Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Erfordert die Rechtsentwicklung neue strategische und taktische Überlegungen?

Heinz Karl

Mai 2019

Die Rechtsentwicklung ist kein Wunder, sondern zunächst einmal die Folge imperialistischer Entwicklung und imperialistischer Politik. Imperialistische Herrschaft und imperialistische Po­litik ist - von den Grundlagen her - immer rechtslastig, auch wenn sie sich einen demokrati­schen Anstrich gibt, unterschiedliche Methoden anwendet.

Man hat es als Grundlagen, Rahmenbedingungen der Rechtsentwicklung neben dem im­perialistischen Expansionsdrang vor allem mit krisenhaften Ergebnissen der imperialisti­schen Entwicklung zu tun, etwa den sozialen Folgen der (vom Kapital beherrschten!) wissen­schaftlich-technischen Revolution, struktureller Massenarbeitslosigkeit bzw. Prekarisierung, Sozialabbau, Existenzunsicherheit und als deren Folge Zukunftsangst. Sie werden verschärft durch die anlaufende digitale Revolution.

Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut als Folgen kapitalistischer Konkurrenz führen zu Migrationskrisen, neokoloniaie Interventionskriege zu Massenfluchtbewegungen.

Diesen Krisenmomenten sucht man seitens der Herrschenden durch verschärfte antide­mokratische Unterdrückung und Regulierung zu begegnen.

„Von unten" gibt es darauf verschiedenartige Reaktionen - auch eine dem Wesen nach nationalistische, rassistische Frontstellung gegen sozialpolitische und ökonomische „Konkurrenten". Dabei müssen wir davon ausgehen, dass dieses Moment der ökonomischen Konkurrenz zwischen den Alteingesessenen und den Zugewanderten in den nächsten Jahren erst richtig zum Zuge kommen wird, dass wir dann mit einer noch stärkeren Welle von Frem­denfeindlichkeit usw. rechnen müssen.

Was ist in dieser Richtung - um auf die Fragestellung nach neuen strategischen und takti­schen Überlegungen zu kommen - zu verändern bzw. zu verstärken? Meines Erachtens geht es vor allem um vier Schwerpunkte.

Zum ersten ist natürlich die internationalistische Aufklärung gegen Nationalismus und Rassismus richtig - aber sie genügt bei weitem nicht! Die Wahlergebnisse zeigen, dass un­sere „prinzipiellen Argumente" kaum greifen! Sie sind vollkommen richtig, aber sie hinterlas­sen einen viel zu geringen Eindruck. Sie müssen unbedingt ergänzt werden durch konkrete soziale Maßnahmen und Perspektiven, die überzeugend dargeboten werden.

Ein zweites Moment: Notwendig ist ein viel stärkerer Druck auf den Staatsapparat und die parlamentarischen Institutionen der verschiedenen Ebenen, um reale Schritte gegen die Rechte durchzusetzen, insbesondere auch gegen die rechte Beeinflussung und Infiltration des Staatsapparats.

Zum dritten sind unbedingt - auch weiterhin - möglichst breite antifaschistische Bündnis­se anzustreben. Sie können gar nicht breit genug sein! Das bringt natürlich bedeutende takti­sche Probleme mit sich.

Und viertens ist zweifellos von größter Bedeutung ein erfolgreicher Kampf um die Straße.

Begriffe wie Einheitsfront und Volksfront - sind sie noch (und wenn ja, inwiefern) hilfreich für die heutige politische Praxis?

Auf die Frage würde ich ganz einfach und banal antworten: Ja - und Nein! Als theoretische Kategorien sind sie nicht zu entbehren. In der politischen Praxis könnten sie auch auftreten.

Was die theoretischen Kategorien „Einheitsfront" und „Volksfront" betrifft:

Die Einheitsfront als politische Losung ist historisch entstanden als Bezeichnung für ein politisches Bündnis verschiedener Richtungen der Arbeiterbewegung. Ein solches Bündnis hat auch heute seine Daseinsberechtigung. Angesichts der noch zunehmenden Vielgestaltig­keit, der strukturellen Differenziertheit der Klasse der Lohnabhängigen vielleicht mehr denn je. Aber das bezieht sich auf sein politisches Wesen. Wie es sich nennt, wird von der konkre­ten Situation, den konkreten Initiativen abhängen. Marxisten, Kommunisten werden wohl nicht Schilder mit „Einheitsfront" vor sich hertragen und sagen: Wer dafür ist, mit dem gehen wir zusammen! Sie werden sich da eher etwas zurückhalten.

Mit der Volksfront ist es im Prinzip ebenso. Sie ist vielleicht die wichtigste theoretische Kategorie im Bereich der marxistischen, kommunistischen Bündnispolitik, weil sie deren er­folgreichste und wirkungsvollste Realisierung zum Ausdruck brachte. Aber schon im antifa­schistischen Kampf während des Zweiten Weltkrieges wurde sie ja auch unter anderen Be­zeichnungen realisiert - als Nationale Front, Vaterländische Front usw. Auch hier wird heute alles durch die konkrete Situation bestimmt werden.

In der politischen Praxis - und danach wurde ja direkt gefragt - kann es nur darum ge­hen, die theoretischen Ideen unter den verschiedensten Umständen, diesen entsprechend zu realisieren. Welchen Namen sie diesem Kind ihres Handelns dann geben, können nur die jeweiligen Akteure entscheiden.