Konferenz
»Der Haupt­feind steht im eigenen Land«

Die jährlich stattfindenden Konferenzen gegen den deutschen Imperialismus sollen den politischen Austausch und die Zusammenarbeit derjenigen revolutionären Kräfte fördern und vorantreiben, die in der Arbeiter- und demokratischen Bewegung für die Linie »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« kämpfen wollen.

Was ist proletarischer Internationalismus?

Marcel Kowalski, KAZ-AG »Zwischenimperialistische Widersprüche«

Mai 2009

1. Zum Begriff »proletarisch«

»Das Proletariat macht verschiedene Entwicklungsstufen durch. Sein Kampf gegen die Bourgeoisie beginnt mit seiner Existenz. Im Anfang kämpfen die einzelnen Arbeiter, dann die Arbeiter einer Fabrik, dann die Arbeiter eines Arbeitszweiges an einem Ort gegen den einzelnen Bourgeois, der sie direkt ausbeutet. … Auf dieser Stufe bilden die Arbeiter eine über das ganze Land zerstreute und durch die Konkurrenz zersplitterte Masse. …

Aber mit der Entwicklung der Industrie vermehrt sich nicht nur das Proletariat: es wird in größeren Massen zusammengedrängt, seine Kraft wächst und es fühlt sie mehr. Die Interessen, die Lebenslagen innerhalb des Proletariats gleichen sich immer mehr aus, indem die Maschinerie mehr und mehr die Unterschiede der Arbeit verwischt und den Lohn fast überall auf ein gleich niedriges Niveau herabdrückt. Sein Lohn wird fast überall auf ein gleich niedriges Niveau herabgedrückt; … die immer rascher sich entwickelnde, unaufhörliche Verbesserung der Maschinerie macht ihre ganze Lebensstellung immer unsicherer; immer mehr nehmen die Kollisionen zwischen dem einzelnen Arbeiter und dem einzelnen Bourgeois den Charakter von Kollisionen zweier Klassen an.«1

2. Nation

Zunächst begründet die Bourgeoisie die Nation: »Die Bourgeoisie hebt mehr und mehr die Zersplitterung der Produktionsmittel, des Besitzes und der Bevölkerung auf. Sie hat die Bevölkerung agglomeriert2, die Produktionsmittel zentralisiert und das Eigentum in wenigen Händen konzentriert. Die notwendige Folge hiervon war die politische Zentralisation. Unabhängige, fast nur verbündete Provinzen mit verschiedenen Interessen, Gesetzen, Regierungen und Zöllen wurden zusammengedrängt in eine Nation, eine Regierung, ein Gesetz, ein nationales Klasseninteresse, eine Douanenlinie.«3

3. Der Klassenkampf ist der Form nach national definiert

»Von Zeit zu Zeit siegen die Arbeiter, aber nur vorübergehend. Das eigentliche Resultat ihrer Kämpfe ist nicht der unmittelbare Erfolg, sondern die immer weiter um sich greifende Vereinigung der Arbeiter. Sie wird befördert durch die wachsenden Kommunikationsmittel, die von der großen Industrie erzeugt werden und die Arbeiter der verschiedenen Lokalitäten miteinander in Verbindung setzen. Es bedarf aber bloß der Verbindung, um die vielen Lokalkämpfe von überall gleichem Charakter zu einem nationalen, zu einem Klassenkampf zu zentralisieren.«4

»Obgleich nicht dem Inhalt, ist der Form nach der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler. Das Proletariat eines jeden Landes muss natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie fertig werden.«5

»Indem das Proletariat zunächst sich die politische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich selbst als Nation konstituieren muss, ist es selbst noch national, wenn auch keineswegs im Sinne der Bourgeoisie.«6

Auch wird im Manifest postuliert, dass die Befreiung zunächst national vonstatten geht, damit die Ausbeutung einer Nation durch die andere beseitigt werden kann: »In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben. Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die feindliche Stellung der Nationen gegeneinander.«7

