Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Zwischenimperialistische Widersprüche mit Blick auf den Mittleren Osten (Türkei, Syrien)

Ausführungen von Hamza Yalçın; autorisierte Übersetzung von Cumhur Topak (ODAK)

11. Oktober 2020

Merhaba.

Das Thema unserer heutigen Konferenz ist, am Beispiel des Spannungsgeflechts oder der Beziehung zwischen Türkei und Syrien, zwischen-imperialistische Beziehungen oder Widersprüche in Nahost aufzuzeigen. Dadurch, dass im letzten Jahrhundert der real existierende Sozialismus zusammengefallen ist, begann eine neue Ära der Neuaufteilung im Nahen Osten bzw. der Gebietssicherungsbestrebungen. Diese Bestrebungen sind seit Beginn dieses Jahrhunderts intensiviert worden, was speziell das Thema sein wird. Im Zentrum dieser Spannungen ist massiv die Region in Nah-Ost. Nah-Ost als Begriffserklärung bzw. als Gebiets-Erläuterung ist aus eurozentrischer Sicht betrachtet die Region der arabischen, der arabischstämmigen Länder. Dieses Gebiet, über das wir sprechen werden, umfasst Westasien und weite Teile Nordafrikas, aber im engeren Sinn, den Bereich, wo hauptsächlich arabischstämmige und muslimisch religiöse Staaten angesiedelt sind.

