Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Antifaschistische Kämpfe – mit wem und gegen wen?

Beitrag Th. Eberhard

Mai 2018

Gemessen an den Beiträgen meiner Vorredner/innen klingt das, was ich als den ein oder anderen Denkanstoß - Beispiele aus dem Betrieb, in dem ich halt bin - bringen möchte, geradezu läppisch bis langweilig. Aber nichtsdestoweniger ist es, glaub’ ich, ein Teil des durchschnittlichen grauen Alltags in Deutschland, und mir zumindest eine Vorstufe zu dem, dass man sich mit faschistischen Banden längst wieder geradezu ums Leben prügeln muss.

Dafür will ich mich zuerst mal auf die Themenstellung beziehen: mit wem und gegen wen? Also mit wem können wir antifaschistische Kämpfe führen? Mit denen die ein Interesse daran haben!

Es wurde in anderer Weise schon artikuliert; ich nenne es trotzdem noch mal, mit Bezug auf das Referat vom VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus von 1935.

Wobei das natürlich damals zentral den Nazi-Faschismus im Auge hatte, allerdings eine generelle Analyse ist, die, ich meine, nach wie vor gültig ist, und die, wenn ich das richtig herausgehört habe, ihr auch teilweise verwendet habt .

Dort zieht der Referent Georgi Dimitroff in dem Abschnitt Der Klassencharakter des Faschismus das Fazit: Faschismus ist der grausamste Vormarsch des Kapitals, zügelloser Chauvinismus und Raubkrieg, wütende Reaktion und Konterrevolution, Faschismus ist der schlimmste Feind der Arbeiterklasse und aller Werktätigen!

Wenn das zutrifft - und ich bin überzeugt davon dass das zutrifft: dass der Faschismus der schlimmste Feind. der Arbeiterklasse und aller Werktätigen ist, - dann hat die Arbeiterklasse größtes Interesse am Kampf gegen den Faschismus. Darauf möchte ich mich mal konzentrieren.

Dazu erstmal die Vorbedingung, dass eine faschistische Ideologie Fuß fassen kann, selbst in der Arbeiterklasse:

Nachdem sich der Kapitalismus längst, seit über 100 Jahren, zum Monopolkapitalismus entwickelt hat, ist das die Feststellung: Das Monopol, über und neben der Konkurrenz existierend, stellt den ökonomische Macht gewordenen Anspruch auf Ungleichheit dar.

Das ist aus einer Broschüre, die 25 Jahre alt ist, aber ich finde diesen Satz nach wie vor äußerst treffend, herunterladbar übrigens von der Online-Seite der Kommunistischen Arbeiterzeitung.

[https://www.kaz-online.de/storage/Rassismus_und_Kapital_2.pdf, zitiert aus These 8]

Während also im normalen, bürgerlich-demokratischen Rechtsverständnis ein Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz gegeben ist, ist eine materielle Basis im Monopolkapitalismus dafür vorhanden, ein Recht auf Ungleichheit einzufordern. Und dieser “Rechts”-Anspruch macht sich ganz konkret in den Köpfen der Kolleginnen und Kollegen bemerkbar, natürlich durch die Zwischenstufe einer entsprechenden Gesetzgebung: Wenn wir Gesetze haben, die die staatsbürgerliche Zugehörigkeit zur Deutschen zu einem Privileg machen, dann empfinden und hantieren das Kollegen, die das nicht weiter reflektieren, so.

Und dann kommt eben sowas dabei raus, wie dass ich es von einem Kollegen hörte, und das ist noch freundlich, ja so ziemlich die freundlichste Formulierung von dem, was einem dazu täglich um die Ohren fliegt:

Das mit den Flüchtlingen ist ja schön und gut, aber erstmal an die eigenen Leute denken!

Der Denkfehler daran ist, dass die eigenen Leute die Angehörigen der eigenen Klasse sind, denn das Proletariat hat ein internationales Klassen-Interesse; die Proletarier bilden somit eine internationale Klasse.

Das äußerte übrigens ein Kollege, mit dem ich bis dato sehr gute Gespräche geführt hatte.

