Wir, Stephan Schindlbeck und Renate Schiefer, haben im September 2022 eine Broschüre mit dem Titel „Das Geheimnis des Krieges. Der deutsche Imperialismus und der Ukraine-Krieg“ in der Reihe offen-siv veröffentlicht.
Heute wollen wir unsere Position hier vortragen und zur Diskussion stellen, ergänzt um einige Beobachtungen aus den sehr dynamischen letzten zwei Jahren. Vielen Dank an die Veranstalter für diese Möglichkeit!
Wir gliedern unseren Vortrag in zwei Teile:
Kurze Darstellung unserer Position und ein paar Schlaglichter auf die aktuelle Entwicklung seit September 2022
Was treibt den deutschen Imperialismus zur eurasischen Kontinentalstrategie? Theoretisch-historische Begründung
Unsere These lautete und lautet:
Die Hauptursache des Ukraine-Krieges sind die Widersprüche zwischen dem deutschen Imperialismus und und dem US-Imperialismus.
Wir wollen zeigen, dass und wie es dem deutschen Imperialismus gelingt, aus politischen und ökonomischen Abhängigkeiten von dem alten Kriegsgegner genau die Potenzen zu entwickeln, die den erneuten Vorstoß auf die führende Position unter den Imperialisten ermöglicht.
Die Ausgangsbasis ist: Der deutsche Imperialismus ist als Nation zu klein, ökonomisch und militärisch zu schwach, er braucht die EU als Hinterland und den langfristigen Zusammenschluss mit Russland und China, um in Zukunft gegen den mächtigsten Imperialisten USA anzutreten.
Aus zwei missglückten kriegerischen Versuchen des deutschen Imperialismus, sich an die Spitze zu setzen, ist der Konkurrent USA jeweils gestärkt hervorgegangen und seit 1945 der stärkste Imperialist. Es musste ein taktischer Wechsel der deutschen Imperialisten erfolgen, von der kriegerischen zur „friedlichen“ Expansion. Zur Erklärung, wie das Wort friedlich und die Anführungszeichen zu verstehen sind, zitiere ich Lenin:
„Friedliche Bündnisse bereiten Kriege vor und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor, bedingen sich gegenseitig, erzeugen einen Wechsel der Formen friedlichen und nicht friedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge und Wechselbeziehungen der Weltwirtschaft und der Weltpolitik.“ Untrennbar ist daher „das heutige friedliche […] Bündnis aller Mächte […] von dem morgigen nicht friedlichen Konflikt, der übermorgen wiederum ein ‚friedliches‘ allgemeines Bündnis […] vorbereitet, usw. usf.“1
Wechsel der Formen friedlichen und nicht friedlichen Kampfes auf ein und demselben Boden imperialistischer Zusammenhänge, das heißt auch ohne unmittelbaren Krieg bleibt es ein imperialistischer Kampf um die Weltherrschaft. Diese Erkenntnis erscheint uns ganz wesentlich auch für unsere taktische Überlegungen als Kommunisten.
Diese friedliche Expansion wurde der BRD möglich nach der Annexion der DDR mit der Unterwerfung und Teilannexion der europäischen Länder. Die Annexion der DDR wie auch die europäische Einigung unter deutscher Dominanz waren durchaus noch im Interesse der USA. Wenn auch Brzezinski schon 1994 warnte, man müsse dieses Europa beobachten. Für den deutschen Imperialismus war es ein großer Schritt, aber nur der erste Schritt.
Die „friedliche“ Expansion musste weitergehen, nach Osten – wohin auch sonst, zunächst mit der Süd-Ost-Erweiterung der EU und vor allem mit einer tiefgreifenden ökonomischen und infrastrukturellen Verflechtung mit Russland: Die neue Gesamtstrategie des deutschen Imperialismus formulierten 1994 Schäuble und Lamers:
„Mit der Einbeziehuung ostmitteleuropäischer Staaten in die Euroäische Union muss eine Politik umfassender Partnerschaft zwischen der Union und Russland einhergehen. Sie muss Russland die Gewissheit geben – soweit dies von außen möglich ist – neben der EU als das andere politische Zentrum auf dem Kontinent anerkannt zu sein.“2
Die Verflechtung mit Russland sah mit einem Energiedeal so aus:
Wintershall, 100%ige Tochter von BASF, gründet 2003 mit dem russischen Achimgaz ein Joint Venture, Teile der EU werden in Folge in den Energiedeal miteingebunden. Nachdem sich die Aufregung um die russische Krim-Rückholung 2014 gelegt hatte, wird die Verflechtung 2015 um so entschiedener umgesetzt. Während die amerikanische ExxonMobil gerade von Sanktionen einen Schaden von 1 Mrd. Dollar plus dem Verlust eines gesamten Erdöl-Förderprojekts mit Rosneft in der russischen Arktis erleidet, vereinbaren Gazprom und BASF/Wintershall einen Asset-Tausch von wertgleichen Vermögensgegenständen in Höhe von geschätzten 4,19 Mrd. Euro – rückwirkend zum 1. April 2013! Gazprom erhält den Winterhall-Anteil an deutschen Gasspeichern und Leitungen. Ein deutscher Konzern besitzt also nicht mehr nur große Anteile an den Pipelines, sondern an den Gasfeldern selbst, im Tausch gegen einen Großteil der Infrastruktur zur eigenen nationalen Versorgung! Das ist keine rein ökonomische, sondern eine politisch-strategische Maßnahme, die weit über unmittelbare Profitaussichten geht!
Die Ukraine sollte der EU assoziiert werden, Russland plant eine eurasische Union, eine der EU ebenbürtige EaU (227 Mio. Einwohner in der EaU versus 515 Mio. Einwohner in der EU). Zwischen Merkel und Putin bleibt die strategische Ausrichtung der Ukraine lange ungeklärt. Eine Doppelmitgliedschaft der Ukraine in EU und EaU hätte ein Tor zu beiden Riesenmärkten geöffnet. Das wäre zwar noch nicht die Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok gewesen, für die Putin 2001 im Deutschen Bundestag standing ovations erhielt, aber ein Schritt dahin. Mit der Hinhaltetaktik Merkels hat sich „Brüssel fürchterlich verkalkuliert“ – und dies kürzlich noch einmal bekräftigt.3
Fest steht: Eine kriegerische Expansion in die offene Süd-Flanke Russlands (die Ebene in der West-Ukraine ist das strategisch wichtige „Wilde Feld“) mit dem Ukraine-Krieg war gegen die deutschen Interessen und gar nicht die Taktik des deutschen Imperialismus.
Daraus folgt: Die ökonomische, „friedliche“, nicht kriegerische Expansion des deutschen Imperialismus weit nach Asien hinein, ist die Ursache, warum die USA die Führung im Maidan-Aufstand 2014 übernahm – die dramatischen Tage und Stunden der Konkurrenz zwischen deutscher und amerikanischer Einflussnahme kulminierten in Nulands „Fuck the EU“.
Den Regime Chance in der Ukraine ließen sich die USA 5 Mrd. $ kosten, und er wirkte: Mit der installierten Selenskji-Regierung wird der Krieg provoziert, für Russland unausweichlich: Bombardierung Donezk mit 14 000 Toten, Stationierung Aegis Aeshor in Rumänien 2016 und Polen 2023 - so genannte Enthauptungswaffen mit Moskau und Petersburg in Minutenreichweite, keine Defensivwaffen wie behauptet wird -, Sabotage von Minsk I und II. Die Ukraine sollte wie vormals Afghanistan zur Falle für Russland werden. Krieg und Handelskrieg sollten den strategischen Partner Deutschlands im Osten, die Russische Föderation, schwächen und isolieren - Es sieht so aus, als sei dieser Schuss nach hinten losgegangen. Russland wendet sich nach Osten, nach China, und dem „Globalen Süden“ zu.
Und: Der Krieg sollte die politische und ökonomische Verbindung Russland-Deutschland kappen. Damit sollte „Deutschland die Flügel gestutzt werden“.
„Die Urangst der USA ist, dass deutsches Kapital und deutsche Technologien sich mit russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft verbinden – eine einzigartige Kombination, vor der die USA seit Jahrhunderten eine Höllenangst haben.“4
Noch deutlicher: „Wofür wir seit Jahrhunderten Kriege geführt haben, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg, waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, weil sie gemeinsam die einzige Macht sind, die uns bedrohen könnte, und um sicherzustellen, dass das nicht passiert.“5
Die billige Energie aus Russland war die Basis der deutschen Exportindustrie, mit Nord Stream I und II saß die BRD am Schalthebel für die billige Energieversorgung der EU-Länder. Allein die Aussicht auf mögliche Engpässe verlagerte Billionen von Spekulationsgeldern an die Rohstoffbörsen und trieb dort die Warenpreise weltweit in enorme Höhen. Die Bombardierung von Nord Stream, die Sanktionen zusammen mit der inflationsgetriebenen Zinsentwicklung, die die Schuldenkrise der südeuropäischen Länder zu wiederholen droht, schwächen den deutschen Imperialismus und seine Vormacht in EU erheblich. Mit dem Ukraine-Krieg hat der US-Imperialismus deutsche imperialistische Pläne einer Verbindung Deutsch-EU und Russland von „Lissabon bis Wladiwostok“ empfindlich gestört.
Emmanuel Todd bringt es auf den Punkt „In diesem Krieg geht es um Deutschland“.6 Solche Stimmen gibt es reichlich: Willy Wimmer, Jacques Baud, außerdem die RAND Corporation von 2022 und 2019, Michael Hudson, Seymor Hersh, Pepe Escobar. Die Stimmen kommen vorwiegend aus dem Ausland, viele aus den USA, hierzulande will es nicht so leicht einleuchten.
