Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Braucht das Kapital den Faschismus an der Macht?

Und können Faschisten gegen Kapitalinteressen handeln und sein?

Heinz Karl

Mai 2018

Wie die Geschichte zeigte, entstanden faschistische Strukturen des bürgerlichen Staates - in ausgereifter Form: faschistische Diktaturen - zwischen den beiden Weltkriegen. Und zwar in Auseinandersetzung mit den Ergebnissen des ersten - imperialistischen - Weltkriegs und im Zuge der Vorbereitung des zweiten zur Korrektur dieser Ergebnisse. In beiden europäischen Großmächten, in denen die Entwicklung des bürgerlichen Staates in eine faschistische Herrschaftsform mündete, ergab sich dies aus Gründen sowohl ihrer inneren Entwicklung als auch ihres internationalen Agierens. Für das imperialistische Deutschland hatte die auf politische und ökonomische Machterweiterung gerichtete Aggression zum gegenteiligen Ergebnis geführt und die Macht der herrschenden Klasse ernsthaft erschüttert. Eine erfolgreiche Revanche setzte Anstrengungen und Massenbelastungen voraus, denen ein bürgerlich-parlamentarisches Regime nicht gewachsen war. Auch für den italienischen Imperialismus standen Erwartungen und Resultate seiner Kriegsteilnahme in keinem Verhältnis und die sich aus ihr ergebenden inneren Konflikte verschärften sich. In meinen weiteren Darlegungen beschränke ich mich - schon aus Zeitgründen - auf die Entwicklung in Deutschland.

Die Entwicklung des Interesses an der Etablierung eines faschistischen bürgerlichen Regimes, das Überlegen entsprechender Konzepte, deren strukturelle Umsetzung im Staatsleben, das Finden geeigneter partei- und massenpolitischer Organisationsstrukturen und die Herstellung entsprechender politischer Kombinationen durchliefen bis zur Realisierung einer faschistischen Diktatur 1933 im Grunde drei Phasen: 1918/19-1923, 1923/24-1928/29 und 1929-Januar 1933. Bestimmt und geprägt waren sie durch die Entwicklung und Veränderung des Kräfteverhältnisses der Klassen.

1918/19 - 1923

Die Novemberrevolution hatte die parlamentarische Republik und einige soziale Zugeständnisse an die Arbeiterbewegung erzwungen. Folgende Vorstöße der bürgerlich-junkerlichen Reaktion zu deren Rücknahme - wie der Kapp-Putsch - scheiterten. Aber das kapitalistische Eigentum wurde nicht angetastet, der Staatsapparat - insbesondere Militär, Polizei und Justiz - blieb fast unverändert, die sich rasch entwickelnden Medien befanden sich fast ausschließlich in den Händen des Kapitals.

Zu politisch-ideologischen Institutionen der Bourgeoisie und des Junkertums, die sowohl der Propaganda als auch der Strategiebildung dienten, wie dem Alldeutschen Verband, kamen weitere, wie die Antibolschewistische Liga. Unter einer Vielzahl konkurrierender ultrareaktionärer Organisationen war z.B. in München, vom dortigen Reichswehrkommando gesteuert, die „Deutsche Arbeiterpartei“, seit 1919/20 zunehmend politisch dominiert, seit Juli 1921 auch offiziell geführt vom Ex-Gefreiten Adolf Hitler, die sich seit Februar 1920 „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ (NSDAP) nannte. Gewichtiger als diese Kleinorganisationen war der am 13. November 1918 in Magdeburg vom Spirituosenfabrikanten und Hauptmann d. Res. Franz Seldte gegründete „Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten“, der in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre etwa eine halbe Million Mann erfasste. Ihnen allen gemein waren - und das ergab sich aus der konkreten Situation des imperialistischen Deutschland seit 1918 - Chauvinismus und Revanchismus.

Die Bedeutung dieser Erscheinungen für die Konsolidierung und Profilierung der bürgerlich-junkerlichen Reaktion bestand darin, dass ihre politisch-theoretische Debatte, ihre Vernetzung und damit auch ihr Handlungsdrang befördert, ihr Kaderbestand und politischer Einfluss vermehrt wurden. Die Errichtung der faschistischen Diktatur in Italien im November 1922 motivierte sie erheblich. Von 1918/19 an war das Interesse von Wirtschaftskreisen an solchen faschistoiden Kernen und eine entsprechende Einflussnahme auf sie gegeben. Dass von ihnen angezettelte Putsche scheiterten (Küstrin, 1. Oktober; München, 8./9. November 1923), darf nicht über ihre Gefährlichkeit hinwegtäuschen.

