Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Wie weiter im Kampf gegen den deutschen Militarismus? Teil I

Ringo Ehlert, IG Metall

Mai 2014

Einleitung

Dieses Referat sollte lediglich als Anfang einer Positionierung, als Anfang eines Zusammentragens der Inhalte, natürlich auch als Diskussionsgrundlage gesehen werden. Vielleicht in Vorbereitung auf eine weitere Konferenz zu diesem so zentralen Thema.

Regelmäßig »neue Situationen«

In Ausführung des Titels der Konferenz haben wir oft auf die besondere »neue« Lage hingewiesen, in der sich heute in diesem Land die Antimilitaristen befinden. Die »Aussetzung« der Wehrpflicht – und es ist ja faktisch nichts weiter als eine Aussetzung – ist etwas Neues. Etwas Neues, wie auch der Umbau der Bundeswehr von der gegen DDR und SU ausgerichteten, von Heer und Panzerwaffe dominierten, schwer beweglichen Armee zur hochflexiblen und modernst ausgerüsteten Interventions-Söldner-Armee. Wobei der Umbau der Bundeswehr nun nicht erst gestern begann.

Doch wenn wir von neuen Situationen reden, was ist dann z.B. mit der Aufstellung der Bundeswehr am 5. Mai 1955 und der Reaktion der DDR darauf, mit der Gründung der NVA? Nachdem deutsche Antimilitaristen in ihrem Land den Kriegsrausch der Bevölkerung, die Millionen begeisterten Arbeiter in der Uniform der faschistischen Wehrmacht nicht verhindern konnten – was für eine Niederlage! –, und Andere unter größten Opfern diese Pest aufhalten mussten, lag das Militär des faschistischen Deutschland 1945 am Boden, dort wo es hingehört – was für ein großer Sieg aller antimilitaristischen Kräfte der Welt! Und nur 10 Jahre später musste mit angeschaut werden, wie eine neue deutsche imperialistische Angriffsarmee (und das war die Bundeswehr immer) aus der Taufe gehoben wurde, abgesegnet von den Westalliierten, bestehend aus denselben Faschisten, die eben noch Europa in Schutt und Trümmer legten. Die eben noch der Welt eine neue Art Kriegsverbrechen lehrten und mit der Shoah und dem Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion neue Maßstäbe in Sachen Barbarei setzten. Selten lag wohl ein so großer Sieg der Gegner des deutschen Militarismus eingebettet in so riesige eigene Niederlagen.

Doch zum ersten mal in der deutschen Geschichte existierte nun mit der Gegengründung der NVA in der DDR eine schlagkräftige Armee, deren erklärtes Ziel die Verteidigung der Vernichtung des deutschen Militarismus wenigstens in Ostdeutschland war. Der deutsche Antimilitarismus war 40 Jahre bewaffnet, wenigstens in einem anderen Deutschland, nebenan. Diese Armee und der Staat, dem sie diente, sind Geschichte. Doch in diese gingen sie als das bisher effektivste Mittel im Kampf gegen den deutschen Militarismus nach dem 2. Weltkrieg ein.

Mit der Annexion der DDR rückte nun diese Bundeswehrmacht über Nacht zurück an die polnische Grenze, die damit aufhörte, Oder-Neiße-Friedensgrenze zu sein. Vorher und zu allererst wurde das Volk der DDR entwaffnet, die Kampftruppen der Arbeiterklasse und die Nationale Volksarmee, die sich in jedem Manöver auf den Kampf gegen das bundesdeutsche Militär vorbereitet hatten, aufgelöst. Doch der noch wenige Jahre zuvor von niemandem auf der Welt für möglich gehaltene Schritt der Truppen des deutschen Imperialismus an diese ehemalige Friedensgrenze, die das deutsche Kapital, schaut man sich seinen Einfluss und seine Präsenz in Polen an, ohne einen einzigen Schuss abzufeuern überrannte – dieser Schritt sollte sich nur als kleines Trippeln des deutschen Militarismus in Richtung Osten herausstellen, ein Trippeln vor dem großem Sprung. Das Programm hieß Angriffskrieg auf Ziele in aller Welt und wurde 1999 mit einem tödlichen Feuerwerk aus den Bombenschächten deutscher Kampfflieger über Belgrad gestartet.

Antimilitaristen hier – in Nazideutschenland, in einem befreiten Deutschland, in einer imperialistischen BRD und einer sozialistischen DDR und wieder im Herzen der Bestie eines neuen/alten imperialistischen Großdeutschland. Mal stark, dann fast nicht mehr vorhanden und in KZs ermordet, dann die totale Niederlage unseres Hauptfeindes erlebt, dann im Besitz eines Staates und einer Armee, die den deutschen Militarismus 40 Jahre mit Waffen blockierte, nun wieder in der Defensive, wieder in schwacher Stunde, trotz allen Erfahrungen. Wir Antimilitaristen in diesen Gegenden dürften das mit den »neuen Situationen« wohl langsam gewöhnt sein!