Das Ergebnis dieser Beobachtungen: Die „friedliche Ost-Expansion“ des deutschen Imperialismus provozierte die USA dazu, diese mit einem Krieg zu stören, zu stoppen, und ist letztendlich die Ursache für den Krieg in der Ukraine.
Ein paar Schlaglichter auf die aktuelle Entwicklung: Was versuchen die deutschen Imperialisten zu retten von der Verbindung mit Russland und wie?
Bis heute findet keine Enteignung russischen Vermögens statt, stattdessen wird die Treuhandverwaltung über Gazprom Germania (heute SEFE) stetig verlängert. Die Maßnahmen können also rückgängig gemacht werden.
Die Verzögerungstaktik bei der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine von Scholz wird vehement beklagt: Leopard-Panzer, Taurus.7
Über Drittländer und LNG-Tanker fließt weiterhin russisches Gas nach Europa, 15% des europäischen Gasverbrauchs stammt aus Russland. Österreich klagt, dass die Gasumlage der BRD die Energie derart verteuere, dass Österreich gezwungen ist, weiterhin fast 100% seines Gasbedarfes mit russischem Gas zu decken. In der BRD stammt bisher nur ein kleiner Teil des Gases aus amerikanischem Fraking!
Ungewöhnlich schnell und kategorisch war die Ablehnung Scholz’ zur Kandidatur von der Leyens als NATO-Generalsekretärin: Die Begründung: Sie ist „zu kritisch gegenüber Moskau“8. Kiesewetter geifert, Scholz mache „alles, um Putin zu gefallen.“9
Zugleich grinst der deutsche Bundeskanzler über den Atlantik, wenn Biden die Bombardierung von Nord Stream angekündigt, Aufklärung über diesen kriegerischen Akt wird verunmöglicht. Scholz‘ Hauptaufgabe ist - wie schon die Merkels - Aussitzen, das kriegshetzerische Personal in einer Regierungskoalition desavouiert sich selbst (Baerbock, Hofreiter), den großen Bruder nicht weiter reizen, möglichst unspektakulär und unauffällig die Fäden nach Russland halten und wenn möglich weiterspinnen.
Was wir in unserer Broschüre nur kurz angedeutet habe, was sich aber in der Folge als sehr wichtig erwiesen hat: Die deutschen Anstrengungen, eine strategische Verbindung zu China zu etablieren. Natürlich gibt es relevante unmittelbar ökonomische Interessen der deutschen Kapitalisten.
Das Engagement der Autoindustrie in China ist Legende. BASF investiert in den größten Chemiemarkt der Welt, in China 10 Mrd. € für einen neuen Produktionsstandort, Rödl – einer der größten Unternehmensberater – zieht sich bedauernd aus Russland zurück, nicht aber aus China. Die Bande mit Huawei werden – abseits der Mobilfunkbranche – immer enger, während USA die Tochter des Besitzers drei Jahre in den USA festsetzt (von 2018 bis 2021) – das Handelsblatt ist voll mit solchen Beispielen.
Aktuell meldet das große Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young: ausländische Direktinvestitionen in die BRD von 2022 auf 2023 sind um 12% gesunken, seit 2017 sogar um 35%, während in Frankreich von 2022 af 2023 ein Plus von 20% zu verzeichnen ist. (Es handelt sich um die Anzahl der Projekte.) Aber: Chinesische Projekte in BRD nahmen um 16% zu.
Nach den USA ist China größter Investor in BRD (nur ein paar Beispiele Rept Battero Batterie bei München, Nio E-Auto in Berlin, Cosco im Hamburger Hafen.
China ist immer noch wichtigster Handelspartner der BRD, Investitionen nach China boomen, zwar noch weit hinter den USA, aber jetzt am 2. Platz vor Großbritannien. Wegen der Sanktionen lassen deutsche Unternehmen zunehmend auch Vorprodukte in China herstellen (Bosch).
Aus den strategischen Maßnahmen, die über ein kurzfristiges, unmittelbar ökonomisches Interesse hinausreichen, hier nur eine kleine Auswahl:
Die Geschichte: Die „Chinesische Karte“ wird in der deutschen Geschichte immer wieder gezogen: Im Kampf gegen die japanische Besatzung wendet sich 1927 Tschiang Kai Check zu den USA, 1937 unterstützen die deutschen Faschisten den Hitler-Sympatisanten der Kuomintang mit Waffen, Geld und Beratern, der ja gegen die japanische Besatzung kämpft, mit der Hitler-Deutschland über den Antikomintern-Pakt Achsenpartner ist! China (und Tibet10) sind für deutsche imperiale Pläne zu wichtig. Der Versuch, Tschiang Kai Check auf die faschistische deutsch-japanische Seite zu ziehen, ist eine erste Konfrontation deutscher und amerikanischer Interessen in China. 11 In den 70er Jahren plädiert der deutsch „Ostausschuss“ und Wirtschaftsverbände immer wieder dafür, die Chinesische Karte zu ziehen, den chinesischen Markt zu nutzen. Jahrzehntelang blockieren die USA dieses Betreben, nach der Ratifizierung der Ostverträge 1972 explodiert der Handel. Hier plädiert Brandt in die gleiche Richtung wie die CSU und die NPD.12 Auch heute wollen wieder führende Teile der SPD „Frieden mit Russland“ wie große Teile der Industrie, wie die AfD und Teile der CDU.
Die BRD ist 2015 Gründungsmitglied bei der Asia Infrastructure Investment Banc AIIB, mit 4,3 Mrd. $ viertgrößter Anteilseigner, die BRD stellt seither Direktor oder stellvertretenden Direktor der Gruppe der Euroländer in der AIIB. Im Duisburger Hafen kommen pro Woche zwischen 60 und 40 Containerzügen voller Waren zur Verteilung in der EU über die Seidenstraße an. „Als eine der ersten internationalen Vereinbarungen zwischen Banken aus Drittländern und China wurde 2018 ein Memorandum of Understanding (MOU) zur Unterstützung von Projekten im Rahmen der Neuen Seidenstraße zwischen der Commerzbank Frankfurt am Main und der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) geschlossen.“13
Wenn wirtschaftlicher Austausch unter strenger Aufsicht steht, ist Austausch von Forschung und Wissenschaft das Mittel der Wahl. Die China-Strategie, im Dezember 2023 vom Bildungsministerium verabschiedet, hat als einen wichtigen Förderschwerpunkt: China Kompetenz ausbauen! Schon 2007 richtet der Freistaat Bayern die Stiftung BayChina ein und finanziert den Austausch des akademischen Nachwuchses. Im Deutsch-Chinesischen Kooperationsnetzwerk Industrie 4.0 beteiligt sich alles, was in der deutschen Forschung Rang und Namen hat (Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer Gesellschaft, Helmholtz Gesellschaft) und Unternehmen (ein Quantensatellit für quantenbasiertes Internet entwickelt und in Erprobung zwischen Beijing und Wien14)
Politik und Medien zeichnen ein ganz anderes Bild, die verschiedene Fraktionen im Kapital sind mit ihrem politischen Personal in der Regierung vertreten. Scholz im April in China will den „wirtschaftlichen Austausch fortsetzen und intensivieren“, wiegelt ab wegen der geplanten EU-Strafzölle und folgt zur Zeit nicht Macrons Einladung nach Paris, wo Xi Jinping zu Besuch ist, wohl um sich nicht offen gegen den harten Kurs von Macron und Von der Leyen positionieren zu müssen. Unvergessen die nur vordergründig scherzhaft gemeinte Aussage von Nikolai Platoschkin (sowjetischer und russischer Diplomat bis 2006, Prof für Geschichte, Bewegung für einen neuen Sozialismus), als er Januar 2023 auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz zugeschaltet war: „Was ich damit sagen will, ist, dass jetzt die deutsche Friedensbewegung gefordert ist. […] Und ich bitte Sie: Helfen Sie in dieser Situation dem Bundeskanzler. Das mag für Sie komisch klingen, aber Olaf Scholz ist, glaube ich, der letzte, der noch Widerstand gegen die Lieferung von schwerem Kriegsgerät in die Ukraine leistet.“
Unser Ergebnis: In der aktuellen Zuspitzung des Verhältnisses USA zu China ist die unmittelbare Konkurrenz auf dem Weltmarkt der Waren und Währungen nicht die alleinige Ursache. Gemäß der Logik des oben Gesagten wirkt ebenso die fortgesetzte strategische Verbindung Berlin – Moskau – Peking.
Jetzt übergebe ich zum theoretisch-historischen Teil. Theorie, davon sind wir überzeugt, ist unersetzlich für die richtige Strategie und Taktik.