Von großem Gewicht für die weitere Entwicklung der Weimarer Republik nach rechts waren zwei Handlungsstränge der Regierung, die sich formell auf Bestimmungen der Weimarer Verfassung stützten. Zum einen die Befugnis des Reichspräsidenten, gemäß Art. 48 gegen Landesregierungen vorzugehen (Reichsexekution), auch unter Einsatz bewaffneter Gewalt. Zum anderen die Möglichkeit, auf Grund eines Ermächtigungsgesetzes des Reichstages oder des Art. 48 sog. Notverordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen, d.h. ohne Parlament zu regieren. Mit ersterer Methode liquidierte Reichspräsident Ebert (SPD) Ende Oktober 1923 die verfassungsmäßig gebildete sozialdemokratisch-kommunistische Koalitionsregierung in Sachsen. Gestützt auf das Ermächtigungsgesetz vom 8. Dezember 1923 wurden mit 63 Notverordnungen die Lasten der Überwindung der Inflation auf die Massen abgewälzt.

1923/24 - 1928/29

Die 1924 einsetzende und 1927/28 ihren Höhepunkt erreichende Wirtschaftskonjunktur bewirkte, dass die deutsche imperialistische Bourgeoisie die parlamentarische Demokratie zunehmend als Hemmnis der Profitmaximierung und einer erneuten imperialistischen Expansion empfand. Bereits im November/Dezember 1927 forderten die Unternehmerverbände von der Regierung, „den Kampf mit der Masse und mit dem Reichstage“ aufzunehmen, legislative und administrative Veränderungen zu vollziehen, die „eine sehr einschneidende Verfassungsänderung“1 bedeuten würden. Im September und Dezember 1929 forderte der Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI) einschneidende sozialreaktionäre Maßnahmen und erklärte offen, dass dies unter einem parlamentarischen System nicht durchführbar sei und deshalb auf die Ausschaltung des Reichstags Kurs genommen werden sollte. Es wurde die Forderung nach „einer festen und beständigen Regierung, die durchzugreifen ernsthaft gewillt ist“2 und nach einem Ermächtigungsgesetz erhoben.

Diesen Intentionen des Großkapitals entsprachen Bestrebungen der Militärs. Bereits in der Regierungskrise Ende 1926 war aus dem Reichswehrministerium dem Reichspräsidenten empfohlen worden, eine entschieden rechts orientierte Regierung zu berufen (was auch geschah), und für den Fall, dass eine solche nicht zustande käme, die Einsetzung eines Präsidialkabinetts gemäß Art. 48 3

1929/30 - Januar 1933

Seit dem Frühjahr 1929 durch Kreise des Finanzkapitals und der Reichswehrführung vorbereitet, wurde im März 1930 die Regierung der Großen Koalition gesprengt und die SPD von ihren bürgerlichen Koalitionspartnern aus der Regierung verdrängt. Nun setzte Reichspräsident v. Hindenburg ein Präsidialkabinett unter dem Zentrums-Politiker Brüning ein, das zunehmend - und bald überwiegend - mit präsidialen Notverordnungen (statt parlamentarischer Gesetze) regierte.4

Damit wurde der erste, grundlegende Schritt auf dem Wege in die faschistische Diktatur getan.

Das parlamentarische Regierungssystem wurde schrittweise abgebaut, die demokratischen Rechte und Freiheiten rigoros eingeschränkt. Der Polizeiapparat schützte die Nazis und ähnliche Kräfte; gegen Kommunisten und andere Linke ging er mit - oftmals blutigem - Terror vor. Nicht nur Kommunisten, auch Pazifisten, Freidenker, aufrechte bürgerliche Demokraten (wie Carl v. Ossietzky) unterlagen einer rigiden politischen Verfolgung. Jetzt gewann die Reichswehrführung maßgeblichen Einfluss auf die Innen- und Außenpolitik.