4. Der »Internationalismus« der Bourgeoisie

So wie die Bourgeoisie die Nation begründet, begründet sie den internationalen Verkehr. Neben den Feinden im Inland gesellen sich verschiedene Feinde im Ausland dazu: »Die Bourgeoisie befindet sich in fortwährendem Kampfe: anfangs gegen die Aristokratie; später gegen die Teile der Bourgeoisie selbst, deren Interessen mit dem Fortschritt der Industrie in Widerspruch geraten; stets gegen die Bourgeoisie aller auswärtigen Länder. In all diesen Kämpfen sieht sie sich genötigt, an das Proletariat zu appellieren, seine Hilfe in Anspruch zu nehmen und es so in die politische Bewegung hineinzuziehen.«8

In dem Maße aber, wie die Bourgeoisie ihren Feind, das Proletariat, in die internationalen Kämpfe hineinzieht, zieht sie das Proletariat in die Kämpfe ihrer Gegner. Kann also dieser Kampf der Bourgeoisie der Kampf der Arbeiterklasse sein? Er kann es nicht, es gibt keine nationale Allianz der Klassen gegen den äußeren Feind der Bourgeoisie, ohne die eigene Bourgeoisie in ihrem Konkurrenzkampf zu unterstützen.

Auch Clara Zetkin reduziert den vermeintlichen Widerspruch zwischen den Nationen, also den tatsächlichen Widerspruch der Bourgeoisien der verschiedenen Nationen auf die Klassenauseinandersetzungen in den einzelnen Nationen selbst: »Wie steht es im Grunde mit dem Gegensatz zwischen den Nationen, von dem die Kapitalistenklassen wirtschaftlich und fast mehr noch politisch zehren? Reißt man ihm respektlos vor tönenden Worten und gedankenlos übernommenen Begriffen die ideologischen Hüllen ab, so zeigt er sich nackt als Gegensatz zwischen den Kapitalistenklassen der verschiedenen Länder. Dieser Gegensatz ist aber seinerseits ein Schößling aus der Wurzel des anderen und tieferen Gegensatzes, der jeden nationalen Staat zerklüftet: des Gegensatzes zwischen den ausgebeuteten und beherrschten Massen und der ausbeutenden und herrschenden Minderheit.«9

Um also den Widerspruch der Bourgeoisien der einzelnen Nationen aufzulösen, muss das Proletariat die Klassenfrage auf nationaler Ebene lösen. Doch nicht nur die Bourgeoisie der anderen Länder ist der Feind der Bourgeoisie. Durch ihre Produktionsweise schafft sie sich täglich überall neue Feinde: »Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muss sie sich einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen.«10

5. Grundlage des proletarischen Internationalismus

So verwandelt die Bourgeoisie die Menschen aller Nationen in ihre Lohnsklaven: »Die internationale Solidarität der Proletarier aller Länder ist unausrottbar in der Klassenlage der Massen verwurzelt, über welche der Kapitalismus seine Geißel schwingt.«11

Ausgebeutete im Inland und im Ausland stehen also dem selben Feind gegenüber. Siemens-Arbeiter in Tschechien und Ungarn sind also unmittelbare Kampfgefährten der Siemens-Arbeiter in München. Somit bekommt das nationale Proletariat objektiv Verstärkung durch das Proletariat, das von seinen eigenen Bourgeois ebenfalls ausgebeutet wird, subjektiv schlägt die Verstärkung auch hier in Konkurrenz um, wenn der Klassenkampf nur von der Bourgeoisie geführt wird.