Renate Schiefer
„Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“ heißt eine Schrift von Lenin aus dem Jahr 1915, gut ein Jahr nach Beginn des 1. Weltkriegs. Darin steht der oft zitierte Satz “Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus, d. h. des Kapitalexports und der Aufteilung der Welt durch die ‚fortgeschrittenen‘ und ‚zivilisierten‘ Kolonialmächte, sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär.“15 Innerhalb der Arbeiterparteien war damals eine Diskussion entbrannt, ob die Arbeiter für oder gegen die politische Vereinigung Europas eintreten sollen. Dies vor dem Hintergrund, dass insbesondere innerhalb der deutschen Bourgeoisie Pläne auftraten, Europa unter deutscher Führung zu vereinigen. Wie gesagt, die Textstelle, die im Übrigen keine prinzipielle Ablehnung darstellt16, sondern eine sehr konkret begründete, ist weithin bekannt. Anders der weiter hinten stehende, weniger häufig zitierte Satz: „Auf der heutigen ökonomischen Basis, d. h. unter kapitalistischen Verhältnissen, würden die Vereinigten Staaten von Europa die Organisation der Reaktion zur Hemmung der rascheren Entwicklung Amerikas bedeuten.“17
Ich stelle mir die Frage, weshalb der eine Satz sehr verbreitet ist und der andere weniger, und komme zu dem Schluss: Die erste Stelle stellt ab auf die innere Konstitution des Kontinents, seine inneren Widersprüche, die in der Schrift folgendermaßen zusammen gefaßt werden: „Vereinigte Staaten von Europa sind unter kapitalistischen Verhältnissen gleichbedeutend mit Übereinkommen über die Teilung der Kolonien. Unter kapitalistischen Verhältnissen ist jedoch jede andere Basis, jedes andere Prinzip der Teilung als das der Macht unmöglich. … Um die tatsächliche Macht eines Kapitalisten zu prüfen, gibt es kein anderes Mittel und kann es kein anderes Mittel geben als den Krieg.“18
Reaktionär also, weil die Vereinigung den Krieg nicht verhindern, sondern beschleunigt herbeiführen würde. Anders die andere Stelle: „ … zur Hemmung der rascheren Entwicklung Amerikas.“ Hier erwächst eine Option für die Vereinigung Europas heran, die etwas völlig anderes beinhaltet als die innere Aufteilung der Kolonien. Eine Option, die 1915 aufgrund der noch untergeordneten Bedeutung der USA v. a. gegenüber England nur erst zu ahnen war, die aber im selben Maß an Bedeutung gewinnen mußte, je mehr die USA in die Riege der ersten Großmächte aufsteigt, oder gar, wenn sie ab 1945 dort die führende Position einnimmt. In dem Ausmaß des Aufstiegs der USA an die Spitze der Weltmächte erhielten die Vereinigten Staaten von Europa allein darin einen äußeren Antrieb, der den inneren Antrieb, die Ausbeutung der schwächeren EU- Staaten, ergänzt oder zeitweise überlagert und zurücksetzt.
Mit den USA betritt erstmals eine Weltmacht die Bühne, die als einzige einen gesamten Kontinent (Alaska zum Territorium des US-Imperialismus hinzugerechnet) in Form eines bürgerlichen Nationalstaats vereint und gegen die anderen ins Feld schickt. Seit 1960 reagiert Europa darauf mit dem Durchlaufen verschiedener Stadien eines staatlichen Zusammenschlusses von der Zollunion bist zur Währungsunion. Seit 1990 erkämpft sich die BRD mit der Annexion der DDR die darin führende Rolle. Ca. 2000 beginnt die strategische Verbindung einer EU unter Berliner Regie mit der Eurasischen Union unter Moskaus Regie, erweitert um eine Vertiefung der Beziehungen beider zu China ab 2015, was den US-Imperialismus dazu bewegt, mit dem Ukraine-Krieg 2022 die Reißlinie zu ziehen und China - beginnend 2016 - als strategischen Gegner zu behandeln.
Die Frage, weshalb der EU-Zusammenschluss bis heute von vielen Antiimperialisten als rein innereuropäisch motiviert gesehen wird, auf das Ausbeutungsbedürfnis der im Innern führenden Imperialisten - abgestuft nach deren Rangfolge - reduziert wird, führt uns auf zwei theoretische Schwachpunkte: 1) Das Unwissen darüber, dass der gesellschaftliche Grundwiderspruch von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen sich nur im Widerspruch zweier Seiten entwickeln kann, einer - vom einzelnen Wirtschaftsgebiet ausgehend - inneren Seite und einer äußeren Seite.
2) Die Unterschätzung der Dimension von Konkurrenz und Monopol als dialektischem Bewegungsprinzip, das seit Jahrtausenden dem Grundwiderspruch jeder Klassengesesellschaft als Motor dient.
Letzteres bedeutet in Kurzfassung: ein nationalstaatlich geeinter Kontinent wie die USA als Konkurrent aller anderen nicht kontinental geeinten Staaten in Europa, erzeugt auf diese Staaten denselben Einigungsdruck wie vom 17. bis zum 19. Jahrhundert ein geeintes England und Frankreich auf Deutschland ausübten. Und da spielt es keine Rolle, dass in Deutschland mit der nationalstaatlichen Einigung eine neue Klasse als Besitzer der neuen Produktionsmittel an die Macht kam und das Jahrtausend-System des Feudalismus beendete, also eine revolutionäre Rolle spielte, während man davon heute in keinster Weise sprechen kann. So, wie im 19. Jahrhundert die alte Klasse des Feudaladels die Reichseinigung von oben vollzog, nachdem die Bourgeoisie vor der Aufgabe versagte, vollzieht heute die alte Klasse der Bourgeoisie die Kontinentaleinigung, nachdem die neue, zur Führung bestimmte Klasse, das Proletariat, darin versagte (woran die Werktätigen der sozialistischen Länder den geringsten Anteil haben). Nur der Preis, den die Welt dafür zu bezahlen haben wird, dass heute wieder von oben geeinigt wird, ist ein anderer. Nachdem die deutsche Reichseinigung 1871, beginnend mit den drei schlesischen Kriegen im 18. Jahrhundert (Friedrich II., 23 Jahre Krieg um Schlesien) und mit drei Einigungskriegen im 19. Jahrhundert real noch nicht beendet war, sondern genau genommen noch des 1. Weltkriegs bedurfte, so ist heute die europäische Kontinental-Einigung als mit dem 1. Weltkrieg beginnend anzusetzen und das Ende dürfte die Menschheit darüber belehren, dass das, was sie im 20. Jahrhundert erlebte, noch kein richtiger Weltkrieg war, sondern ein Kontinentalkrieg mit Ausläufern in Asien und Nordafrika. Was ein richtiger Weltkrieg bedeutet, kann erahnt werden, wenn man die Landkarte betrachtet und die Erdteile absteckt, die sich heue gegenüberstehen. Dagegen sind alle heute zu hörenden Kriegswarnungen ebenso harmlose Versuche, wie Brecht einst die beiden vergangenen Weltkriege titulierte (Brecht, Das große Karthago: … gegen welche die vergangenen wie harmlose Versuche sind“) Kriegswarnungen alleine sind schwache Mittel im Antikriegskampf. Und deshalb tauchen wir nun etwas tiefer ein in die Theorie und in die Geschichte.
Wir alle wissen um den Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, der weltweit und zu allen Zeiten präsent ist, und der besonders die Klassengesellschaften prägt in der Form des Klassenkampfs.
Die Produktivkräfte sind die Produktionsmittel und die Menschen, die diese in Bewegung setzen. Die Produktionsverhältnisse sind die Eigentumsverhältnisse, die Stellung der Klassen in der Produktion und die wechselseitigen Beziehungen zwischen ihnen, z. B. in der Art des staatlichen Unterdrückungsapparats. Aber auch die Distributions- und Austauschverhältnisse der Produktionsergebnisse (Konsum, Rückführung in erneute Produktion), die Mechanismen, wie sich die Produkte und Produktionsmittel nach ihrer Erstaneignung weiter unter den Besitzenden verteilen, all das bilden die Produktionsverhältnisse.
Der Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen entwickelt sich nicht abstrakt oder im luftleeren Raum, sondern nur konkret.
Er entwickelt sich innerhalb verschiedener, mehr oder weniger voneinander abgegrenzter Räume. Diese Räume und ihr Inhalt ergeben die Wirtschaftskörper, heute zumeist bürgerliche Nationalstaaten, die einerseits durch den inneren Widerspruch - Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse - bestimmt sind und andererseits durch ihre äußeren Einflüsse aufeinander. Dabei ist die äußere Seite des Widerspruchs zu keinem Zeitpunkt aus einem anderen Stoff als die innere. Beide bewegen sich als zwei verschiedene Seiten ein und desselben Widerspruchs von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen in Wechselwirkung zueinander. Dadurch verändern sie den betrachteten Körper selbst und dieser verändert zugleich seine äußerlichen Pendants. Umgekehrt geschieht das gleiche. Jeder Körper beeinflusst andere Körper und verändert diese und zugleich sich selbst.