Auf der Karte: Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate, Palästina, Irak, Israel, Katar, Zypern, Kuwait, Libanon, Ägypten, Syrien, Saudi-Arabien, Türkei, Oman, Jordanien - das sind einige der Namen, in dieser geographischen Region, über die wir jetzt sprechen. Um den Begriff noch mehr zu definieren kann man im weiteren Sinne von Nahost sprechen. Im Deutschen wäre es, glaube ich, treffender dazu Mittlerer Osten zu sagen. Dieser erweiterte Nahost Begriff umfasst weitere Teile Afrikas, wie z.B. Sudan oder Somalia, und aber auch in Asien z.B. Afghanistan und Pakistan [als Fernost]. Diese gehören auch zu diesem erweiterten Begriff. Aber unser Thema bezieht sich auf den Nah-Ost- Begriff im engeren Sinne, den wir zuvor schon kurz umrissen haben.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass Afrika, Asien und Europa sich rein geographisch in diesem Gebiet treffen. Es ist aber auch ein Gebiet, in dem in hohem Maße Erdölvorkommen, Erdgas und weitere Bodenschätze vorhanden sind. Hinzu kommt, dass Handelswege und weitere Energiewege dort aufeinandertreffen und sich schneiden, was sehr wichtig zu wissen ist. Das ist aber auch eine Region, in der sich sehr viele Kulturen und Ethnien und Religionen treffen. Das sind die Faktoren, die diese Region besonders wichtig erscheinen lassen, oder die Merkmale, die besonders hervorzuheben sind. Nahost ist das Gebiet, in dem die ersten Hochkulturen sich gebildet haben, z.B. die Sumerer, die Arkader, arkadische Kultur, die assyrische Kultur, die Babylonier. Die mesopotamischen Hochkulturen sind in dieser Region entstanden und haben sich entwickelt. Aber auch die antike griechische Hochkultur und die ägyptische Hochkultur sind Beispiele dieser Region. Auch ist es erwähnenswert in diesem Zusammenhang, dass diese Region der Entstehungsort oder der Erscheinungsort der drei größten theistischen Religionen ist, aber auch große Imperien sich in dieser Region gebildet haben z.B. das persische Imperium, das römische Imperium, das byzantinische Imperium. Auch das assyrische und das makedonische sind in dieser Region gewachsen und gefallen. Zuletzt ist diese Region vom osmanischen Imperium, vom Osmanischen Reich dominiert worden. In der folgenden Zeit wurde die Region durch Franzosen und Briten dominiert. Zuletzt ist die Vorherrschaft des amerikanischen Imperialismus in dieser Region zu verzeichnen. Wenn man mal davon absieht, dass es sehr viele Sprachen sind, die in dieser Region gesprochen werden, sind die drei dominierenden Sprachen: Arabisch, Persisch und Türkisch. Eine der wichtigsten Entwicklungen in dieser Region ist 1945 anzusetzen, und zwar ist es die beginnende oder stärkere Ölproduktion und -Förderung in Saudi-Arabien, Iran, Kuwait, Irak und der Vereinigten Arabischen Emirate. Auch zu erwähnen ist die Gründung Israels 1948, welches dort faktisch oder auch absichtlich oder gezielt zur Überwachung oder zur Kontrolle der Erdölförderung, als Stützpunkt zu sehen ist - für die Profite im Bereich Erdölförderung, -produktion und Wirtschaft und ist gleichzeitig auch Hüter der Profitinteressen der USA in dieser Region. In der Periode des Ersten Weltkriegs hatten das Vereinigte Königreich und Frankreich einen sehr dominierenden Einfluss auf diese Region. Auch Russland hatte immer Einfluss auf diese Region. Es wurden geheime Dokumente des Vertrags von Sèvres (1920) veröffentlicht [und die Türkei kommt zu einem Freundschaftsvertrag (von Kars 1921/22) mit Sowjetrussland]. Infolgedessen hat Russland seinen Einfluss schmälern lassen müssen seitens der anderen Mächte. Der Einfluss von Russland hat sich massiv nach der Oktoberrevolution da auch abgebaut. Im Weiteren hat sich da auch schon ein Interessen-, ein Einflusskonflikts gebildet, nämlich die Interessen seitens der Sowjetunion und des Ostblocks und der West Staaten. Auch Deutschland hatte in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg in der Phase des Imperialismus versucht, in dieser Region mit einem hohen Einsatz Vorteile zu erzielen. Aber nach der Niederlage im ersten Weltkrieg in der Allianz mit dem Osmanisches Reich ist es hier auch als starker Verlierer aus dieser Region rausgegangen. Nach Zerfall und Zusammenbruch der Sowjetunion hat Russland erneut Einfluss und Initiativ-Möglichkeiten in der Region ausüben können. China hingegen versucht seinen Einfluss auf diese Region nicht militärisch auszuüben, sondern befindet sich in einem regen wirtschaftlichen Austausch, versucht dort Einfluss zu nehmen, indem China seine Waren dort absetzt, aber auch seinen Energiebedarf aus dieser Region zu beziehen versucht. Am nächsten an dieser Region ist allerdings die Europäische Union, Zypern mit inbegriffen. Die Konflikt- und Kriegssituationen, die vorherrschen, führen dazu, dass die arabischen Völker weitgehend zerspalten und zersplittert werden. In der Phase nach der Gründung Israels bis 2000 kam ein verstärkter arabischer Nationalismus empor. Dieser Nationalismus ist aber nach 2000, nach den Geschehnissen in Irak, Libyen und auch zuletzt in Syrien ein bisschen gedämpft worden. Mit der Folge, mit dem Reflex, dass der palästinensische Widerstand in dem entsprechenden Gebiet ziemlich auf sich selbst gestellt belassen worden ist. Die Kurden in dieser Region sind nach der Besetzung Iraks und dem Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien etwas gestärkt hervorgegangen und nehmen auch eine immer wichtigere Rolle in der Region ein. Hiervon betroffen ist auch das Türkei-Gebiet, wo die Kurden hauptsächlich leben. Die Kurden sind hier als ein wichtiger Faktor in diesem Konflikt anzusehen und nehmen eine wichtige Rolle ein. Die Türkei hingegen selbst ist ein Staat, der im Nahen Osten stark versucht, laut seine Interessen zu bekunden, sie zu vertreten und zu sichern, schafft es währenddessen nicht, eigene nationale Interessen stabil zu halten und durchzusetzen. Unser Genosse Hamza sagt, dass er die Entwicklungen in Nahost aus der Sichtweise eines türkischen Revolutionärs analysiert und aus dieser Perspektive heraus bewertet.