Der, aus dem Vogtland stammend, in der Fremdfirma bei uns arbeitet, die den Versand macht, einer weitaus massiveren Lohndrückerei unterworfen ist, im Vergleich dazu, dass wir in der Hauptfirma eh’ schon reduzierten Metalltarif haben, also Abstriche vom Flächentarif.

Und der wunderbar über die ihn ausbeutenden Kapitalisten schimpfen kann, der, sehr zu meiner Freude, große Stücke auf die DDR gehalten hat und nach wie vor hält, und mir beispielsweise recht gab: da wurde was plattgemacht, und zwar gezielt.

Gleichwohl ist dann bei der Frage der Staatszugehörigkeit ein Ansatzpunkt dafür da, was den Gedanken der Spaltung bei ihm hineinbringt.

Ich hatte nicht die Gelegenheit mit ihm zu diskutieren dass unsereiner’ eigenen Leute eben nicht gebunden sind an die nationale Zugehörigkeit, sondern an der Stellung in der Gesellschaft und an entsprechendes Klassen-Interesse.

Diese Kollegen-Äußerung ist, ich sag’ mal, eine geradezu harmlose Vorstufe. Das geht weiter zu Kollegen wie einem, welcher übrigens zu denjenigen zählt, welche klassischerweise den bewusstesten Teil des Proletariats ausmachen, nämlich einem Werkzeugmacher im Musterbau eines Industriebetriebs.

Wenn so ein Kollege vor nunmehr zwei Jahren aus der IG Metall austritt, weil die, wie er meint, sich nicht für die Deutschen einsetzt, und der inzwischen voll auf diesen AfD-Kurs abfährt, dann zeigt das, wie desolat die Situation mittlerweile ist.

Und das zeigt sich, wenn er dann gerne mal beim Kartenspiel in der Pause, so wie er dabei einen Stich setzt, so eine Bemerkung loslässt, wenn es wieder einmal um Flüchtlinge geht, ertrunken im Mittelmeer:

Am besten die versenkt man die alle direkt vor Afrika; dann ist diese Sache gleich erledigt, jawoll!

Da hört’s dann irgendwo auf, dass man noch freundlich diskutieren kann und zu überzeugen versucht.

Zurück zu Dimitroff, der zur Frage des Faschismus-Charakters geschrieben hat:

Der Faschismus verlockt im Interesse der reaktionärsten Kreise der Bourgeoisie die enttäuschten, den alten bürgerlichen Parteien den Rücken kehrenden Massen. Er imponiert aber diesen Massen durch die Schärfe seiner Angriffe gegen die bürgerlichen Regierungen, durch die Unversöhnlichkeit seiner Einstellung gegenüber den alten bürgerlichen Parteien.

Der Faschismus, der durch seinen Zynismus und seine Verlogenheit alle anderen Spielarten der bürgerlichen Reaktion in den Schatten stellt, passt seine Demagogie den nationalen Besonderheiten jedes Landes, ja, sogar den Besonderheiten der verschiedenen sozialen Schichten in einem bestimmten Land an. Und die Massen der Kleinbürger, sogar ein Teil der Arbeiter, werden durch Not, Arbeitslosigkeit und Existenzunsicherheit zur Verzweiflung getrieben, sie werden zu Opfern der sozialen und chauvinistischen Demagogie des Faschismus.

Da kommt dann ins Spiel: Das imponiert einfach, wenn so richtig auf die Kacke gehauen wird. Es imponiert diesen Leuten, die den alten bürgerlichen Parteien, und da muss man ergänzen: in der Arbeiterklasse den traditionellen Gewerkschaften den Rücken kehren, weil sie von ihnen enttäuscht sind durch diese ständigen Kompromiss-Geschichten. Und was er noch tut, so Dimitroff über die Quelle des Einflusses des Faschismus auf die Massen: Es gelingt ihm, die Massen zu gewinnen, weil er in demagogischer Weise auf ihre besonders lebenswichtigen Bedürfnisse und Forderungen spekuliert. Der Faschismus entfacht nicht nur in den Massen tief wurzelnden Vorurteile, - das heißt also, es sind bereits tief wurzelnde Vorurteile in den Massen vorhanden, die der Faschismus noch mal entfacht und multipliziert - er spekuliert auch auf die besten Gefühle der Massen, auf ihr Gerechtigkeitsgefühl und mitunter sogar auf ihre revolutionieren Traditionen.