Sichtbar werden die Auswirkungen dieser Wechselwirkungen z. B. darin, dass sich die Wirtschaftskörper im Laufe der Jahrtausende vergrößern. Aus dem blutsverwandten Sippschaftsverband der Urgesellschaft wird beim Übergang in die Klassengesellschaft die territorial bestimmte bäuerliche Dorfgemeinschaft, mancherorts entwickelt sich daraus der antike Stadtstaat (Polis), später der feudale Kleinstaat, übergehend in den Staat der absolutistischen Monarchie und schließlich in den bürgerlichen Nationalstaat. Selbstverständlich gehen nicht alle Wirtschaftskörper diesen Weg. Die meisten zerfallen, verschmelzen, werden gewaltsam eingegliedert usw. Aber bei dem aktuell erreichten Stadium der Gesellschaft bleibt die Entwicklung nicht einfach stehen. Wieso sollte sie? Die Produktivkräfte drängen nach einer Internationalisierung der Produktion, und sie sind weit fortgeschritten auf diesem Weg, wenn man bedenkt, dass die einzelnen Teile eines Automobils bis zu ihrem Zusammenbau weitere Wege zurücklegen als das fertige Produkt selbst jemals zurücklegen wird. Freilich ist das nicht unsere Vorstellung von Internationalisierung, sondern die Quittung dafür, dass wir unsere Vorstellung noch nicht verwirklicht haben. Lenin spricht in dem eingangs zitierten Artikel von den „Vereinigten Staaten der Welt … die wir mit dem Sozialismus verknüpfen“, bis der „Kommunismus zum endgültigen Verschwinden eines jeden, darunter auch des demokratischen, Staates geführt haben wird.“19
Bereits das sozialistische Lager in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zeigte Ansätze einer kontinentalen Integration in jene Richtung, die Lenin als sozialistischer Weltstaat benennt. Diese Skizze zeigt einen groben Verlauf der natürlich nur in einem widerspruchsvollen Prozess aus Haupttendenz und Gegentendenzen verläuft. Alle Körper bewegen sich von Anfang an im Wechselverhältnis aus der inneren und äußeren Seite des genannten Widerspruchs. Vorausgesetzt, dass die Geographie eine physische Verbindung der Wirtschaftskörper untereinander zuläßt und sie nicht abschneidet oder isoliert. Diese Voraussetzung gegeben, kann kein gesellschaftliches Phänomen mehr ohne das aufeinander Einwirken dieser beiden Seiten erklärt werden. Eine der wichtigsten zu untersuchenden Fragen ist dabei: Welche der beiden Seiten dominiert wann die Gesamtentwicklung eines Wirtschaftskörpers?
Bevor wir das Gesagte konkretisieren, stellen wir noch die Frage nach dem Motor der gesamten Bewegung. Welcher Mechanismus, welches Prinzip treibt die Gesamtentwicklung jeder Klassengesellschaft an?
Die Genesis der Klassengesellschaft erfolgt an dem Punkt, wo sich eine privilegierte Schicht nicht mehr nur einen Teil des Mehrprodukts, das von der Mehrheit erzeugt wurde, aneignet, sondern wo diese Schicht dazu übergeht, sich das Hauptproduktionsmittel der Gesellschaft selbst anzueignen und zu monopolisieren, den Grund und Boden. Ab diesem Zeitpunkt wird ein Motor der gesellschaftlichen Entwicklung sichtbar, der die Klassengesellschaften bis zu ihrem Ende als zweites Bewegungsprinzip neben dem ersten mit dominiert. Während das erste Bewegungsprinzip, die durch menschliche Arbeit zu leistende Reproduktion der Gesellschaft, die innere Entwicklung der Gesellschaftskörper dominiert, die Entwicklung der Produktivkräfte und der Arbeitsteilung, die proportionale Aufteilung der Gesamtressourcen auf die Wirtschaftszweige usw., und die Konkurrenz sich davon ableitet, prägt die Konkurrenz als zweites Bewegungsprinzip von Anfang an die äußeren Verhältnisse der Gesellschaftskörper und wirkt auf die Produktionsverhältnisse im Inneren als Katalysator. Genau betrachtet handelt es sich bei diesem zweiten Bewegungsprinzip um das dialektische Prinzip von Konkurrenz und Monopol. Dialektisch deshalb weil aus der Konkurrenz das Monopol hervorgeht und umgekehrt aus dem Monopol die Konkurrenz auf jeweils höherer Stufenleiter. In der Hauptseite dreht sich der Kampf der wirtschaftlichen Akteure um den Besitz der jeweiligen Haupt-Produktionsmittel. Diese sind zu Beginn des Privatbesitzes an den Produktionsmitteln der Grund und Boden und ziemlich zeitgleich auch der Mensch in Form der Sklaverei (letztere lange Zeit nicht bestimmend innerhalb der Reproduktion). Später treten gewerbliche Produktionsmittel, Handwerkzeuge, eine erweiterte Rohstoffbasis und Maschinen hinzu. Die Konkurrenz erzeugt zunächst Gegner gleicher oder ähnlicher Stärke, die in den Kampf um das Monopol eintreten können. Und das Monopol wiederum erzeugt Gegner, die das Monopol streitig machen können. Als allgemeines Bewegungsprinzip wirken Konkurrenz und Monopol, weil es mit Beginn der Klassengesellschaft nicht nur um die erstmalige Aneignung der Produktionsmittel durch eine besitzende Klasse geht, sondern um den permanenten Kampf dieser besitzenden Klassen untereinander um die Neuverteilung, Erweiterung und Verbesserung der Produktionsmittel. Und dies sowohl innerhalb der Wirtschaftskörper als auch gegenseitig zwischen den Wirtschaftskörpern. Völlig falsch wäre es, das Bewegungsprinzip von Konkurrenz und Monopol nur auf den Kapitalismus oder die Warenproduktion zu beschränken. Es ließe sich ohne dieses Prinzip kein einziger Krieg von der Vorantike bis zum Mittelalter erklären (auf der Basis des historischen Materialismus, versteht sich, idealistisch läßt sich alles erklären). Würde dieser Motor ausfallen, das Prinzip von Konkurrenz und Monopol aus irgendeinem Grund aufhören zu wirken, wäre auch die Entwicklung der Produktivkräfte in ihrem Entwicklungstempo gebremst und langfristig auf das Niveau der Urgesellschaft zurückgeworfen.
Damit kommen wir zu folgender Zusammenfassung
In umgrenzten Wirtschaftskörpern jeder Epoche der Klassengesellschaften wirkt der Widerspruch von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen.
Die Wirtschaftskörper beeinflussen sich gegenseitig und verändern dadurch den Verlauf ihres inneren Widerspruchs.
Sowohl das Innere der Wirtschaftskörper als auch ihr Verhältnis untereinander ist bestimmt durch das allgemeine Bewegungsprinzip von Konkurrenz und Monopol.
Keine einzige der drei Seiten darf außer Acht gelassen oder
zurückgestellt werden,
ihr Zusammenhang darf nicht auseinandergerissen werden, will man die
gesellschaftliche Gesamtentwicklung richtig einschätzen und erklären.
Ein Vergleich mit der Physik drängt sich auf, zum sogenannten Mehrkörper-Problem, das seit 400 Jahren versucht wird zu lösen. Im Unterschied dazu haben wir ein Mehrkörper-Problem mit ständig sich z. T. stark verändernden Körpern.
Aber dafür müssen wir unser Mehrkörper-Problem nicht mit mathematischen Formeln allgemein beschreiben und nutzbar machen, wir untersuchen lediglich die Widersprüche nach ihren inneren und äußeren Seiten hin im konkreten Verlauf, und stellen fest, welche der beiden Seiten die jeweils dominante ist. Und insgesamt wollen wir natürlich als Vertreter des historischen Materialismus nicht hinter anderen Wissenschaften zurückstehen oder stehenbleiben. Da erscheint jetzt einiges plausibel, und manches geht vielleicht zu schnell, aber vieles wird klarer bei der konkreten Anwendung des Gesagten.
Marx schreibt: „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein bestimmt, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein bestimmt das Bewußtsein.“21
Hierzu schreibt Engels in einem Brief an Joseph Bloch vom 21./22. Sept. 1890 (Joseph Bloch, ein junger 19jähriger Publizist, der sich für den Sozialismus interessierte, nicht verwandt mit Ernst Bloch): „Daß von den Jüngeren zuweilen mehr Gewicht auf die ökonomische Seite gelegt wird, als ihr zukommt, haben Marx und ich teilweise selbst verschulden müssen. Wir hatten, den Gegnern gegenüber, das von diesen geleugnete Hauptprinzip zu betonen, und da war nicht immer Zeit, Ort und Gelegenheit, die übrigen an der Wechselwirkung beteiligten Momente zu ihrem Recht kommen zu lassen. Aber sowie es zur Darstellung eines historischen Abschnitts, also zur praktischen Anwendung kam, änderte sich die Sache, und da war kein Irrtum möglich. Es ist aber leider nur zu häufig, daß man glaubt, eine neue Theorie vollkommen verstanden zu haben und ohne weiteres handhaben zu können, sobald man die Hauptsätze sich angeeignet hat, und das auch nicht immer richtig. Und diesen Vorwurf kann ich manchem der neueren ‚Marxisten’ nicht ersparen, und es ist da dann auch wunderbares Zeug geleistet worden.“22
Wir meinen, dass von den hier genannten Vereinfachungen immer noch sehr viel unterwegs ist. Oft werden
Entwicklungen allein aus den unmittelbaren ökonomischen Interesse der Monopolkapitalisten erklärt
daraus wird dann das Vorgehen gegenüber anderen Staaten abgeleitet und notwendig die großen Bewegungsrichtungen und Strategien reduziert auf die momentanen Kräfteverhältnisse, und
wird dadurch die Politik in ihrer strategischen Rolle überschätzt.
Diese drei Reduktionen sind das Ergebnis auseinander gerissener Zusammenhänge, womit letztlich weder die innere Entwicklung eines Staates richtig erfasst, noch seine äußeren Beziehungen, geschweige das imperialistische System als ganzes richtig analysiert werden kann. Sie ergeben ein erdachtes, empirisch nicht haltbares Imperialismus-Modell, das ohne Historie auskommt und nur auf den ersten Blick irgendwie plausibel erscheint. In Wirklichkeit kann es keinen einzigen Augenblick in der Menschheits-Geschichte seit Anbeginn der Klassengesellschaften richtig erklären. Der historische Materialismus empfiehlt hier in der Regel - deshalb heißt er auch so - einen Blick die Geschichte.