Wie begann der Krieg?

Das werden wir jetzt im Weiteren näher betrachten. Denn diesen Krieg hat die USA begonnen. Mit dem Ziel, mit dem Zweck, dass sie - nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Wegfall dieser Macht - nach Möglichkeit dieses Gebiet stark unter ihren Einfluss und unter seine Dominanz nehmen wollte. Eines dieser Ziele war auch China, welches sehr stark gewachsen ist, in dieser Periode daran zu hindern, hier stärker Einfluss zu nehmen, es zu verhindern, dass Russland seine Rolle und seine Situation stabilisiert, auch zu verhindern, dass Russland, China und Iran im Wege einer Eurasien-Koalition und Allianz dort sich formiert und positioniert oder ihren Einfluss auch dort zu minimieren, auch zu verhindern, dass die Europäische Union unabhängig vorgeht und handelt. Für diese Zielsetzung ist quasi die Manöver-Region Nah-Ost auserkoren worden, auch wegen der strategischen Wichtigkeit dieser Gegend. Um diese Ziele zu verwirklichen war der erste Ansatzpunkt die Türkei; die Botschaft, die die Türkei da erhalten hat, war: setzt einen moderaten Islam um und propagiert ihn. Bezogen auf die kurdische Frage oder die kurdische Lösung. “Befolgt bitte den von mir präferierten Weg“, so die Botschaft der USA, die Kurdenfrage und die kurdische Lösung nach ihren Präferenzen auszugestalten. „Nehmt euch der Allianz mit der Barzani-Clan-Herrschaft an.“ Die Türkei würde im 21. Jahrhundert in dieser Region sehr große, massive Vorteile erlangen. Eine Lesart in diesen Forderungen war auch, dass das 21. Jahrhundert das türkische Jahrhundert sein werde. Aber die türkischen Eliten oder die Bourgeoisie haben dies eher kritisch zur Kenntnis genommen und positionierten sich kritisch demgegenüber. In dieser Phase war das Militär eine tragende Säule im Staat Türkei. Das Militär und auch die damals amtierende Ecevit-Regierung haben davor gewarnt, diese Versprechen entgegenzunehmen, sich darauf zu verlassen und diese Vorgaben umzusetzen. Aus diesem Grund ist die Ecevit-Regierung damals seitens der USA mit einem zivilen Putsch beseitigt worden. Gleichzeitig ist im Militär das Führungskader ausgewechselt worden seitens der USA. Während des zivilen Putsches gibt es eine Partei der Milli-Görüs-Bewegung, die Wohlfahrt-Partei; der Vorsitzender der Partei ist Erbakan. In dieser Partei war auch Recep Tayyip Erdoğan mitvertreten. Sie ist aufgelöst und beseitigt worden. Die USA haben sich mit Erdoğan dahingehend geeinigt und verständigt, dass er eine neue Partei gründen solle. Es ist Einfluss auf das Parlament genommen worden, dass vorgezogene Wahlen durchgeführt werden. Erdoğan hat dann in den nächsten Wahlen, die kurz nach der Gründung der AKP stattgefunden haben, deutlich gewonnen mit 34 Prozent der Stimmen. Diese 34 Prozent entsprachen dann aber 60 Prozent der Sitze im Parlament. Auch das ist eingestielt worden auf Initiative der USA. Und nach den Änderungen in der Türkei zeitgleich in dieser Phase hat ein Prozess in den USA begonnen, ein Prozess, der in engem Zusammenhang, im Kontext mit Afghanistan und Irak steht. Die USA und die USA-Ideologen und auch Vertreter einer bürgerlichen Ideologie haben nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion - das als kleine Rückblende eingeschoben - propagiert, dass ein Zeitalter von zunehmendem Wohlstand und Stabilität auf der Welt folgen werde. Eine dieser Aussagen war auch, dass die westliche Form der Demokratie gesiegt hat. Klassen sind mittlerweile ohne Bedeutung. Auch Imperialismus hat seine Rolle und seine Bedeutung verloren. Ein sogenannter Klassenkampf ist nicht mehr erforderlich, war auch einer dieser propagierten Aussagen. Der Zweck dieser Propaganda oder dieser Äußerung war es, die unterdrückten Klassen, Gruppen, Menschen und auch die Arbeiter, alle am Widerstand zu hindern. Demgegenüber waren sie selbst allerdings in Form des Neoliberalismus in einer starken Offensive, damit verbunden, in einem rapiden Klassen-Angriff. Diese sogenannte Wohlstands-Ära oder Stabilitäts- und Ruhephase-Ära ist allerdings 2001 mit dem 11.September - damit, dass die beiden Türme eingestürzt sind - beendet worden. Diese Ära nach dem 11.September - der vorwiegend so bewertet wurde, dass der Angriff vorhergesehen war, aber geschehen lassen worden ist – begann sofort einen Monat danach mit dem Angriff auf Afghanistan. Und obwohl in dieser Phase noch diese Stimmen oder diese Äußerungen diskutiert wurden, dass der Angriff bekannt war, wurde bereits am 7. Oktober 2001 Afghanistan angegriffen. Das als Ende der propagierten Wohlstandsära.

