genannt (Art. 21 Abs. 2 GG: Parteien sind verboten, wenn sie die freiheitliche Grundordnung „beeinträchtigen“ oder „beseitigen“ wollen), dass eine „Gewalt- und Willkürherrschaft“ von der Partei errichtet werden soll. Dafür aber gibt es im Programm der AfD und in deren Politik keine Belege (in dem „Gutachten“ vom 2. Mai kommt das Wort „Programm“ nicht vor).
Drittens: Nach dem Verbotsurteil des Bundesverfassungsgerichts gegen die KPD (ergangen 1957 im Geiste der Totalitarismusideologie und des Kalten Krieges) kann eine Partei (auch dann, wenn die Partei eine „Gewalt- und Willkürherrschaft“ errichten will) nur dann verboten werden, wenn ihr zugleich eine „aggressive, kämpferische Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung“ eigen ist. Auch davon kann bei der AfD keine Rede sein.
Das Ganze mit der Verfassungswidrigkeit und einem demnächst anhängigen Verbotsverfahren ist offenbar eine Luftnummer, ständig neu inszeniert zur Dämonisierung der AfD.
Damit zu einem vierten letzten Sachproblem: Gibt es in der Politik und Programmatik der AfD tatsächlich Ansätze für ein friedenspolitisches Potential, das eine Diskussion mit einzelnen Politikern dieser Partei sinnvoll macht?
Zweifellos ist die AfD eine konservative Partei, die die Interessen des Großkapitals vertritt. Beispiele, für die Kluft im politischen Denken zwischen der AfD und uns gibt es täglich: man denke nur an die groteske Aussage von Alice Weidel über Hitler als linken Politiker. Eine Quelle politische Intelligenz sind die Äußerungen führender AfD-Politiker in der Regel nicht.
Die AfD ist eine bürgerliche Rechtsaußenpartei, wie sie mittlerweile in fast allen kapitalistischen Ländern zu finden ist. Sie ist marktradikal und neoliberal. Sie ist „klimaskeptisch“. Den Sozialismus will sie bekämpfen; den Sozialstaat will sie einschränken, die Bundeswehr stärken. Sie ist EU-kritisch und ausländerfeindlich. Eine Kreation der Neonaziszene ist sie nicht. Neonazistiche Strukturen in ihr gibt es. 25 Prozent ihrer 10.000 Gründungsmitglieder waren unzufriedene Mitglieder aus CDU/CSU, SPD, FDP, Piratenpartei und Grünen. In Sachsen sollen 20 Prozent ihrer kommunalen Funktionsträger aus der SED kommen.
Aus all dem ergibt sich: die AfD ist Konkurrentin und Rivalin der etablierten Parteien: um Parlamentsmandate, Ministerämter, um Spitzenpositionen im Beamtenapparat, um Wahlgelder usw.
Diese Stellung der AfD als erfolgreiche Konkurrenzpartei ist ein ganz wichtiger Grund, weshalb sie von den etablierten Parteien bekämpft wird. Meines Erachtens ist das aber nicht der Hauptgrund.
Der Hauptgrund ist: Als erste Adresse des politischen Protestes seit 2017 hat sie in der Außen- und Friedenspolitik mit einigen Parteitagsbeschlüssen in Grundfragen konträre Positionen zur Außenpolitik der Regierenden bezogen: sie erkennt die Sicherheitsinteressen Russlands an; sie verlangt Frieden mit Russland und eine Politik der Deeskalation in der Ukraine; sie lehnt die Bedrohungslüge ab; sie plädiert für den Vorrang der Diplomatie und für friedliche Streitbeilegung. Inwieweit dies Teile der AfD lediglich als Wahlpropaganda tun, muss natürlich hinterfragt werden.
Das aber sind auch unsere Positionen. Sie prägen offenbar auch Teile der Partei: 86 Prozent ihrer Wähler sind gegen Waffenlieferungen. Im konservativen Denken gibt es zwar keine pazifistische Tradition, aber sehr wohl die Tradition der bismarckschen Realpolitik, die – wie auch wir – von einem Politikbegriff ausgeht, der die Sicherheitsinteressen der Staaten zur Grundlage hat. Ihre Mitglieder, Wähler und Anhänger lehnen in ihrer Mehrheit die Politik der Konfrontation und Hochrüstung ab. Eine mir nicht bekannte Anzahl ihrer Politiker (25 oder 120 – ich weiß es nicht) treten ehrlich für eine Entspannungspolitik ein.
Nach meiner Überzeugung gibt es so in der AfD ein beachtenswertes Potential für eine Politik der Vernunft in der Außenpolitik. Das ist auch die wichtigste Ursache für die Dämonisierung durch die Regierenden. Wir sollten – auch durch Gespräche mit Politikern der AfD – ausloten, ob und wie das für eine breite Bündnispolitik in der Friedensfrage nutzbar ist.