(Hinweis: Das wird jetzt etwas anstrengend und sprunghaft sein, bringt aber gerade dadurch einen tieferen Einblick in den Zusammenhang innere und äußere Seite des Grundwiderspruchs, was einen neuen Schwerpunkt setzt und so bislang nirgendwo nachzulesen ist.)
Engels sagt im Anti-Dührung: „Ohne die Grundlagen des Griechentums und des Römerreichs aber auch kein modernes Europa“.23 Die Präzisierung dieser Aussage durch die Geschichtsforschung in der DDR, der Sowjetunion und anderer Staaten des sozialistischen Lagers ergibt:
Für das Heilige Römische Reich Deutscher Nation ist es nicht das niedergegangene Römerreich als Reichsidee, die als Vorbild dient - das wäre die idealistische Erklärung - sondern die unmittelbare Konkurrenz zu Byzanz, Ost-Rom, das nach dem 5. Jahrhundert noch für fast tausend Jahre eine Weltmacht in vorderster Reihe darstellt und gegen das aufsteigende arabische Großreich das Fernhandelsmonopol verteidigt. Ebenso ist dieses Byzanz die äußere Ursache für die Entstehung des Großreichs der Kiewer Rus. Aus den unmittelbar ökonomischen Interessen des fränkischen oder russischen Feudaladels, die Steigerung der bäuerlichen Abgaben, die zumeist in Naturalform erfolgten und als Mehrprodukt zeitlich nur begrenzt haltbar waren, ist keines dieser Reiche zu erklären.
Und umgekehrt: Aus der deutschen Ost- und Italien-Expansion des 12. bis 15. Jahrhunderts - wiederum weitgehend der Konkurrenz zu Byzanz geschuldet (Kreuzzüge) - erklärt sich der Niedergang der deutschen Zentralgewalt, der Zerfall des deutschen Reichs in unbedeutende Partikularstaaten des 16. bis 19. Jahrhunderts, während Frankreich und England sich zu Nationalstaaten formieren. Jetzt wiederum kommen die unmittelbar ökonomischen Interessen der 500 fürstlichen Häuser, incl. Neben- und Seitenlinien24 von 1648 tatsächlich zum Tragen. Sie wirken als Zentrifugalkräfte, die die Gesamtnation in einer Weise zersprengen, dass sich die Frage stellt, welche anderen Kräfte dagegenwirken, so dass das gesamte deutsche Gebiet doch noch als Nation entsteht und sich nicht endgültig zum Teilungsgebiet für die anderen Großmächte macht, wie es Polen vom 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ist, oder der westliche Balkan bis heute abgibt. Es müssen äußere Einflüsse sein, die dies bewirken, die wir später herausarbeiten.
Die Forschungen des historischen Materialismus im vergangenen Jahrhundert konnten in der Frage, welche Seite, wann, wo die Entwicklung des gesellschaftlichen Widerspruchs dominiert, die innere oder die äußere, folgende Polarität nachweisen:
Der gesamte Raum vom Persischen Golf über das Mittelmeer, die Atlantikküste bis zur Nordsee und Ostsee und auf der anderen Seite über das schwarze Meer, das Kaspische Meer, Don und Wolga bis Nordrussland besteht nach allen Seiten hin aus miteinander verbundenen Wirtschaftskörpern, die in ihren äußeren Beziehungen sowohl auf der Seite der Produktivkräfte als auch auf der Seite der Produktionsverhältnisse die Entwicklung von Ost nach West und von Süd nach Nord vorantreiben. Das heißt hier dominiert die äußere Seite des Widerspruchs.
Die innere Seite des Widerspruchs herrscht lange Zeit auf den Kontinenten Amerika, Zentral- und Südafrika und Australien bis die dortigen Kulturen von den Europäern entdeckt und zerstört werden. Ein Teil des asiatischen Kontinents nimmt dagegen eine Sonderstellung unter den Erdteilen mit vorwiegend innerer Entwicklung ein. Es ist China.
Über 2000 Jahre lang - beginnend im 7. Jahrhundert v.u.Z - wehrt China mit dem Bau von Mauern immer wieder Eindringlinge aus dem Norden ab. Es ist im Westen und Süden weitgehend durch Gebirge und im Osten durch den Pazifik abgeschlossen. China stellt sehr früh die Grundversorgung auf die Basis von Reis als Hauptnahrungsmittel - Reisanbau ist seit -5000 nachgewiesen - und bewältigt die hierfür nötige Bewässerungswirtschaft durch ein hohes Niveau an politischer Zentralisierung und Entwicklung der Wissenschaft. Der Übergang in die Klassengesellschaft beruht auf einer Zentralmacht und deren
Beamtenapparat, die einerseits für die Produktion verantwortlich sind und andererseits für die Aufrechterhaltung des Grenz-Regimes im Norden an der Mauer. Anders als in Europa führte hier jede Destabilisierung der Zentralmacht unmittelbar in Katastrophen ungeheuren Ausmaßes. Jahrtausendelang pendelt die Lage im Land hin und her. Prosperitätsphasen begünstigen die Entwicklung von Großgrundbesitz, Großgrundbesitz demontiert die Zentralmacht, was Vernachlässigung der Bewässerungsanlagen und Verfall der Mauer zur Folge hat, Hungersnöte, Einfälle von außen, Revolten im Inneren treiben an einen Punkt, an dem eine neue Dynastie die Kräfte wieder sammelt, eine Agrarreform durchsetzt, den Großgrundbesitz enteignet oder zurückdrängt, das Kleinbauerntum fördert und einen neue Prosperitätsphase einleitet. Insgesamt ein unglaublich stabiles System, das bis in die Mitte des 19. Jahrhundert für ausländische Großmächte uneinnehmbar bleibt. Aber das eben auch die weitere Entwicklung hemmt, kein Städtewesen entwickelt mit einem Bürgertum als Entwickler und Inhaber neuer Produktionsmittel, keine Herausbildung eines modernen Proletariats.
Gerade China demonstriert am anschaulichsten die Besonderheit, wenn sich der Grundwiderspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen im Rahmen dominanter innerer Widersprüche entwickelt. Und es demonstriert damit auch, wie sehr die äußeren Seiten des Grundwiderspruchs in Europa und in den USA - im Großen gesehen - als Katalysatoren der Gesamtentwicklung gesehen werden müssen.
(Diese Ausführungen sind auch deshalb notwenig, weil einige Textstellen in unserer Broschüre (Sep. 2022) zur strategischen Verbindung Berlin - Moskau - Peking mißverständlich waren wegen des Begriffs „Achse“. Wir schließen jedwede imperialistischen Ambitionen Chinas aus, nicht nur wegen der nach wie vor proletarisch dominierten Produktionsverhältnisse in Form der KP Chinas, sondern auch wegen der Jahrtausende währenden Resilienz Chinas gegen Kolonisierung, äußerer Beherrschung und Unterwerfung, ergänzt durch einen ebenso langen Verzicht auf expansionistische Bestrebungen.) Punkt 1 zusammengefaßt: Die unmittelbar ökonomischen Interessen der besitzenden Klassen dürfen nicht überbetont werden. Sie ergeben in ihrer Gesamtheit zwar die allgemeine Stoßrichtung eines Wirtschaftskörpers, aber in ihrer jeweiligen Gegenwart ist nur ein kleiner TeilI dieser Interessen bekannt. Wir sind also darauf angewiesen, bei den sich gegenüberstehenden mächtigen Wirtschaftskörpern die übergeordnete allgemeine Bewegung aus dem Bewegungsprinzip von Konkurrenz und Monopol herzuleiten, aus der Gesetzlichkeit, dass Konkurrenten heranwachsen, die ein bestehendes Monopol angreifen. Damit kommen wir zum nächsten, sehr landläufigen Irrtum: Die Möglichkeit eines derartigen Angriffs auf ein Monopol von einem augenblicklich gegebenen Kräfteverhältnis abhängig zu machen.
Wir wissen, die USA haben immer noch jede Menge Wirtschafts- und Politikbereiche monopolisiert: Der Finanzmarkt z. B. die Kapitalisierung von Gewinnquellen, die weltweite Taxierung aller Unternehmen und Staaten durch Rating-Agenturen, das militärische Monopol innerhalb des Bündnisses aus Imperialisten und Nichtimperialisten namens NATO, und einige andere.
Negiere ich nun die Möglichkeit, ein Monopol anzugreifen aufgrund eines bestehenden Kräfteverhältnisses, dann bedeutet das nichts anderes, als dass ich theoretisch das allgemeine Bewegungsprinzip jeder Klassengesellschaft, den Motor der Gesamtentwicklung Konkurrenz und Monopol außer Kraft setze.
Warum tue ich das? Weil mir ein Bauchgefühl sagt, dass mir das bestehende Kräfteverhältnis Schwierigkeiten bereiten wird und es sicherer wäre, die Gewinnquellen, die ich habe, in Ruhe zu genießen, oder mich anderweitig auf der Welt zu bedienen und das Monopol in Ruhe zu lassen. Aber so funktioniert die Welt nicht. Die geschichts- und theorielose Betrachtung der Gegenwart führt zu dem Irrtum, dass der mächtigste Imperialist der einzige zu einer Strategie fähige Akteur sei, während die schwächeren zur Unterordnung und Abhängigkeit verdammt sind. Ja nicht einmal die Fähigkeit zur Vereinigung gegen den stärksten erscheint dabei als Option.
Hier liefert der historische Materialismus sehr drastische Beispiele dafür, dass unmittelbare Kräfteverhältnisse zwischen internationalen Akteuren beim Angriff auf eine Monopolstruktur nicht der entscheidende Faktor sind.