2002 ist die AKP Regierung, also die Partei, aus der Erdoğan als Vorsitzender der Partei hervorgegangen ist - als Modell eines moderaten Islams -gewählt worden. An die Seite dieser Regierung ist die sogenannte Gülen-Bewegung als Bindeglied seitens der USA gestellt worden. Die Gülen-Bewegung fußt oder lässt sich zurück datieren auf die 1965 in der Türkei gegründeten Vereine zur Bekämpfung des Kommunismus. Fethullah Gülen selbst war einer der Begründer und Vorsitzender dieser Vereine oder deren Vorreiter, auch einer jener Figuren, die diese massiv geführt haben. Diese Vereine, die Gülen-Bewegung und auch die AKP Regierung wurden in diesem Kontext in der westlichen Rezeption als eine äußerst demokratische Bewegung propagiert, lanciert und der Wahrnehmung präsentiert. Dahinter steckten Soros Anhänger, auch Liberale; auch sehr viele Linke haben sich davon überzeugen lassen. Damals wurde Erdoğan auch als demokratischer Held in Europa, in Deutschland wahrgenommen. Als der Angriff auf Irak begann, direkt nach Afghanistan, wurde verlangt, dass amerikanische Truppen in der Türkei stationiert werden können. Erdoğan hat es damals nicht geschafft, das Parlament von diesem Vorhaben zu überzeugen. Im gleichen Zuge kam die Äußerung in Richtung USA: Ich habe alles versucht, aber das Militär hat dies nicht gewollt. Die USA hat in diesem Zusammenhang das Militär in der Türkei kritisiert und unter Repressionen gestellt. Die Besetzung Iraks im Jahr 2003 hingegen erfolgte nicht so schnell, wie sie ursprünglich gewollt war. Der Irak hatte Widerstand geleistet, hat sich widersetzt. Die USA dachte wohl, dass das irakische Volk Amerika mit Blumen empfangen werde. Als Widerstand im Irak erfolgte, hat Amerika noch eine Weile damit gewartet, die Türkei etwas anders zu gestalten. Um eine Offensive in diesem Bereich mit einer neuen Welle zu intensivieren, kam im Jahr 2011 der sogenannte arabische Frühling als Einleitung dieser Phase. Der arabische Frühling waren eigentlich Geheimdienstoperationen. Er wurde aber im Westen und in der Welt als eine demokratische Befreiungsprozedur gefeiert oder auch gezeigt. Ähnlich vergleichbar damit, wie die AKP seinerzeit und die Gülen-Bewegung in der Türkei präsentiert wurde. In Libyen ist Gaddafi getötet worden. In Ägypten wurden die Muslimbrüder an die Führung gesetzt. Später kam dann der Angriff oder die Offensive nach Syrien. Es wurde gesagt, wir machen aus Nahost eine Art Europa und Irak sollte eine vergleichbare Rolle wie Deutschland spielen. Die Zerstörung der Region erfolgte gezielt und absichtlich. Dahinter steckte die Zielsetzung, dass Israel seine Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten auf die Region verstärken sollte und damit einhergehend alle Kräfte, die sich Israel entgegenstellen konnten, zu unterdrücken und zu beseitigen. Anstelle von Freiheiten und Demokratie ist aber im Nahen Osten der sogenannte IS, die ISIS [oder Daesh] gekommen und in der Türkei hingegen ist ein faschistischer Islam mit der AKP-Regierung eingetreten. Syrien hat sich dem Ganzen widersetzt, es kam Widerstand. Syrien wurde von 100 Ländern gleichzeitig attackiert, nämlich Dschihadisten, die aus 100 Ländern eingereist waren.