Gefördert und noch gefährlicher wurde dieser Prozess durch eine von dieser Rechtsentwicklung (seit 1927!) ausgelöste und vorangetriebene Umschichtung im bürgerlichen Parteiensystem und seiner Wählerbasis. Begünstigt durch die sich seit 1929/30 entfaltende Weltwirtschaftskrise mit ihren sozialen und mentalen Auswirkungen gelang es der (1928 noch marginalen, ja rückläufigen) faschistischen Nazipartei Hitlers, bei der Reichstagswahl im September 1930 auf Kosten der anderen bürgerlichen Parteien zweitstärkste Partei nach der SPD und wählerstärkste bürgerliche Partei zu werden, während die anderen bürgerlichen Parteien erhebliche Einbußen erlitten oder in die Bedeutungslosigkeit versanken. Ihr Wahlerfolg zeigte, dass sie es besser als ihre - auch bereits durch Regierungstätigkeit kompromittierten - bürgerlichen Konkurrenten verstand, breite Massen durch nationalistische Hetze und soziale Demagogie für eine extrem reaktionäre Politik zu mobilisieren und von den anderen bürgerlichen Parteien enttäuschte Wähler aufzufangen.

Bereits am 6. Oktober 1930 traf Brüning sich insgeheim mit Hitler und bot ihm eine Zusammenarbeit einschließlich Regierungskoalitionen an.5 In der Folgezeit betrieb er, immer bestärkt durch die Reichswehrführung, die baldmöglichste Einbeziehung der Nazis in die Regierung. Noch engere Kontakte zu den Nazis hatte General v. Schleicher vom Reichswehrministerium. 6

Sehr treffend charakterisierte die KPD diese ganze Entwicklung als einen Prozess der Faschisierung, des allmählichen, schrittweisen Überganges zur faschistischen Diktatur. Sie hatte schon im Frühjahr 1929 eine sich abzeichnende faschistische Gefahr signalisiert und deren Triebkräfte analysiert, bereits auf ihrem 12. Parteitag im Juni 1929 die besondere Gefährlichkeit der faschistischen Nazipartei herausgearbeitet - lange bevor der Übergang zur Präsidialdiktatur vollzogen wurde und die Nazis ihren aufsehenerregenden Wahlerfolg vom September 1930 erzielten. Deshalb vermochte sie auch schon Anfang Juni 1930 die wichtigste Besonderheit dieses Faschisierungsprozesses zu bestimmen: dass er „sowohl durch die faschistischen Kampforganisationen als auch durch den bürgerlichen Staatsapparat“ 7 erfolge.

Die Wiederwahl Hindenburgs im April 1932 bedeutete eine weitere Stärkung der Präsidialdiktatur. Am 20. Juli 1932 wurde - durch die Reichswehr militärisch abgesichert - die SPD-geführte Regierung Preußens von Hindenburg abgesetzt und damit das drei Fünftel Deutschlands umfassende Land mit dem größten Staats- und insbesondere Polizeiapparat in die unmittelbare Verfügungsgewalt der Präsidialregierung gebracht.

Die folgende Reichstagswahl am 31. Juli brachte der Nazipartei mit 37,4 % der Wählerstimmen ihren größten Wahlsieg, aber keine Konzentration der faschistischen Kräfte; die erneute Wahl am 6. November hingegen eine schwere, existenzgefährdende Niederlage der Nazis. Ihre eklatante Niederlage alarmierte vor allem die Kreise des Großkapitals, des Junkertums und des Militärs, die am entschiedensten nach einem offen diktatorischen Regime drängten und in der Nazipartei und ihrem Chef die optimale politische Variante erblickten. Mit ihnen verband sich mehr als mit jeder anderen politischen Kraft die Erwartung auf eine rücksichtslose, vor nichts zurückschreckende Durchsetzung ihrer Profit- und Machtinteressen, der hemmungslosen terroristischen Bekämpfung aller Gegner dieser Interessen, verbunden mit einer weitgehenden (alle reaktionären Konkurrenten übertreffenden) Fähigkeit, durch skrupelloseste und dreisteste Demagogie Massen irrezuführen, sie systematisch zu beeinflussen und längerfristig zu kontrollieren. Aus diesen Besonderheiten erklärt sich auch, dass die Nazis nach der ihre Förderer enttäuschenden Wahlniederlage nicht fallengelassen, sondern gestützt wurden.