Wir erwähnten oben kurz den Niedergang der Zentralmacht im deutschen Reich des Mittelalters, den Aufstieg der Partikularmächte, die mit der Niederschlagung der frühbürgerlichen Revolution 1525 die revolutionären Kräfte im Bauerntum und in dem sich zur Klasse formierenden Bürgertum derart zur Ader lassen, dass von einem Reich keine Rede mehr sein kann. Dahinvegetierend kann dieses Gebilde nur dadurch überleben, dass es von konkurrierenden Großmächten Frankreich, Russland, Österreich umgeben ist, wobei Dänemark und Schweden auch noch mitspielen und England in Form des Fürstentums Hannover im Land steht. Der ökonomische Konkurrenzdruck, der von England und Frankreich ausgeht, zwingt die Partikularmächte im 18. und 19. Jahrhundert zu Veränderungen, die einerseits überhaupt nicht im Sinne der alten Feudalklasse sind: eine gewisse Stärkung des produktiven Bürgertums. Andererseits aber ergibt sich dadurch die Chance, die anstehende Reichseinigung auf dem Weg von Eroberungen und Annexionen zu vollziehen, also reaktionäre dynastische Expansionsbedürfnisse mit fortschrittlichen Einigungsbestrebungen des Bürgertums zeitweise in Einklang zu bringen. Natürlich ein überaus zynischer Plan, dessen Realisierung ungeheure Opferzahlen bedeutet und, wie so oft, weniger geplant als vielmehr von der Zwangssituation getrieben erfolgt. Als erster Schritt muss die Großmacht Österreich ausgeschaltet werden, dessen Feudaladel sich mit den Feudalrenten aus dem Habsburgerreich inclusive Ungarn, Böhmen und Mähren begnügt und diese nicht durch eine kapitalistische Entwicklung gefährdet sehen möchte. Als Kraft für eine Reichseinigung scheidet damit genau das Land aus, das mit dem Haus Habsburg seit Jahrhunderten den Kaiser stellt. Bleibt nur noch Preußen, das sich an der Ausschaltung Österreichs in die Position schiebt, die Enteignung aller anderen deutschen König-, Fürsten- und Herzogtümer einzuleiten. Mit Friedrich II. von Preußen findet sich derjenige Protagonist mit der nötigen Mischung aus Zynismus, Menschenverachtung, Draufgängertum, gewürzt mit etwas philosophischer, literarischer und musikalischer Bildung. In drei Kriegen, über 23 Jahre lang, erobert er Schlesien als Ausgangsbasis für die Industrialisierung Preußens und drängt Österreich ins zweite Glied zurück. Im entscheidenden dritten schlesischen Krieg, dem sog. 7-jährigen Krieg von 1756 - 1763 stehen Preußen als Gegner gegenüber: ein Bündnis der Großmächte Frankreich, Russland, Österreich, Schweden und im Reich selbst als Gegner das benachbarte Sachsen. Auf Seiten Preußens ist allein jene Macht, von dem der ökonomische Konkurrenzdruck auf die deutschen Lande wesentlich ausgeht: England. Vom gegebenen Kräfteverhältnis aus betrachtet, erscheint dieser Weg in die Reichseinigung unmöglich.
Aber Englands Motiv zur Unterstützung Preußens ist folgendes: Es steht in Amerika im Kampf gegen Frankreich um den Besitz der dortigen Kolonie. Jetzt wird es sehr spannend, weil die kriegerische Herstellung der Ausgangsbedingungen für die deutsche Reichseinigung von oben in engster Verbindung steht mit der Geburtsstunde einer Nation jenseits des Atlantiks, die sich als erste Nation über die Breite eines ganzen Kontinents vereinigt. Und diese Nation, die USA, dominiert heute die Weltlage. Wie gesagt, dieser kontinentale Einigungskampf ist eng mit dem Aufstieg der preußischen Kleinstaats in die Riege der Großmächte verbunden. England braucht die amerikanischen Kolonien, neben der indischen, um das Weltmonopol in der Textilproduktion behaupten und als führende Weltmacht aufsteigen zu können. An dieser Kolonie im Osten Amerikas mit den riesigen Baumwollplantagen hängt für England alles. Also rüstet es, um Frankreich am Kontinent zu binden, Preußen zur mordernsten Armee Europas hoch, mit dem modernen Steinschlossgewehr, neuester Artillerie, und stellt in Deutschland auf dem Territorium seines hannoverschen Besitzes gegen Frankreich ebenso viele Soldaten auf, wie es in Amerika stehen hat. Und was geschieht? Der Hasardeur Friedrich II. gewinnt den Krieg, besiegt nacheinander Sachsen, Frankreich, Österreich, Schweden, und als Russland nach dem Tod der Zarin aus der Koalition aussteigt und der Nachfolger, ein Verehrer Friedrichs II., Frieden schließt, zerfällt die Koalition gegen Preußen, was diesem die bevorstehende Niederlage erspart. Ein Hasardspiel von Anfang an, das dem preußischen König über Jahrhunderte die Verehrung nicht nur der reaktionärsten Kreise im Reich sichert, sondern ebenso im Bürgertum, das hier einen Weg sieht, unter dem Schutz des Feudaladels selbst aufzusteigen. Als Preußen 1848 die bürgerliche Revolution niederschlägt und damit den Weg einer Revolution von unten verhindert, ist es eben nicht nur die Angst der Bourgeoisie vor der Arbeiterklasse, die den Verrat des Bürgertums an sich selbst erklärt, sondern ebenso die außergewöhnliche Durchsetzungskraft einer historisch bereits zum Untergang verurteilten Klasse, sobald eine insgesamt fortschrittliche Ökonomie genügend Konkurrenzdruck aufgebaut hat. Augenblickliche Kräfteverhältnisse spielen dann keine Rolle mehr und politische Hasardeure finden sich immer, die alles auf eine Karte setzen und die Haupttendenz durchsetzen.
Nebenbei: Der sowjetische Historiker Urlanis hat zusammen mit dem DDR-Historiker Olaf Groehler berechnet, dass allein in diesem 7-jährigen Krieg „die Gesamtverluste der preußischen Bevölkerung auf mindestens 500.000 Menschen geschätzt werden (müssen). Die ungeheuren Menschenverluste (lagen) … prozentual höher als die Bevölkerungsverluste Deutschlands im ersten und zweiten Weltkrieg.“25 Während also England seine kapitalistische Textilindustrie über die Belieferung des Weltmarkts entwickelte, wuchs in Preußen der damals für den Kapitalismus wichtigste Produktionssektor aus der Belieferung des Militärs mit Uniformen. Die anhaltende Nachfrage daran ergab sich aus den Leichen eines 23 Jahre anhaltenden Kriegsgeschehens. Geldgeber wiederum England mittels der Profite aus dem Welthandel. Soweit nochmal zur Entwicklung des Grundwiderspruchs durch eine äußere und eine innere Seite. Und den Punkt 2 zusammengefaßt, dass momentane Kräfteverhältnisse bei der Durchsetzung einer übergeordneten Ökonomie nicht über die Haupttendenz der Ökonomie selbst entscheiden, sondern allenfalls über die Frage der Bündnispolitik, der Taktik und des Zeitpunkts der Realisierung.
Geschichte verläuft nicht nur in linearen Entwicklungen einer
vorgegebenen Richtung, sie besteht aus Haupttendenz und Gegentendenzen.
Auch heute stehen wir im Bann dieses Prinzips und vor der Frage: Was ist
die Haupttendenz, was die Gegentendenz, läßt sich beides nicht auch
vertauscht betrachten? Vertreten die deutschen Kontinentalstrategen die
Haupttendenz und die Transatlantiker die Gegentendenz, oder ist es
umgekehrt?
Übrigens, die Ost- oder Westorientierung beim Kampf um die
Weltherrschaft ist in der deutschen Politik ebenso alt wie der deutsche
Imperialismus selbst.
Engels gibt einen wertvollen Hinweis zur Lösung dieser Frage im Anti-Dühring: „Hiernach ist es klar, welche Rolle die Gewalt in der Geschichte gegenüber der ökonomischen Entwicklung spielt. … Nachdem sich die politische Gewalt gegenüber der Gesellschaft verselbständigt, aus der Dienerin in die Herrin verwandelt hat, kann sie in zweierlei Richtung wirken. Entweder wirkt sie im Sinn und in der Richtung der gesetzmäßigen ökonomischen Entwicklung. In diesem Fall besteht kein Streit zwischen beiden, die ökonomische Entwicklung wird beschleunigt. Oder aber sie wirkt ihr entgegen, und dann erliegt sie, mit wenigen Ausnahmen, der ökonomischen Entwicklung regelmäßig.“26
Engels sagt: Die Ökonomie gibt die Haupttendenz vor, und die Politik kann der Haupttendenz entsprechen, oder sie in Form von Gegentendenzen blockieren oder gar entgegenwirken. Das kann sie, weil sie in der modernen Klassengesellschaft eine verselbständigte Gewalt darstellt. Weil aber die Ökonomie sich immer wieder als eine ihr übergeordnete Macht erweist, muss sie sich immer wieder auf die ein oder andere Weise durchsetzen. Die Haupttendenz ist also theoretisch festgelegt ebenso ist dies auch die Gegentendenz. Wie sehr und wie lange die Politik die eine oder die andere Tendenz verfolgt, hängt von den konkreten Umständen ab. Wann und durch wen eine von der Politik gegen die Ökonomie verfolgte Gegentendenz korrigiert wird, kann die Theorie nicht verraten, das ist das Gebiet der Praxis, insbesondere der des Klassenkampfs.