Die Erdoğan-Türkei hat in dieser Offensive die bedeutendste Rolle gespielt. Es wurde gesagt, Syrien fällt innerhalb kürzester Zeit. Das war eines ihrer Versprechen. Aber Syrien leistete Widerstand. Iran hat Syrien unterstützt in dieser Phase mit dem Bewusstsein, dass als nächstes Iran an der Reihe sein würde. Russland wusste, dass auch Russland in Mitleidenschaft gezogen würde und hat es verhindert, dass Syrien genauso wie Libyen zerfällt, zerstört wird. Als Syrien Widerstand leisten konnte, zerfiel die Allianz, die sich gebildet hatte, um die Region unter Kontrolle zu nehmen. Saudi-Arabien hat Erdoğan im Stich gelassen. Auch Amerika hat nicht mehr wie zuvor Unterstützung geleistet. Mit der Folge, dass Erdoğan allein verblieben ist in der Türkei im Jahre 2013. In diesem Jahr hat die Bevölkerung, das Volk zum Ausdruck gebracht, dass sie Erdoğan nicht mehr wollte.

Der so genannte Juni-Widerstand, auch bekannt als Gezi-Protest, entstand. Millionen von Menschen haben protestiert für die Dauer von 25 Tagen. Dieses Foto, das wir jetzt gerade sehen, ist damals entstanden während der Gezi-Proteste und der Bewegung im Juni. Erdoğan verlor die Verbündeten im eigenen Land, das heißt, er war im Syrien-Konflikt allein gelassen worden. Einhergehend mit dem Reflex Juni 2013 Gezi-Proteste und in der Folge verlor Erdoğan auch seine Verbündeten in der Türkei. Gemeinsam mit der Gülen-Bewegung hatten sie eine islamistische Diktatur. Im Weiteren sind sie in einen Wettkampf um die Vorherrschaft eingetreten. Erdogan hat die Gülen-Bewegung im Zuge dessen dann eliminiert oder beseitigt. Als Folge davon kam dann am 15. Juli 2016 ein Putsch-Versuch von Teilen des Militärs. Ein Jahr nach dem erfolglosen Putsch wurde die sogenannte Gülen-Bewegung verboten. Es wird gesagt, dass die Gülen-Bewegung weitestgehend Zuflucht in Deutschland gefunden hat und sich dann hierher verlagert hat. Diese Gruppe zeigt sich gerne in der Rolle der Verfechter von Menschenrechten. Es gelingt ihnen sogar linke Propaganda zu betreiben. Es ist sogar so, dass viele Linke, ohne diese geschickte Propaganda zu durchschauen, sie verbreiten und quasi reflexartig unterstützen.