Taktiken gegen den deutschen Militarismus seit Gründung der Bundeswehr bis heute

Diese Erfassung soll eine Basis sein, für unsere Überlegungen über die Frage, wie es weitergeht im antimilitaristischen Kampf. Der Kampf der DDR an dieser Front wird von mir hier nicht behandelt werden, Auswirkungen der Annexion der DDR auf die Kampftaktiken gegen die Bundeswehr schon. Auch möchte ich vorweg meine unbedingte Parteilichkeit unterstreichen: Ich finde die folgenden Taktiken alles andere als gleich effizient und gleich richtig. Mit manchen Taktiken können und müssen manche ein Stück des gemeinsamen Weges gehen, aufgrund eines gemeinsamen Etappenziels in ein Bündnis treten und damit den deutschen Militarismus an verschiedenen Fronten angreifen. Manche Taktik ist bestenfalls unwirksam, bestenfalls heilsam fürs Ego.

1. »… Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen – Die Kanonen auf euch drehn!« Rein in die Bundeswehr als Antwort auf die Einberufung durch die Wehrpflicht.

Vorweg: Schon bei der Suche nach Referenten für diese Konferenz schlug uns in einer Antwort völliges Unverständnis dafür entgegen, die Wehrpflicht überhaupt differenziert diskutieren zu wollen. Mal genauer hinzusehen auf diese Wehrpflicht, sie geschichtlich einzuordnen, gerade in diesem Land mit seiner Geschichte, nachzuschauen, aus welchen Lehren dieser Geschichte heraus sie eingeführt wurde, sie dialektisch zu behandeln, Für und Wider in Relation zu setzen und dieses komplexe Thema nicht dumpf unter »Zwangsdienst« abzuhaken, das alles findet in der deutschen Linken nur wenig Sympathisanten. Woanders ist es zum Glück meistens anders, deswegen folgende kluge Worte von den Genossen der KJÖ:

»Ein Berufsheer, dessen Soldaten allesamt im Sold des Staates stehen, ist gemäß seiner Aufgabe immer ausführende Gewalt der Befehle selbigen Staates und ihrem in der bürgerlichen Gesellschaft konstituierten Charakter nach ein willfähriges Vehikel der imperialistischen Interessen. Denn während ein Wehrpflichtigenheer sein Personal immer vorwiegend aus den Reihen der Arbeiterschaft, also den unterprivilegierten Schichten rekrutiert und damit das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse widerspiegelt, kann man dies von einem Berufsheer nicht behaupten.«1

Auch wenn sich die Verhältnisse, die Geschichte Österreichs in so vielem von der BRD unterscheidet, kann man hier getrost übernehmen. Dass sich dann eine linke Organisation im Ergebnis ihrer Analyse, aus der hier zitiert wurde, dezidiert für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausspricht, ist schon ein Ding, ein Ding der Klarheit und der richtigen Herangehensweise – das kann man im hiesigen linken Blätterwald vergebens suchen.

Die hier behandelte Taktik betrachtet die Wehrpflicht zu allererst als Sicht- und Aktionsfenster im Kampf gegen die Bundeswehr im Allgemeinen und im Kampf um die Arbeiter und Soldaten im Speziellen. So ist sie zu nutzen trotz all ihren undemokratischen Auswirkungen und ihrer Installierung auch als Teil der Hochrüstung des deutschen Imperialismus. Das Ziel dieser Taktik ist das Zersetzen der imperialistischen Armee, das Sammeln der Arbeiter und Soldaten gegen den deutschen Militarismus in Zeiten, in denen keine Kriege toben und in den Zeiten danach. Ziel ist das Gewinnen der Kenntnis von Waffentechnik und militärischem Vorgehen in Vorbereitung auf Zeiten bewaffneter Angriffs- oder Verteidigungskämpfe gegen die Reaktion, das Hineinziehen der Soldaten in antifaschistische, antimilitaristische Aktionen, als Element schon des wichtigsten Ziels, nämlich des Umdrehens der Waffen auf den Hauptfeind. Mittel zum Zweck ist bzw. war es, bei den Soldaten zu sein, von der Musterung an bis zum Schluss, immer agitierend und die Widersprüche aufdeckend in ihrer Nähe. Als kämpfender Arm, der tief in die militaristische Organisation, tief in die Ausbildungsstätte des deutschen Militarismus hineingreift.

Lenin fasste das Wesen dieser Taktik wie folgt zusammen:

»Eine unterdrückte Klasse, die nicht danach strebt, Waffenkenntnis zu gewinnen, in Waffen geübt zu werden, Waffen zu besitzen, eine solche unterdrückte Klasse ist nur wert, unterdrückt, misshandelt und als Sklave behandelt zu werden. Wir dürfen, ohne uns zu bürgerlichen Pazifisten und Opportunisten zu degradieren, nicht vergessen, dass wir in einer Klassengesellschaft leben und dass außer dem Klassenkampf keine Rettung daraus möglich und denkbar ist.«

Und Lenin weiter:

»… erlerne gut alles Militärische – das ist nötig für die Proletarier, nicht um gegen deine Brüder zu schießen, wie es jetzt in diesem Räuberkriege geschieht und wie dir die Verräter des Sozialismus raten, sondern um gegen die Bourgeoisie deines ›eigenen‹ Landes zu kämpfen, um der Ausbeutung, dem Elend und den Kriegen nicht durch fromme Wünsche, sondern durch das Besiegen der Bourgeoisie und deren Entwaffnung ein Ende zu bereiten.«2