Der Klassenkampf verfolgt die ökonomische Haupttendenz der kontinentalen und weltweiten staatlichen Einigung natürlich auch heute nicht unter der Losung der Vereinigten Staaten von Europa, sondern er vereinigt die Völker durch den Kampf um die proletarische Revolution. Und da kann es durchaus sein, und ist sehr wahrscheinlich, dass sich mehrere Länder eines Kontinents befreien, und dann der gesamte Kontinent, bevor die Weltrevolution insgesamt siegt. Die Bourgeoisie verfolgt die Kontinentaleinigung derzeit, um dem Konkurrenzdruck aus den USA zu begegnen. Die Arbeiter betreiben die revolutionäre Kontinental- und Welt-Einigung, um das Konkurrenz-/Monopolprinzip gänzlich aufzuheben. Was äußerlich ähnlich aussieht, ist inhaltlich konträr.
Ein ähnlicher Gegensatz bestand 1871 bei der deutschen Reichseinigung zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse. Deckungsgleich erschien oberflächlich auf beiden Seiten die Begrüßung einer politischen Gebietsvergrößerung. Bei den Arbeitern aber aus einem vollkommen anderen Grund als bei der Bourgeoisie. Die Bourgeoisie versprach sich von der Aufhebung der politischen Feudalstruktur, ökonomisch mit den Konkurrenten England und Frankreich, und beginnend auch schon mit den USA, mithalten und den Rückstand aufholen zu können. Die Arbeiter wußten, dass die Bourgeoisie, politisch an der Macht, die Produktivkräfte ganz anders entwickeln wird als bisher, was den Übergang zum Sozialismus erleichtert und die Aufhebung des Konkurrenz-/Monopolprinzips bedeutet. Beidemale, bei der Reichseinigung wie bei der Kontinentaleinigung, verfolgen Bourgeoisie und Arbeiter äußerlich gesehen das Gleiche, inhaltlich gesehen das Gegenteil.
Ein gravierender Unterschied bleibt: 1871 wußten die Arbeiter aus der Theorie, dass zwischen Feudalismus und Sozialismus eine Übergangsepoche unerläßlich ist, der Kapitalismus. 1) wegen der bessern Entwicklung der Produktivkräfte und 2) wegen der Verbesserung der Kampfbedingungen in der demokratischen Republik.
Dieser Epochenwechsel ist heute nicht gegeben. Zwischen dem Imperialismus und dem Sozialismus schiebt sich keine neue sozialökonomische Formation. Trotzdem steht die Frage, inwieweit das Betreben der europäischen Bourgeoisien einer territorialen Vergrößerung ihres Wirtschaftskörpers die Produktivkräfte entwickelt oder nicht. Wir erinnern uns, wie genau und konkret Lenin 1915 dieser Frage vom ökonomischen Standpunkt her nachgegangen ist und eben nicht prinzipiell beantwortete.
Die Frage der Produktivkräfte muss auch heute ernsthaft untersucht werden:
die Verlagerung der Energiebasis der BRD ins Ausland, verschlechtert die Möglichkeit der Revolution in diesem Land alleine. (Das bestreitet nicht die Möglichkeit der Revolution in einem Land in seiner Allgemeinheit.)
Die Internationalisierung der Produktion erfolgt an völlig unsinnigen Punkten, wie Transporten von Einzelteilen um den ganzen Erdball, damit sie an einem Punkt der Erde zusammengebaut werden. Zugleich forciert auch diese unsinnige Produktionsweise in weniger entwickelten Ländern die Industrialisierung und damit das Proletariat. Begünstig also die Weltrevolution.
Die Internationalisierung der Forschung zeitigt enorm große Fortschritte für die Produktivkräfte. (Beispiel Forschungen zum Quanten-Internet China-Österreich)
Und bei all den genannte Punkten ist konkret zu klären, welche den politisch-territorialen Zusammenschluss der kapitalistischen Staaten benötigen und welche nicht. Und relativieren nicht insgesamt die Fortschritte in der Digitaltechnik, der Übergang von der Mikro- zur Nanoelektronik, die Notwendigkeit territorialer Zusammenschlüsse?
Wissenschaft ist eben Wissenschaft, da kommen wir nicht herum.
Nachdem die europäische Kontinentaleinigung und eine weitergehende West-Ost-Verbindung durchaus das gesamte Weltgeschehen dominiert, kann an dieser Frage eine Periodisierung der imperialistischen Entwicklung vorgenommen werden.
1900 - 1945 Zwei gescheiterte Versuche des deutschen Imperialismus die Vereinigung Europas gewaltsam herbeizuführen. Im 1. Weltkrieg zeichnet sich zwar - wie wir in dem Lenin-Zitat gehört haben - die ökonomische Dominanz der USA bereits ab, die politische noch nicht. Der Hauptschlag des deutschen Imperialismus richtet sich aber noch gegen England, der damals führenden Weltmacht. (Jerussalimski spricht von einem deutsch-englischen Antagonismus.)
1945 - 1990 Umstellung der Integration Europas auf eine friedliche Taktik. Nicht aus einem Sinneswandel des deutschen Imperialismus heraus, sondern 1) weil das sozialistische Lager nicht nur jede Ostexpansion Bonns unterbindet, sondern auch an der Kolonialfront den Imperialismus weltweit zurückdrängt und friedliche Taktiken befördert. Und 2) - der Punkt, der bis heute wirkt - zwei verlorene Weltkriege brennen dem deutschen Monopolkapital eine Erfahrung tief ein: Aus jedem Versuch einer gewaltsamen Einigung Europas geht zwangsläufig die USA gestärkt hervor. Die kriegerische Einigung bewirkt also die Stärkung desjenigen Gegners, zu dessen Niederringung die Kontinentaleinigung betrieben wird. Sie wird sinnlos.
1990 - heute. Die Annexion der DDR ermöglicht der BRD eine Neuauflage einer West-Ost-Strategie, der Verbindung einer von Berlin dominierten EU mit einer von Moskau dominierten Eurasischen Union. Ausformuliert in einem Strategiepapier von Schäuble und Lamers am 1. September 1994: Kerneuropa mit Währungsunion und Einbindung Russlands in eine Gesamtstrategie, was Gorbatschow später aufgreift mit der Formulierung eine „friedliche deutsch-russische Achse“. Das Schlaue an Schäubles Vorstoß: ein ausgesprochener Transatlantiker entwickelt eine Strategie, die den USA erstmals einen ebenbürtigen Konkurrenten gegenüberstellt. der in der Lage ist, der führenden Weltmacht diese Position ebenso streitig zu machen, wie diese 100 Jahre zuvor die Weltmacht England entmachtete.27 Die Regierung Schröder forciert die Umsetzung taktisch unter der offen gegen die USA gerichteten Parole „Für eine multipolare Weltordnung“, die wortgleich auch Putin verwendet. Merkel tritt mit der Losung der Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostock auf, ebenfalls identisch mit Putins Linie und zeitgleich zum Scheitern der europäisch-amerikanischen TTIP-Verhandlungen. Die Ausweitung der deutsch-russischen West-Ost-Strategie auf China ab 2015 ist der Punkt, an dem die USA mit dem Ukraine-Krieg die Reißleine ziehen und ihr Verhältnis zu China zunehmend aggressiver gestalten. Ein NATO-Raketengürtel (mit Ägis-Ahore) um Russland ist die rote Line, deren Überschreiten in der Ukraine Putin - berechenbar wie bürgerliche Regierungen nunmal sind - militärisch versucht sein muss zu verhindern.
Seither ist die Haupttendenz der deutsch-russischen und der europäisch-chinesischen West-Ost-Strategie in der Defensive. Rein empirisch betrachtet, ohne historisch-materialistische Theorie im Hintergrund, stellt sich die Sache heute so dar:
Der deutsche Imperialismus ist schwächer als der US-Imperialismus, zu schwach, um dessen Position als führende Weltmacht mit welchen Mitteln auch immer anzugreifen
Die Militarisierung der gesamten Gesellschaft und der Ausbau des Militärs sprechen für eine transatlantische Ausrichtung Berlins
Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine ebenso.
Alle drei Punkte ändern ihre Beweisrichtung, sobald man die Strategie des deutschen Imperialismus als gezielte West-Ost-Strategie in Richtung einer Kontinentaleinigung als von der Ökonomie diktierte Haupttendenz betrachtet.
Aus 1. (Schwäche) wird die Notwendigkeit der Stärkung durch eine Kontinentalstrategie.
Aus 2. (Militarisierung) wird eine richtungsneutrale Stärkung auf militärischem Gebiet, insbesonders dann unerläßlich, wenn ein anderer Imperialist die offene militärische Aggression gegen andere Großmächte vorbereitet.
Bei 3. (Sanktionen und Waffenlieferungen) offenbaren die relativierenden und verzögernden Initiativen der Regierung Scholz ihren Charakter als spezifisch diplomatische Signale an die strategischen Partner im Osten: den Verbündeten im gegnerischen Lager der Nato. Das ist keine Ungeheuerlichkeit, sondern diplomatisch-taktischer Alltag. Zugleich beinhaltet die deutsche Chinapolitik ein außerordentlich deutliches Signal in Richtung USA: Ihr werdet bei einem Angriff auf China alleine dastehen, die EU wird nicht an eurer Seite stehen. Und wir werden aus eurem militärischen Vorgehen denselben Nutzen ziehen, den ihr in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts aus unseren kriegerischen Expansionen gezogen habt. So wenig die derzeitige Scholz-Taktik eine prinzipielle Friedensbestrebung ausdrückt, so sehr müssen wir ihr in der Frage der Verzögerung des anstehenden Weltkriegs einen größeren Zeitgewinn attestieren als unserem eigenen Antikriegskampf.