Wir kommen zu den Resultaten, die wir jetzt vorfinden. Amerika hat es nicht ganz geschafft, seine Ziele umzusetzen, hat es aber geschafft, das Wachstum der Initiative Israels zu begünstigen. Irak, Libyen und Syrien, welche Palästina unterstützt hatten, wurden beseitigt. Im Wege des Abraham Abkommens [zw. den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Staat Israel] wird Iran belagert mit einigen arabischen Staaten unter Einbeziehung der militärischen Bestrebungen Aserbaidschans, Indiens und Pakistans gemeinsam mit dem Nato-Stützpunkt in Malatya. Israel ist derzeit im Mittelmeer auf Erdöl-Suche und bei der Erforschung gemeinsam mit europäischen Staaten sehr aktiv. Israel ist auch im Sudan aktiv und hat diesen Staudamm in Äthiopien bauen lassen. Es gibt auch viele arabische Länder, die im Begriff sind, sich mit Israel in Bündnisse zu begeben. Dieses Bündnis oder diese Vereinbarungen haben zum Ziel, sich gegen Iran zu positionieren. Auf die Türkei wird Druck ausgeübt, sich mit Israel zu verbinden. Dies nützt Israel sehr. Alles, was Türkei gegen Syrien unternimmt, nutzt Israel und damit also auch mittelbar den USA.

Jetzt kommen wir auf die Rolle und die Pläne, die Kurden betreffend zu sprechen. Kurden haben im Irak die Besetzung, wenn auch nicht sehr aktiv, dann doch merkbar unterstützt. Auch in Syrien haben sie ja nach einiger Zeit begonnen, zusammen mit der USA zu operieren, denn die USA gewährt ihnen Schutz. Aber sie sind bei dem Ganzen sehr wachsam und vorsichtig, denn sie möchten es vermeiden zum Handlanger der USA zu werden. Denn USA könnte auch die Kurden bedrohen und entsprechend unterdrücken. Erdoğan hat im Weiteren einige kurdische Städte besetzt, beispielsweise Afrin. Die Kurden haben es geschafft, in Syrien mit der Unterstützung der USA in einer strategisch wichtigen Region sich niederlassen zu können. Es ist nördlich vom Euphrat. Dort finden wir 90 Prozent des syrischen Erdölvorkommens, auch 60 Prozent der Agrarflächen und auch 60 Prozent der Wasserquellen. In dieser Region, wo die Kurden sich haben niederlassen können, werden all diese Schätze kontrolliert. In dieser Region, die sie kontrollieren können, befinden sich 30 Prozent der kurdischen Bevölkerung, die anderen Minderheiten sind Araber, Turkmenen und andere Minderheiten. USA übt ein sehr strenges Handels- oder Wirtschaftsembargo auf Syrien aus.

Die Situation der Kurden in Syrien ist verglichen mit dem Rest Syriens recht gut. Das hat aber die Folge, dass Araber im restlichen Syrien ein Anti-Haltung ihnen gegenüber einnehmen. Das heißt, dass eine Reaktion darauf sich anbahnt. USA hat weitestgehend es geschafft, die Ziele umzusetzen. Allerdings Iran, Russland und China schaffen es weiterhin, sich den Plänen entgegenzusetzen und sich zu widersetzen. Syrien ist nach wie vor nicht gefallen oder ist noch nicht gestürzt. Wenn nämlich Syrien fällt, wäre die Folge, dass Russland noch weiter unter Druck genommen wird und auch Iran belagert, noch stärker belagert und offensiv angegriffen werden kann.