Der Soldatenaufruf im Jahre 1984 und alle Aktionen, die auf die Verfolgung des Aufrufs durch die Justiz der BRD hin entstanden, sind wohl als Zenit des Wirkens nach dieser Taktik in der BRD anzusehen. Der Soldatenaufruf »Für den Frieden gegen den Krieg« drohte öffentlich direkt aus Richtung von über 80 Soldaten der Bundeswehr das Umdrehen der Waffen mit dem Slogan an: »Wird mit Alarm die Marschbereitschaft für den Krieg befohlen, marschieren wir nach Bonn«. Die Verfolgung eines der Soldaten durch die bundesdeutsche Justiz wurde Auslöser für den Marsch einer großen Gruppe von Bundeswehrsoldaten, die in Uniform hinter der roten Fahne zum Gericht marschierten und sich selber für das anzeigten, was dem einen vorgeworfen wurde:

Wehrkraftzersetzung.

Vereinzelt gab es auch danach noch Aktionen in dieser Richtung, doch aus verschiedenen Gründen immer seltener – einer dieser Gründe war sicher die Schwächung durch eine westdeutsche Friedensbewegung, die sich die imperialistische Konkurrenz des deutschen Imperialismus, die USA, sowie die Sowjetunion als Hauptfeind aussuchte und sich damit, ihre Heimat vor dem »Wettrüsten der Supermächte« verteidigend, munter am Fahrwasser des deutschen Imperialismus betrank.

Eben auch die Schwächung der kommunistischen Organisationen untergrub die Fähigkeit, von außen Kämpfe innerhalb der Kasernen zu unterstützen. Und Unterstützung von außen ist die Grundvoraussetzung für den Kampf drinnen.

2. Gegen Zwangsdienste und Militär! Jeder Aufenthalt, in jeder Armee, jede Waffe, jeder Krieg ist abzulehnen.

Die Basis dieser Taktik ist das ›Verantwortlichmachen‹ der Waffen und des Militärs an sich für jeden Krieg – und jeden Krieg meint hier die Gleichsetzung aller Kriege, die alle gleich abgelehnt werden. Die Wehrpflicht wird alleinig auf ihren Charakter als Zwangsdienst und Jobkiller reduziert. In welchem Land, in welchem System, für welche Armee usw. diese Wehrpflicht wirkt, ist dabei konsequenterweise irrelevant. Die Abschaffung der Wehrpflicht wird zum Etappenziel auf dem »Weg zum Frieden« auserkoren. So war es nicht weiter verwunderlich, dass die größte Gegenorganisation zur Wehrpflicht, die »Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegenerInnen« (DFG-VK) zur Aussetzung der Wehrpflicht verkündete: »Die Aussetzung der Wehrpflicht ist … ein Sieg über das konservativ-reaktionäre Dienstpflicht-Denken und menschenrechtlich ein Freiheitsgewinn. … Die Zentralstelle KDV hat ihre historische Aufgabe erfüllt und kann sich auflösen.«3

Nachdem es in den 60er Jahren einen gewissen Druck gab und man das verfassungsrechtlich verbriefte Verbot des Zwang zum Dienst an der Waffe nicht ganz ignorieren konnte, wurde denen, die sich dem »Dienst an der Waffe« versagten, vom Staat ab dem 1. April 1961 bis zur Aussetzung der Wehrpflicht im Jahre 2011 ein »ziviler Ersatzdienst« angeboten. Geradezu passend zum Gründungstag darf die Vokabel »Ersatzdienst« getrost als Aprilscherz geführt werden. Denn von Anfang an war dieser so genannte »Zivildienst« von Seiten der Bundeswehr militärisch fest verplant und in ihrem »Gesamtverteidigungskonzept« eingebaut, um die Kriegsführungsfähigkeit Deutschlands im Falle des Falles, was im Fall der BRD wohl nur der Angriffsfall sein kann, aufrechtzuerhalten. Zum Beispiel in der Waffenproduktion oder beim Lazarettdienst, denn irgendjemand muss die Soldaten für den Kampf ums Vaterland ja wieder zusammen flicken, damit es weitergeht. Heiner Geissler brachte es auf den Punkt, als er als Bundesminister 1983 in einem Interview erklärte: »Das kann im Verteidigungsfall bedeuten, daß der Zivildienstleistende im Luftschutz- oder Feuerlöschdienst und beim Blindgängerentschärfen eingesetzt würde.«4