Dabei müssen wir beachten: In der Verfolgung der Kontinentalstrategie
ist die friedliche Taktik in keinster Weise in Stein gemeisselt. Immer
besteht die Möglichkeit, dass sich ein Hasardeur findet, der die
Erfahrungen aus zwei Weltkriegen ignoriert und bei der
Kontinentaleinigung wieder auf Krieg setzt. Auch dann kann er die
Haupttendenz verfolgen, weil die Kontinentalstrategie - wie wir seit
1900 sehen - nicht an eine bestimmte Taktik gebunden ist.
Die kriegerische Option wächst in dem Ausmaß, in dem sich von anderer
Seite her - ohne dass wir es verhindern könnten - ein Kriegsgeschehen
sich „normalisiert“ und im Alltag festsetzt.
Ob die deutsche Europa- und Kontinental-Strategie mit friedlichen Mitteln verfolgt wird und zu einem späteren Zeitpunkt zum Krieg gegen die USA treibt, oder ob sie aus Gelegenheit früher gegen andere Gegner mit kriegerischen Mitteln verfolgt wird, eine Antikriegsfront ist in jedem Fall aufzurichten. Natürlich darf sie nicht den Fehler begehen, den deutschen Imperialismus quasi aus Gewohnheit international als Hauptaggressor darzustellen. Das ist er, bei allem militaristischen Getrommel, nach wie vor nicht. Man darf auch nicht so tun, als ob man von dieser Frage absehen und die aktuellen Kriegsgründe, die Urheberrolle der BRD darin gerade durch ihre friedliche West-Ost-Strategie, verschweigen könne. Diejenigen, die wir gewinnen wollen, achten sehr genau darauf, ob sie mittels Übertreibungen für etwas gewonnen werden sollen, was ihrer Erfahrung nicht entspricht.
Wir kommen bislang auf folgende Losungen in der Frage des Antikriegskampfs:
Vollkommene Neutralität in allen internationalen Konflikten. D. h. Stoppt die Waffenlieferungen, Stoppt die Sanktionen gegen Russland, Rückholung aller Soldaten aus dem Ausland
Stoppt die Militarisierung der Gesellschaft, Bundeswehr raus aus Schulen und Universitäten, Kriegstreiber raus aus den Regierungen, Bundes- wie Länder-Regierungen
Kommt es zum Krieg, ist dieser - egal wer Aggressor und wer Angegriffener ist - in den revolutionären Bürgerkrieg umzuwandeln.
Letztere ist die alte Losung der Bolschewiki, die gegenüber den Friedensappellen einen gewaltigen Vorteil hat: Sie hält die Frage für unerheblich, wer den aktuell herrschenden Scheinfrieden gebrochen hat und richtet sich auch dann gegen den eigenen Hauptfeind, wenn dieser der Angegriffene ist. Wie wir aus der Geschichte wissen, werden die Völker weltweit genau in dieser Frage von ihren Regierungen standardmäßig betrogen. Genau für diese Frage sind aber die meisten, die durch Friedensparolen gewonnenen werden, viel zu empfänglich. Auch das wissen wir aus der Geschichte. Deshalb sagt Lenin: Das Proletariat wird mit Notwendigkeit auf die Seite der Vaterlandsverteidigung übergehen, wenn es über das Geheimnis des Kriegs im Unklaren bleibt. Antikriegsfront heißt auch, dass wir die Notwendigkeit der proletarischen Revolution anders herleiten als aus der absoluten Verelendung des Proletariats. Populär formuliert wird dies in einem Lied der Agitproptruppe Roter Wecker (in der Renate und ich mitarbeiten) aus dem Jahr 1990 im Kampf gegen die Annexion der DDR: „Laßt uns gemeinsam den Kampf beginnen und diesmal vor dem Krieg die Kriegstreiber bezwingen. Im Osten und Westen alle zugleich, wir kämpfen gegen das Großdeutsche Reich!“
Stephan Schindlbeck
Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: Lenin Werke, Bd. 22, S. 301 ↩
CDU/CSU-Fraktion des detschen Bundestages. Überlegungen zr eropäischen Politik. Bonn, 1994, S. 14 ↩
https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/vielleicht-gaebe-es-dann-heute-keinen-krieg-7458/
[https://www.youtube.com/watch?v=YU8TB628wW8](https://www.youtube.com/watch?v=YU8TB628wW8) ab Minute 25:00
Günter Verheugen, Petra Erler: Der lange Weg zum Krieg. Russland, die Ukraine und der Westen: Eskalation statt Entspannung. Heyne Verlag 2024 ↩
STRATFOR-Chef George Friedman 2015, zitiert in Der Freidenker 1-22, April 2022, S. 37 ↩
https://www.youtube.com/watch?v=QeLu_yyz3tc ab Minute 53:50 ↩
in der Weltwoche 7.9.23 ↩
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_100346236/olaf-scholz-verhinderte-wohl-von-der-leyen-als-nato-chefin-bericht.html ↩
https://www.welt.de/videos/video250145696/Roderich-Kiesewetter-Dieser-Kanzler-will-weder-Taurus-noch-will-er-eine-Nato-Mitgliedschaft.html ↩
Albert Ettinger: Die Nazis, Tibet und der Dalai Lama. Wie angesehene Tibetologen die Geschichte fälschen. Zambon Verlag 2020 ↩
A.S. Jerussalimski: Der deutsche Imperialismus. Geschichte und Gegenwart. Dietzverlag 1968 und Joachim Peck: Kolonialismus ohne Kolonien. Deutscher Imperialismus und China 1937. Akademie Verlag 1961 ↩
Fei He: Die Wirtschaftsbeziehungen der BRD mit der Volksrepublik China 1949 bis zur chinesischen Reform und Öffnungspolitik. De Gruyter Verlag Berlin 2024 ↩
Uwe Behrens Der Umbau der Welt. Wohin führt die Neue Seidenstraße. Edition ost, S. 63 ↩
Spektrum 7/22 ↩
Lenin Werke, Bd. 21, Berlin 1970, S. 343 ↩
Dem zitierten Satz vorausgestellt ist ein Passus, der lautet: „Ist jedoch die Losung der republikanischen Vereinigten Staaten von Europa im Zusammenhang mit dem revolutionären Sturz der drei reaktionärsten Monarchien Europas, an ihrer Spitze der russischen, völlig unanfechtbar als politische Losung, so bleibt doch noch die sehr wichtige Frage nach dem ökonomischen Inhalt und Sinn dieser Losung.“ Und dann folgt erst: „Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen …“ (ebenda) ↩
ebenda, S. 345 ↩
ebenda, S. 344 ↩
ebenda, S. 345 ↩
Um eine Einseitigkeit im mündlich gehaltenen Vortrag zu korrigieren, erfolgt hier in der schriftlichen Ausarbeitung folgende Änderung: Die ursprüngliche Unterüberschrift „Der Motor der gesamten Bewegung - Konkurrenz und Monopol“ ist ersetzt durch „Das zweite Bewegungsprinzip - Konkurrenz und Monopol“. Im danach folgenden Text wird kurz das erste Bewegungsprinzip, die Reproduktion der menschlichen Gesellschaft eingeführt. Ferner wird in einer eigenständigen Arbeit dargestellt, wie die Konkurrenz als zweites Bewegungsprinzip sich aus dem ersten ableitet. Und zweitens wird darauf hingewiesen, wie anhaltend Marx auf die ausstehende Untersuchung der Konkurrenz in Kapital III. drängt. ↩
Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW Bd. 13, Berlin 1978, S. 9 ↩
MEW Bd. 37, Berlin 1974, S. 465 ↩
Engels, Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaften (Einzelausgabe), Berlin 1989, S. 213 ↩
Schilfert, Deutschland von 1648 bis 1789 (Lehrbuch der Deutschen Geschichte, Beiträge), Berlin 1962, S. 25 ↩
Olaf Groehler, Die Kriege Friedrichs II., Berlin 1986, S. 154) ↩
MEW Bd. 20, Berlin, S. 169 f. (nicht im Vortrag:) Etwas ausführlicher der gleiche Gedanke in einem Brief von Engels an Conrad Schmidt vom 27.10.1890: „Die Rückwirkung der Staatsmacht auf die ökonomische Entwicklung kann dreierlei Art sein: Sie kann in derselben Richtung vorgehn, dann geht’s rascher, sie kann dagegen angehn, dann geht sie heutzutage auf die Dauer in jedem großen Volk kaputt, oder sie kann der ökonomischen Entwicklung bestimmte Richtungen abschneiden und andre vorschreiben - dieser Fall reduziert sich schließlich auf einen der beiden vorhergehenden. Es ist aber klar, daß in den Fällen II und III die politische Macht der ökonomischen Entwicklung großen Schaden tun und Kraft- und Stoffvergeudung in Massen erzeugen kann.“ (MEW Bd. 37, Berlin, 1974, S. 490 f.) ↩
Inwieweit hier das Veröffentlichungsdatum 1. September eine gegen Osteuropa gerichtete Schlagseite beinhaltet oder eine gegen die USA gerichtete mag hier dahin gestellt bleiben. Eine Drohung beinhaltet es allemal. ↩