Deutschland ist sehr aktiv in Nahost. Warum ist Deutschland aktiv? Deutschland ist als Vorreiter oder vorherrschende Kraft innerhalb der EU aktiv in dieser Region. Deutschland hat Interesse an Energie, und auch wirtschaftliche und Handelsinteressen dort in der Region. Gleichzeitig ist es aber so, dass Nah-Ost sich gleichzeitig in Deutschland befindet mit den Arabern, Kurden, Türken, mit den Afghanen. Alle diese Widersprüche aus der Region haben also ihren Reflex oder ihre Widerspiegelung in Deutschland. Denn der Migrantenanteil in Deutschland, der Migrantenanteil von Europa polarisieren sich gegeneinander aufgrund der Entwicklungen in Nahost. Das heißt, die europäische Bevölkerung und diese migrantische Bevölkerung polarisieren sich gegenseitig wegen der parallel verlaufenden Entwicklung in Nahost. Nach dem arabischen Frühling kamen nämlich sehr viele arabische Flüchtlinge hierher. Allerdings werden diese Flüchtlinge einmal vom Bürgertum, aber auch vom Faschismus ausgebeutet. Denn diese beiden brauchen nämlich einen Feind. Der Islam wird als eine große Gefahr aufgezeigt, der hohe Migrantenanteil wird als eine Hauptursache für steigende Kriminalität bewertet und vorgezeigt, wobei eigentlich Kriminalität ein Produkt des Systems selbst ist. Man darf nicht vergessen, dass der Islam oder Muslime in diese Rolle auch unter dem Mitwirken des Westens geraten sind. Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir Feindschaften, die sich hier in Deutschland zwischen Arabern, Türken, Kurden, Afghanen, Armeniern, Aserbaidschanern- und ich könnte es weiter fortsetzen - ergeben, in freundschaftliche Beziehungen umwandeln, damit eben diese Entwicklungen auch nicht in dieser Weise ausgenutzt werden können. Auch ist wichtig, dass wir uns dagegenstellen, dass die Islamophobie sich nicht weiter entwickelt in Deutschland und Europa, sie versuchen zu bekämpfen. Deswegen ist es wichtig, dass aus allen Ethnizitäten sich hier Migranten zusammenfinden und wir uns vereinen. Wichtig ist, dass unsere Differenzen [Unterschiede] auch unser Reichtum sind. Es ist wichtig zu erkennen, dass unsere Differenzen nicht entgegengesetzt genutzt werden. Daher ist es umso wichtiger, dass wir mit den Problemen, die wir auf der Grundlage unserer Herkunftsländer haben oder erleben, miteinander Seite an Seite gegen unsere eigentlichen Feinde stellen. Der Hauptfeind ist in unserem eigenen Land, auch in unseren Herkunftsländern, auch in Europa, wo wir leben. Auch wir sind Teil des Volkes, der Bevölkerung in Europa, wo wir leben. Deswegen müssen wir uns auch in den Klassenkampf in Europa einreihen, einfügen, mit unterstützen, uns dort wiederfinden. Der größte Feind in Europa nutzt die Migranten dafür aus, um ein autoritäres Polizeistaat-System zu etablieren. Damit verbunden ist, dass der Staat, die Polizei und auch andere Einrichtungen diese negativen Entwicklungen unterstützen.

Der größte Feind in der Türkei ist

in die Rolle des Schutzpatrons der Türken hier geschlüpft.

Die Migranten müssen aber sich in die Reihen der deutschen Linken eingliedern, an der Seite von deutschen Kommunisten und Sozialisten. Die Welt wird neu geordnet, neu aufgebaut. Migranten müssen sich aus einem introvertierten Nationalismus befreien. Herausschälen. Es ist wichtig, dass wir die Sprachen der Länder lernen und noch besser lernen, in denen wir leben. Wir müssen aber auch die Arbeiterbewegung in den Ländern genau und gut kennen, in denen wir leben. Wir müssen die sozialistische Bewegung sehr gut kennen und erkennen, müssen in diesen Bewegungen aktiv sein.

Uns wurde Demokratie versprochen, Freiheit versprochen. Es wurde gesagt, es kommt Frieden und Wohlstand, Ruhe und Stabilität in die Welt. Es wird aber immer schlimmer. Kapitalismus schafft es noch Schlimmeres zu produzieren. Auch wir müssen in Erscheinung treten. Wir müssen sagen, uns gibt es auch. Und wir sind hier und müssen unseren Platz dort finden, wo die Arbeiterbewegung, die sozialistische Bewegung in Deutschland stattfindet. Wir können vieles verändern. Wenn wir uns widersetzen, können wir gewinnen, wenn wir Widerstand leisten. Wenn wir uns ergeben, werden wir zerfallen. Wenn wir Widerstand aufbauen, werden wir gewinnen. Ich danke euch, dass ihr mir zugehört habt. Wir danken, dass sie uns zugehört haben. Dankeschön.

Anmerkung: Beifügungen sind in eckiger Klammer kenntlich: [..]