Obwohl dies kein Geheimnis war, galt der Zivildienst inkonsequenter Weise als Alternative zur Unterstützung der Bundeswehr. Die Zuordnung der Kriegsschuld an das Objekt Waffe bot ja die passende, wenn auch lächerliche Grundlage. Jährlich verweigerten ca. 90.000 den Dienst an der Waffe. Anhand der Stärke der antimilitaristischen Bewegung in diesem Land ist wohl mehr als offensichtlich, dass gerade in den letzten Jahren der Wehrpflicht der überwiegende Teil davon den Zivildienst nicht aus politischen Gründen absolvierte, sondern um sich den nervigen Dienst beim Bund zu sparen. Gesagt muss aber auch sein, dass trotz des kuschlig-bequemen Irrsinns des Pazifismus auch diese Bewegung große Verdienste im Kampf gegen den deutschen Militarismus eingefahren hat. Verwiesen sei auf ein breites Analysewerk in Sachen Um- und Aufrüstung der Bundeswehr und wenigstens doch ein wachsames Auge auf den deutschen Militär. Auch wenn die Bewegung um die Kampagne »Gelöbnix« um einiges kleiner geworden ist, wie auch die Demonstration gegen die öffentlichen Gelöbnisse, so gab es Jahre in denen das mehrheitlich pazifistische Bündnis »Büro für antimilitaristische Maßnahmen« sehr große und mächtige Demonstrationen gegen die Bundeswehr initiierte. Ein großer Beitrag zum antimilitaristischen Kampf und ein wichtiger Bündnispunkt, egal wie man zur Wehrpflicht, Kriegen, Militär und Waffen steht. Übrigens ist ein genauso wichtiger Bündnispunkt der Kampf der Kollegen und Genossen, die gegen die Zusammenarbeit der DGB-Spitze mit dem deutschen Militarismus angehen.

Immerhin konsequent aus Sicht des Pazifismus und klar in der Analyse bezüglich der militärischen Verplanung des »Zivildienstes« war dagegen die »Totale Kriegsdienstverweigerung« (TKV). Hier verweigerten die Antimilitaristen den Dienst an den Waffen wie auch den »Zivildienst«.

Die TKV wird in der BRD juristisch verfolgt und steht unter Strafe – meistens Geld- und Bewährungsstrafen, es gab aber auch schon Haftstrafen dafür. Nur die TKV aus religiösen Gründen wurde von der Bestrafung ausgenommen. Speziell für die »Zeugen Jehovas« wurde dies sogar in den Gesetzestext eingefügt.

Leider nur die allerwenigsten nicht religiös motivierten TKVler, und das waren ohnehin nicht viele (ihre Zahl lag in den Jahren nach 2007 im einstelligen Bereich), nutzten das Gericht, vor das man sie zerrte, als Bühne des antimilitaristischen Kampfes.

3. Nein zur BRD und ihrer Armee! Die Ablehnung eines jeglichen Dienstes für den annektierenden Staat BRD und die Besatzerarmee Bundeswehr. Mit dem antipazifistischen Verweis auf den grundlegenden Unterschied zwischen der Nationalen Volksarmee der DDR und der Bundeswehr.

Eine besondere Form der TKV wurde in den Jahren 2001-2002 von der Freien Deutschen Jugend (FDJ) unterstützt. Grundlage dafür war die Kampagne der FDJ mit dem Namen »Nein zur BRD und ihrer Armee!« Diese Kampagne erregte Aufsehen in der Bevölkerung im Osten sowie in der Medienlandschaft dort. Basierend auf der Analyse der FDJ (natürlich nicht nur eine Analyse der FDJ), dass es keine Wiedervereinigung, sondern lediglich eine Annexion der DDR durch die BRD gab, verweigerte hier ein Genosse den Dienst an der Waffe sowie den sogenannten »Zivildienst« mit der Begründung, dass er als Ostdeutscher keinen Dienst für den Staat unternimmt, der seinen Staat 1989 annektiert hat und auch keinen Dienst in der Armee dieses Staates unternimmt, da diese den Zustand der Annexion aufrechthält.

Bewusst stellte er in den Vordergrund, dass er kein Pazifist sei, sondern sich den Dienst in der Armee der DDR, der NVA, vorstellen könnte, ihn abgeleistet hätte. Nach der Kampagne »Nein zu BRD und dieser Armee!« gab es keinen mir bekannten weiteren Umgang mit der Wehrpflicht auf diese Weise. Nicht von Seiten der FDJ oder einer anderen Organisation. Deshalb ist diese Art TKV derzeit eine einzelne Tat. Ich führe sie hier trotzdem aus 3 Gründen auf.

  1. handelt es sich hier um eine neue Form des antimilitaristischen Kampfes, der gezielt die Widersprüche ausnutzt, in die der deutschen Imperialismus mit der Annexion der DDR geraten ist. Sie war damit auch eine Reaktion auf eine neue Situation, die auf das Auslöschen der antimilitaristischen Tradition der DDR reagierte und die NVA als Friedensarmee gegen die Angriffsarmee Bundeswehr einordnete – zur Weiterführung dieses geschichtlichen Stranges. Weder ordnete sich diese TKV in die Vorgehensweise der Pazifisten ein, da sie sich von Anfang an vom Pazifismus distanzierte, noch kopierte sie das Vorgehen der nicht-pazifistischen Antimilitaristen Westdeutschlands. Sie war die Konsequenz aus der Analyse, dass auch antimilitaristische Aktion auf die Andersartigkeit der Verhältnisse auf dem Gebiet der annektierten DDR mit Andersartigkeit reagieren muss, sie sich positiv auf Etappensiege beziehen muss, die es in der BRD nicht gegeben hat.