Diese imperialistischen Interessen bewirkten, dass Hindenburg am 30. Januar 1933 die faschistisch-konservative Koalitionsregierung berief, bestehend aus drei Nazis (Hitler, Göring, Frick) und acht preußischen und bayrischen Konservativen. Von einer „nationalsozialistischen Machtergreifung“ oder gar „Revolution“ konnte keine Rede sein.

Die Präsidialdiktatur wird zur faschistischen Diktatur

Hitler und sein Kabinett fanden sowohl ein von ihren Vorgängern seit 1930 entwickeltes und erprobtes System antidemokratischen und antiparlamentarischen Regierens als auch einen auf die rücksichtslose Bekämpfung der Linken eingestellten und eingespielten Repressions- und Terrorapparat vor. Beides funktionierte reibungslos für die neue faschistisch-konservative Regierung. Selbst auf dem Kulminationspunkt des Faschisierungsprozesses erwiesen sich legale Institutionen der Staatsmacht wie das Reichspräsidentenamt und die Reichswehr als die entscheidenden Hebel der Faschisierung, die eigentlichen Geburtshelfer der faschistischen Diktatur. Ohne das Wirken der ihr vorausgehenden Regierungen Brüning, Papen und Schleicher und deren Resultate wäre die Hitler-Regierung unmöglich gewesen.

Die erste einflussreiche gesellschaftliche Gruppe, zu der der neue Kanzler persönlichen Kontakt aufnahm (bereits am 3. Februar) war die Generalität der Reichswehr. Ein Kernsatz seiner Ausführungen in dieser Zusammenkunft lautete: „Entscheidend steht über allem die Wehrpolitik, da sicher ist, daß die letzten Konflikte durch Gewalt ausgetragen werden müssen.“8 Von dieser Prämisse ausgehend machte er den Generalen klare Zusagen in drei für sie entscheidenden Fragen. Erstens würde er alle ihre illegalen Aufrüstungsmaßnahmen und -pläne maximal unterstützen und gegen jegliche Störung absichern. Zweitens werde er (wie er schon im Oktober 1931 General v. Schleicher versichert hatte) keinerlei Einmischung in ihre Kompetenzen dulden, auch nicht seitens der Nazipartei und ihrer SA. Drittens wolle er in Deutschland nicht nur den „Marxismus“, sondern auch alle antimilitaristischen und pazifistischen Tendenzen ausrotten.

Wie sehr sich Hitlers Förderer aus dem Großkapital der Bedeutung der neuen Regierung für die Durchsetzung ihrer Interessen bewusst und wie sehr sie um deren Stabilisierung bemüht waren, zeigte ein von Göring und Hjalmar Schacht organisiertes geheimes Treffen Hitlers und Görings am 20. Februar mit 25 Großindustriellen und Bankiers.

Ein Ergebnis des Treffens war, dass die beteiligten Konzerne und Banken drei Millionen Mark für den Wahlfonds der Nazis spendeten. Am 30. Mai konstituierte sich unter dem Vorsitz Krupps ein vom RDI und von der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände getragenes Kuratorium für eine (bis 1945 tätige) „Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft“.

Regierung Hitler - die extreme Diktatur des Großkapitals

Hitler ließ nicht den geringsten Zweifel daran, dass er mit aller Konsequenz die Interessen des Großkapitals wahrnehmen würde. In seiner Reichstagsrede zum Ermächtigungsgesetz am 23. März 1933 betonte er: „Grundsätzlich wird die Regierung die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen des deutschen Volkes nicht über den Umweg einer staatlich zu organisierenden Wirtschaftsbürokratie betreiben, sondern durch stärkste Förderung der privaten Initiative unter Anerkennung des Privateigentums.“9 In diesem Sinne untersagte die Führung der Nazipartei bereits am 7. April 1933 allen faschistischen Organisationen strikt jede Einmischung in die Wirtschaft. Am 15. Juli berief Hitler einen aus 17 führenden Monopolkapitalisten bestehenden „Generalrat der deutschen Wirtschaft”.

Die Hitler-Regierung erfüllte einen Wunschtraum des Kapitals, indem sie schon im Mai 1933 die Gewerkschaften zerschlug. Das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ vom 20. Januar 1934 erklärte die Unternehmer zu „Betriebsführern“, denen die Arbeiter und Angestellten sich als „Gefolgschaft“ unterzuordnen hatten. Die Löhne wurden auf dem Stand von 1932 eingefroren, dem ein „Weltrekord an Lohnkürzungen“ (so der amerikanische Wirtschaftsjournalist H.R. Knickerbocker) durch die Regierungen Brüning und Papen vorausgegangen war.