“Gerechtigkeitsgefühl” in den vorgetragenen, kleinen Beispielen in ziemlich pervertierter Form, nämlich indem er darauf spekuliert: ja man muss doch an die “eigenen Leute” denken; das ist ja nur gerecht, wenn ich jetzt an meine Familie denke, und Schluss damit.

Nun zum Part der Gewerkschaften.

Als IG Metall-Vertrauensmännchen laufe ich zum Beispiel ‘rum mit dem Auftrag, diese genialen Ostereier zu Ostern zu verteilen, als Überzeugungsarbeit für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft. Bei so manchen Kollegen hat sich im Rahmen dieser unheimlichen Flüchtlingshetze - in Wahrheit eine einzige Demokratiekrise und keine Flüchtlingskrise - hatte sich etwas entwickelt, mit dem ich dann unvermittelt konfrontiert wurde, indem also diese IG Metall Kollegen, das sind jetzt besonders solche aus dem Kreis der heute bereits erwähnten, sogenannten Russlanddeutschen, die haben dann diese Eier nicht haben wollen: Wir wollen nichts von dieser IG Metall! Ausgetreten sind sie jetzt noch nicht außer diesem einen, übrigens ein Bayer, aber sie wollen jetzt den Stolz in Anführungsstrichen haben, jetzt von der IG Metall nichts mehr anzunehmen, die sich in die Politik einmischt, anstatt sich brav um unsere Tarife zu kümmern, und Verteidiger des Vaterlandes schlecht redet.

Was meine IG Metall dazu sagt, bzw. deren Dach-Gewerkschaft, der Deutsche Gewerkschaftsbund, laut einer Meldung auf Nordbayern online: AfD will Betriebsräte unterwandern - DGB bleibt entspannt.

Und ein Bevollmächtigter meiner IG Metall-Geschäftsstelle, der gerne kalauert, erwiderte auf meine Anfrage in der betrieblichen IGM-Mitgliederversammlung, wie soll ich mit den Kollegen, die so drauf sind, umgehen solle, ob wir da nicht was machen müssten:

Also da bliebe er ganz tiefenentspannt, weil das seien ja nur ganz wenige. - Er könne zu denen schon mal hingehen und denen mal ordentlich sagen, was Sache ist. Das bleibt aber hypothetisch; er macht es nicht und somit ist man dann im Betrieb erstmal allein gelassen wird.

Immerhin, zumindest in Stuttgart sprach bei der Delegiertenversammlung der dortige Bezirksleiter Zitzelsberger davon, die IG Metall müsse nun vom Nur-Beobachten zum aktiven Kämpfen übergehen. - Dass man jemals nur beobachtet, finde ich schon unhaltbar. Wenigstens gibt es jetzt einen Bezirksleiter, der meint, nunmehr solle man zum aktiven Kämpfen übergehen.

Und auf dieser Bezirksversammlung sprach der Geschäftsstellenleiter der IG Metall Stuttgart Meinhardt davon, er nehme den Auftrag des Vertrauenskörpers von Daimler Untertürkheim an, als IG Metall dazu Stellung zu beziehen und entsprechende Schulungen für betriebliche Funktionäre durchzuführen. [Nach UZ vom 27.04.18, Wirtschaft und Soziales]

Soweit sind gewerkschaftliche Positionierungen, von Passivität bis zum aktiven Bekämpfen,

auf die AFD fokussiert. Eine CSU wird ausgeblendet, ja als etabliert anerkannt, unterlegt mit einem verdrehten Verständnis davon, dass DGB-Gewerkschaft nicht eine Partei politisch gebundene sein sollen. Dass das eigentlich bezogen ist auf die auf die Solidarität und gewerkschaftliche Einheit von Kommunisten und Sozialdemokraten, weiß derzeit kaum jemand.

Es heißt jetzt also hier, man dürfe die Betriebe mit diesem Thema nicht länger allein lassen.

Und dann lasse ich euch jetzt mal allein damit.