  2. erreichte diese Kampagne meines Wissens eine Resonanz, vor allem im Osten, die so bis jetzt für eine Aktion einer radikalen linken Organisation gegen die Bundeswehr im Osten einzigartig ist.

  3. nutzte sie das Potential der TKV in der von Anfang an anvisierten Durchführung als öffentliche Kampagne mit dem Ziel der Auseinandersetzung mit dem Staat. Während der gesamten Kampagne, also von der Verweigerungserklärung des Genossen bis zu den Einlassungen vor Gericht, wurden die Rollen getauscht, und der Angeklagte klagte die BRD und ihre Armee an. Anklage gegen die Annexion der DDR, Anklage gegen die Angriffsarmee Bundeswehr, Anklage gegen den Bruch des Potsdamer Abkommens durch die Gründung der Bundeswehr durch die Spitze der faschistischen Wehrmacht. Die Rote Hilfe Berlin sagte nach dem letzten Prozess, dass diese TKV mustergültig ist.

Die Kampagne repräsentierte zum Ende hin Hunderttausende verteilte Flugschriften, Tausende Plakate in Mecklenburg-Vorpommern, Hunderte Grußadressen vor allem von politischer und kultureller Prominenz Ostdeutschlands, die zusammen mit abermals zahlreichen Grußadressen von nicht in politischen Zusammenhängen stehenden Bürgern mehrheitlich aus dem Osten direkt in der Poststelle der Kaserne landeten, in der der Genosse arretiert war. Mehrere Demonstrationen und Aktionen vor Bundeswehrkasernen und weit über Zehntausend Euro Spendeneinnahmen, dann drei in allen großen Presseorganen begleitete Prozesse bis vor das Landgericht Neubrandenburg, in dicht gefüllten Gerichtssälen – das sind weitere Ergebnisse der Kampagne »Nein zur BRD und ihrer Armee!« An Kraft und Stärke der FDJ kann dieser Erfolg nicht allein gelegen haben. Nicht dass diese kleine, isolierte Organisation nicht alles in die Schlacht geworfen hätte! Der Erfolg der Kampagne, der Erfolg dieser Taktik gegen die Bundeswehr ist nach meiner Meinung zurückzuführen auf gezielte Ausnutzung wirklicher Widersprüche, die sich die BRD mit der DDR und ihrer Annexion eingefahren hat.

4. Bundeswehr raus aus Beruf, Schule, Krankenhaus! Kampf der Bundeswehr überall, wo sie sich im Alltagsleben zeigt.

Eine Taktik gegen den deutschen Militarismus, die nicht auf die Existenz einer Wehrpflicht angewiesen ist und deswegen gerade heute auf der Tagesordnung steht, auch gerade heute, weil es das deutsche Militär geschafft hat, sich als »normaler« Akteur ins Bildungswesen und auf den Arbeitsmarkt zu schleichen, geschafft hat, unter Ausnutzung des sozialen Gefälles, besonders des sozialen Gefälles zwischen Ost- und Westdeutschland, nicht mehr als Mordmaschinerie im Dienste des deutschen Kapitals gesehen zu werden, sondern als attraktive Zukunft für junge Menschen. Das ist der Kampf gegen die Bundeswehr, wenn sie in Ausbildungszusammenhängen, Arbeitsämtern usw., in den Schulen und Unis, Schnittstellen des öffentlichen Lebens und vor allem an Sammelpunkten der Jugend auftritt.

Den Hintergrund des Kampfes gegen den deutschen Militarismus um die Jugend fasste Liebknecht 1907 in seiner Schrift: »Militarismus und Antimilitarismus« ungemein treffend zusammen. Er schreibt über die Jugend: »Sie muss und wird (…) gewonnen werden. Wer die Jugend hat, der hat die Armee!«

Leider fehlt auf dieser Konferenz Grundsätzliches zum Thema Geschichte des Eingriffs des deutschen Militarismus ins Bildungswesen, leider fehlt uns auf dieser Konferenz Grundsätzliches zum Thema Antimilitaristischer Kampf an den Universitäten (Stichwort »Zivilklausel« usw.). Große weiße Flecken, die unbedingt gefüllt werden müssen. Umso mehr sind wir vom Organisations-Kollektiv der Konferenz dankbar für die Aktionsberichte der beiden hier auf dieser Konferenz vertretenen Jugendorganisationen. Ich werde noch im Fazit meines Referates darauf kommen, wie wichtig gerade diese Taktik heute ist.

5. Lieber ein brennender Bundeswehrbus als ein brennendes Europa! Direkte militante Aktion gegen die Bundeswehr.

Laut »Fokus« ereigneten sich 2010 30 Anschläge auf die Bundeswehr – ob hier schon die Anschläge auf Firmen eingerechnet sind, die den deutschen Militarismus unterstützen, wie beispielsweise die DHL, ist nicht bekannt.