Gemäß dem „Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaues der deutschen Wirtschaft“ (1934) wurden die Unternehmerverbände in Organisationen umgewandelt, der alle Unternehmen des betreffenden Wirtschaftszweiges obligatorisch angehörten. Ihre Leitungen hatten die Rechte und Vollmachten staatlicher Exekutivorgane. Dieses System realisierte die Zusage Hitlers, „daß die Wirtschaft sich selbst lenken sollte“10. Die Führungspositionen in den Reichsgruppen und ihren Untergliederungen besetzten Vertreter der größten Konzerne und Banken, die dort rücksichtslos die Interessen ihrer Monopole gegenüber den anderen Unternehmern durchsetzten. Niemals vor 1933 oder nach 1945 hat das Großkapital in solchem Umfang und so unmittelbar Staatsgewalt ausgeübt wie in der Nazizeit.

Die Nazipartei und ihre Nebenorganisationen wurden faktisch zu Hilfsorganen für die Erfassung, Kontrolle und systematische Beeinflussung von Massen. Alle relevanten politischen und administrativen Entscheidungen fielen auf staatlicher Ebene - unter maßgeblichem Einfluss vom Großkapital dominierter Gremien und Institutionen. Als Regierungspartei, entsprechend seiner gesellschaftlichen, seiner Klassenfunktion, erlangte der Nazifaschismus seine ausgereifte, endgültige Gestalt.

Fazit und Lehren

Wie die Geschichte zeigte, erwies sich das monopolisierte Kapital - in seiner gesellschaftlichen Verflechtung mit politischen, militärischen, bürokratischen Eliten - als der bestimmende politische Faktor. Es war auch entscheidend für Formen und Tempo der Entwicklung zur faschistischen Diktatur und prägte diese. Die faschistische Diktatur diente seinen Interessen.

Die faschistische Nazipartei spielte eine gewichtigere Rolle als andere reaktionäre Parteien, da sie erfolgreich imperialistische Politik durch soziale Demagogie verschleierte, was auch ihre nationalistische Hetze wirkungsvoller gestaltete, und bis 1933 oft erfolgreich als Scheinopposition agierte.

Hervorzuheben ist die große, unverzichtbare Rolle des bürgerlichen Staatsapparates und des Militärs, auch der bürgerlichen Medien bei der Formierung faschistischer Kräfte und vor allem beim Vorantreiben des Faschisierungsprozesses bis zu seiner Vollendung.

Gerade im Zusammenhang mit dem realen Wirken des Staatsapparates spielten Illusionen über die bürgerliche parlamentarische Demokratie eine unheilvolle Rolle.


  1. Zit. nach: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 4, Berlin 1966, S. 488, 487. 

  2. Veröffentlichungen des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Nr. 50, (Berlin) 1930. S. 37/38. 

  3. Vgl. Karl Nuß: Militär und Wiederaufrüstung in der Weimarer Republik, (Berlin 1977), S. 156. 

  4. 1930 fanden 94 Reichstagssitzungen statt, die 98 Gesetze beschlossen; es wurden 5 Notverordnungen erlassen. - 1932 fanden 13 Reichstagssitzungen statt, die 5 Gesetze annahmen; es wurden 66 Notverordnungen erlassen. 

  5. Vgl. Heinrich Brüning: Memoiren. 1918-1934, Stuttgart (1970), S. 194-196; ferner S. 394, 400, 465. 

  6. Vgl. G. Förster/H. Helmert/H. Otto/H. Schnitter: Der preußisch-deutsche Generalstab 1640-1965. Zu seiner politischen Rolle in der Geschichte, Berlin 1966, S. 513. 

  7. Zur Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands. Eine Auswahl von Materialien und Dokumenten aus den Jahren 1914-1946, Berlin 1954, S. 267. 

  8. Carl Dirks/Karl-Heinz Janssen: Der Krieg der Generäle. Hitler als Werkzeug der Wehrmacht, (Berlin 1999), S. 235. 

  9. Verhandlungen des Reichstags, Bd. 457, S. 28. 

  10. So Kurt Freiherr v. Schröder während des Nürnberger Prozesses über Hitlers wirtschafts-politische Vorstellungen. Zit. nach: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 4, S. 606.