Weiter in der Meldung des Fokus: »›Wir beobachten, dass es wieder einen harten Kern militanter Bundeswehrgegner gibt‹, sagte ein ranghoher Mitarbeiter des Bundesverteidigungsministeriums der ›Welt am Sonntag‹. Ulrich Kirsch, Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbands, forderte ›erhöhte Wachsamkeit‹. Und Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen erklärte der Zeitung, er betrachte ›diese Entwicklung mit großer Sorge‹. Das Thema Antimilitarismus spiele im gewaltbereiten Linksextremismus eine große Rolle.«5

In diesem Fall ist es besonders tragisch, dass die bundesdeutsche Presse keinen großartigen Hang zur Wahrheit hat. Was eine angemessene Haltung zu dieser Taktik gegen die Kriegsführungsfähigkeit der Bundeswehr betrifft, die meistens spontanistisch ist und bei aller Sympathie keinen Kampf um die Köpfe darstellt, sei die »Welt« zitiert, die behauptet, Inge Viett habe auf einer Podiumsdiskussion im Zuge des Liebknecht-Luxemburg-Kongresses 2011 folgendes zu den brennenden Bundeswehrfahrzeugen gesagt:

»Wenn Deutschland Krieg führt und als Antikriegsaktion Bundeswehrausrüstung abgefackelt wird, dann ist das eine legitime Aktion wie auch Sabotage im Betrieb an Rüstungsgütern, illegale Streikaktionen, Betriebs- und Hausbesetzungen, militante antifaschistische Aktionen, Gegenwehr bei Polizeiattacken.«6

Für diese behauptete Aussage zerrte man Inge Viett dann vor Gericht. Ob das nun wirklich von ihr so gesagt wurde oder nicht: Es ist auf jeden Fall erfrischend richtig, und mehr ist zu dieser Taktik auch nicht zu sagen.

6. »General, der Mensch ist sehr brauchbar. … Aber er hat einen Fehler. Er kann denken.« Kampf dem Militarismus direkt in den Betrieben.

Auch zu dieser Thematik fehlt uns grundliegendes Hintergrundwissen, einen Referenten zur Frage des Antimilitarismus in Betrieb und Gewerkschaft konnten wir dieses Jahr leider nicht für die Konferenz gewinnen. Sehr wohl aber möchten wir anhand eines heute kaum noch bekannten Beispiels die Faktensammlung und Diskussion zu dieser nicht wichtig genug einzuschätzenden Taktik gegen den deutschen Militarismus eröffnen und haben ein extra Referat in Auftrag gegeben, das im Anschluss an dieses Referat gehalten wird.

Fazit – Ausblick

Wo steht der deutsche Militarismus heute?

Wir befinden uns nicht in der Phase zwischenimperialistischer Kriege, auch wenn das imperialistische System immer in diese Richtung driftet, und das heute – nach der Zerstörung der Sowjetunion, die die imperialistischen Staaten immer an einen Tisch zwang und ihre Widersprüche dämpfte – in erhöhter Geschwindigkeit. Derzeit geht es um Kolonialkriege, Kriege, die kurze zeitweilige Bündnisse imperialistischer und von ihnen niedergehaltener kapitalistischer Staaten erzeugen. Wobei das Wort Bündnis immer den Anschein erweckt, dass diese Zusammenschlüsse durchweg freiwilliger Natur wären.

Ein Blick auf die EU zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Derzeit geht es um Kriege, die um Einflusssphären und den Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt geführt werden, außerhalb der imperialistischen Zentren. Was nicht heißen soll, das es bei diesen Kolonialkriegen nicht immer auch um die Einflusssphäre der imperialistischen Konkurrenz geht. Jeder Akteur ist natürlich immer auf Bedienung seiner eigenen Interessen aus. Und natürlich zeigen sich längst die zukünftigen Konfrontationslinien zwischen den imperialistischen Großmächten untereinander oder gegen das nicht-imperialistische China am Horizont. Und manchmal, gerade was die Aktionen des besonders aggressiven deutschen Imperialismus betrifft, sind sie schon zum Greifen nahe. Schauen wir nur auf die Provokationen des deutschen Imperialismus gegen seinen wichtigsten Konkurrenten, die USA, im Zuge seines Angriffskrieges auf Jugoslawien, die fast die NATO in einen Scherbenhaufen verwandelt hat, oder auf die verweigerte Bündnistreue im Zuge des Krieges gegen den Irak.

Für die derzeitigen Aufgaben des deutschen Militärs in den heutigen, von der herrschenden Klasse sogenannten »Friedenszeiten«, also für die schnelle, weltweite Intervention mit modernstem Gerät, für das Führen mehrerer räumlich weit getrennter kleinerer Einsätze gleichzeitig ist eine riesige Truppenstärke, die eine Wehrpflicht erfordert, derzeit unbrauchbar.

In der Zeit des sogenannten kalten Krieges gegen die Sowjetunion wurde für die BRD als »Bollwerk gegen den Kommunismus« eine Truppenstärke (»Friedensstärke«) von 500.000 Soldaten und eine Verteidigungsstärke von über 1,3 Millionen Soldaten für erforderlich gehalten. Diesen Klotz am Bein braucht ein Staat, der derzeit die weitgehende ökonomische und politische Herrschaft über Europa hat, vorerst nicht. Oder wie bereits im Jahre 2000 die Kommission »Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr« feststellte: »Die Bundeswehr ist … nicht im Gleichgewicht. Sie ist zu groß, falsch zusammengesetzt und zunehmend unmodern. In ihrer heutigen Struktur hat die Bundeswehr keine Zukunft.«7

Die Truppenstärken, die die BRD hochfahren musste, als sie von einem Angriff auf die DDR träumte und damit von einem Krieg gegen die NVA und ihre Verbündeten, lässt erahnen, was der deutsche Imperialismus an Soldaten vorsieht, wenn es um die großen Kriege gegen hochgerüstete Staaten gehen wird. Das macht mindestens zweierlei klar:

  1. der deutsche Imperialismus kann im Krieg gegen andere imperialistische Staaten auf eine Wehrpflicht nicht verzichten. Diese ist aus gutem Grund lediglich nur ausgesetzt.

  2. Sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden, dann stehen wir dichter denn je vor Kriegen, gegen die jene, die wir heute in den Nachrichten sehen, lächerliche Versuche darstellen. Dies wird keine neue, jedoch eine andere Phase in der Entwicklung der zwischenimperialistischen Widersprüche sein als jene, die wir heute vorfinden. Beides sollte auf keinen Fall verwechselt werden! Was heute in der Welt tobt, nennt sich in der Chefetage Deutschlands immer noch »Friedenszeit«. Und wann die Wehrpflicht wieder eingeführt werden wird, machte Horst Seehofer (CSU) am 11. September 2010 in einem Interview mit dem Spiegel mehr oder weniger klar, als er sagte: »In Friedenszeiten wird die Wehrpflicht niemand mehr einführen.«

Die eben unter 1. und 2. aufgeführten Zusammenhänge in Sachen Wehrpflicht bringen uns direkt zur Aktualität jener antimilitaristischen Taktiken, die die Wehrpflicht als Sicht- und Aktionsfenster in die Armee nutzen, um Soldaten und Arbeiter vor und im Krieg zu gewinnen, zu gewinnen für die Beendigung der Kampfhandlungen gegen die Klassengenossen, zu gewinnen für den Weg in die Erkenntnis, dass es das deutsche Kapital ist, für das man morden und erobern soll, ja bestenfalls dafür zu gewinnen, die Waffen auf den wirklichen Feind zu drehen, den Hauptfeind im eigenen Land, den deutschen Imperialismus. Eine erneute Einführung der Wehrpflicht, die dann auf jeden Fall die Marschrichtung an die Schwelle oder schon in einen Krieg gegen die imperialistische Konkurrenz aufzeigt, kann dann nur heißen: Alle verfügbaren Kräfte gegen diese Armee! Und das heißt dann auch: Alle verfügbaren Kräfte in die Wehrpflicht – ran an die Soldaten! Eine Reduzierung des Kampfes auf den Kampf von außen gegen die Bundeswehr wäre dann besonders falsch, falsch war sie schon immer. Jede Agitation der Soldaten, jedes Wort, dass dem deutschen Militär ins Wort fällt, ist eine geschaffene Tatsache und bleibt – und ich weiß, wie nutzlos sie meistens wirkt, ich habe mit vielen Soldaten diskutiert.

Ein anderes Aktionsfeld, das sich wohl auf den Trümmerbergen des 2. Weltkrieges im Land der Täter keiner hat er-alpträumen können: Erneut gibt es deutsche Kriegsveteranen. Ihre Agitation, sie zu berücksichtigen, die jüngeren Veteranen der Bundeswehr, auch das wird ein Thema sein. Überhaupt werden die Erfahrungen der Genossen z.B. in den USA uns eine Leitlinie im Kampf gegen den deutschen Militarismus sein müssen, in dieser neuen Phase ohne Wehrpflicht. Das Zusammenspiel der Friedensaktivisten, der Soldaten, der Veteranen der USA im Kampf gegen den Angriffskrieg der USA auf die Volksrepublik Vietnam, gerade mitten im Krieg, war an Siegen und Erfahrungen gewaltig. Antimilitaristische Strukturen mitten in der kämpfenden Truppe, Aktionen direkt von Soldaten gegen ihren »Dienstherrn« bis hin zu den nicht wenigen Soldaten der US-Armee, die ihre Waffen tatsächlich umdrehten und überliefen zu den vietnamesischen Truppen und ihre Gewehrläufe dann gegen ihren Hauptfeind richteten.8

Vieles ist vergleichbar, manches nicht mal im Ansatz. Jeder Imperialismus hat seine Besonderheiten, jeder Staat hat sie. Die Besonderheiten des deutschen Imperialismus sind besonders markant. Nicht umsonst ist er der Einzige mit einer derartigen Aggressivität, dass ihn letztlich imperialistische und sozialistische Mächte in einer Koalition vereint bekämpften, ist er der Einzige, der den fortschrittlichen Kräften nach dem 2. Weltkrieg keinen anderen Ausweg ließ als die Gründung eines anderen deutschen Staates. Und er ist der Einzige, der aus gleichem Grund den abgespalteten Teil 40 Jahre später in einer bis heute andauernden Tobsucht annektierte. Besonderheiten, die um des Lebens willen nicht ignoriert werden dürfen und auf der anderen Seite auch Hebelpunkt sein können. Darum …

Wie sich die Widersprüche zwischen der annektierenden BRD und der annektierten DDR entwickeln werden, ist schwer einzuschätzen – so oder so, sie können sich letztlich nur zuspitzen. Die Prognosen für die sozialen Verhältnisse sind heute bereits sehr genau zu skizzieren. Und sie werden skizziert: Selbst bürgerliche Studien kündigen ein dramatisches Absinken aller ökonomischen Kennzahlen im Osten an, auf Werte, die heute nur schwer vorstellbar sind, zum Beispiel wird es Schließungen ganzer Ortschaften, völlige Verödung ganzer Regionen geben usw. Dass es zu sozialen Unruhen zu allererst in Ostdeutschland kommen wird, ist keine Frage des »ob«, sonders des »wann«. Gleichzeitig bezieht das deutsche Militär sein Kanonenfutter von dort, und gleichzeitig gab es dort ein Gegenmodell, das – wie vage auch immer – durch Erinnerungen und Vergleich abrufbar ist, das mehr als eine Generation kennengelernt hat. Ein Gegenmodell, das eben nicht nur 40 Jahre diesen deutschen Imperialismus in Schach hielt, sondern mehr oder weniger unauslöschbar in den Köpfen der Ostdeutschen ruht. Dass es nicht entschlummert, dafür sorgt schon der Hass des Westens auf die DDR, der sich täglich durch alles Geleier von Unrechtsstaat und Stasihatz seine Bahn bricht.

Es ist hier nicht der Ort und nicht die Zeit, die Debatte auf die Annexion der DDR und alles, was sie mit sich bringt, zu richten. Doch gesagt soll sein, dass die totale Kriegsdienstverweigerung nach dem Modell »Nein zur BRD und ihrer Armee!« ihre Berechtigung und Effizienz gegen den deutschen Militarismus, die sie meiner Meinung nach hatte, genauso immer noch hat, wie auch die Widersprüche weiter existieren, die in dieser Kampagne ausgenutzt wurden. Unsere antimilitaristische Arbeit an den Leuten, an den Soldaten, wird – wie klein auch immer – ein Fundament sein für Nächstes. Auch wenn das Nächste dann vielleicht erst mal nur ist, uns in so viele wie möglich, vielleicht auch nur erstmal in einen von Hundert zu krallen und ihn zu halten, wenn wieder marschiert wird in den nächsten großen Krieg. Und hier wird auch wieder klar und muss erneut unterstrichen werden, wie wichtig die Arbeit an den jungen Leuten ist, die dann wieder unter den Stahlhelm gepresst werden. Die Wichtigkeit der Arbeit der Antimilitaristen an den Schulen und Universitäten und an den Werkbänken der Lehrlinge gewinnt mit der Geschwindigkeit an Wichtigkeit, mit der sich der deutsche Imperialismus auf neue und größere Kriege vorbereitet.

Beenden möchte ich diese kleine Besichtigung der Taktiken des Kampfes gegen den deutschen Militarismus mit Brecht:

Gebt keinen euresgleichen auf!

Wie immer sie euch mitspielen
Gebt keinen euresgleichen auf!

Der Bauer, der den steinigen Acker gepflügt hat
Mag euch misstrauen wie einem Viehhändler
Und euch aus seiner Tür jagen:
Der ein Pferd zu wenig hat
Hat Ohren euch zu hören.
Gebt keinen euresgleichen auf!

Der Arbeiter, der die Maschine geölt hat
Die ihm nicht gehört, mag euch verraten
Viermal, dann vertraue ihm das fünfte Mal!
Setzt nichts aufs Spiel, aber setzt ihn in die Rechnung ein:
Gebt keinen euresgleichen auf!

Der Soldat, dem der Sieg nichts nützt
Mag seine Oberen fürchten und euch
An das Rad des Geschützes binden, dennoch
Ist er euer Helfer an dem bestimmten Tag
Wo ihr ihm die Augen geöffnet habt:
Gebt keinen euresgleichen auf!

Ihrem Feind folgen sie, wenn sie blind sind
Aber euch folgen sie, wenn sie sehen. Gebt keinen euresgleichen auf!9


  1. http://kjoe.at/2012/10/wem-nutzt-das-soldnerheer (Stand: 28.05.2014) 

  2. »Das Militärprogramm der proletarischen Revolution«, Lenin Werke, Band 23, Dietz Verlag Berlin 1987 

  3. https://www.dfg-vk.de/thematisches/kriegsdienstverweigerung/2010/551 (Stand: 07.05.2014) 

  4. http://www.rotdorn.org/Zivildienst.htm (Stand: 07.05.2014) 

  5. Fokus, 04.08.2013 

  6. TAZ, 06.06.2011 

  7. Bericht der Weizsäcker-Kommission »Gemeinsame Sicherheit und Zukunft der Bundeswehr« vom 23. Mai 2000, S. 13 

  8. Siehe auch: http://www.linkswende.org/1651/Soldaten-Widerstand-im-Vietnamkrieg 

  9. Fragment, 1936, 14/326