Objektiv ist jeder Kapitalist der Feind eines jeden Arbeiters. Jeder Ausbeuter hat ein Interesse, die Ausbeutung zu verschärfen, jeder Arbeiter ein Interesse, sie zu bekämpfen. Subjektiv verteilt sich der daraus erwachsene Kampf jedoch auf die einzelnen Nationen oder Frontabschnitte: »Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen Parteien nur dadurch, dass sie einerseits in den verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen von der Nationalität unabhängigen Interessen des Proletariats hervorheben und zur Geltung bringen, andererseits dadurch, dass sie in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung vertreten.«12

Demzufolge hat nur der nationale Klassenkampf gegen die eigene Bourgeoisie internationalistischen Charakter, oder wie weiter oben entwickelt, definiert sich der Klassenkampf der Form nach ausschließlich auf nationaler Ebene (zu einem nationalen, zu einem Klassenkampf13). Und die Summe der einzelnen nationalen Klassenkämpfe schließlich macht den internationalen Klassenkampf aus. Hier wirkt der revolutionäre Kampf in den einzelnen Ländern ineinander: »… die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände.«14

Wie geht dieser Prozess vonstatten? »Auf höherer Stufenleiter, international, geht der gleiche Entwicklungsprozess vor sich, der national die Ausgebeuteten in Solidarität der Erkenntnis und Gesinnung einander zu zielsicherer Aktion nähert.«15 Hieraus folgt, dass der Klassenkampf auf nationaler Ebene geführt werden muss, um international die Erfahrungen der Kämpfe zu koordinieren oder gemeinsame Strategien zu entwickeln, um den Klassenkampf so auf eine höhere Stufe zu heben. Somit werden die von den Kommunisten der verschiedenen Länder gemäß ihrer spezifischen Situation erarbeiteten Strategien wieder in den jeweiligen Ländern umgesetzt.

Aus all dem folgt, dass proletarischer Internationalismus nicht identisch ist mit »Außenpolitik«.

6. Die Frage des proletarischen Internationalismus im Zeitalter imperialistischer Kriege

Die Kriegspolitik des Imperialismus nach außen spaltet sich in zwei unterschiedliche Formen des Krieges:

6.1. Der Kolonialkrieg:

Überall, wo die Bourgeoisie sich eingenistet hat, angebaut16 hat, organisieren sich die betreffenden Völker zum Befreiungskampf. Hierzu ist folgende Herangehensweise aus internationalistischer Perspektive selbstverständlich: »… die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände.«17

Dazu stellt Ho Chi Minh fest, dass die Unterstützung der Befreiungsbewegung der Kolonialvölker nicht den Klassenkampf in den Metropolen ersetzen darf: »Der Kolonialismus ist ein Krake, der sich mit einem Fangarm am Proletariat des ›Mutterlandes‹ und mit einem anderen am Proletariat der Kolonien festgesaugt hat. Um ihn zu töten, muss man beide Arme abhacken. Hackt man nur einen ab, so wird der andere nach wie vor das Blut des Proletariats saugen, der Krake wird am Leben bleiben, und der abgehackte Fangarm wird nachwachsen.«18

Im Konkreten heißt das, dass jede Form der Unterstützung der Befreiungsbewegungen in den imperialistischen Staaten an den nationalen Klassenkampf gekoppelt sein muss, um nicht in Revolutionsromantik zu versinken. Zum Beispiel Vietnam in den Siebzigern und folgenden: Für die vietnamesische Revolution auf die Straße gehen, aber nicht ohne die Verbrechen der eigenen Bourgeoisie zu entlarven, aufzuzeigen, welchen Anteil sie am Kampf gegen das vietnamesische Volk hat.

6.2. Vor und während des imperialistischen Weltkrieges

In diesem Krieg, speziell zu seiner Vorbereitung, sind die Monopole noch mehr »genötigt, an das Proletariat zu appellieren, seine Hülfe in Anspruch zu nehmen und es so in die politische Bewegung hineinzuziehen.«19 Es entfaltet sich eine ideologische Schlacht zwischen den Kommunisten, sprich Internationalisten, gegen die ideologischen Fallenstellungen ihrer Herren, die ihre eigene Kriegsvorbereitung, ihren eigenen Krieg als Befreiung der Menschheit zu propagieren suchen. Dazu stellen sie stets die Verbrechen der imperialistischen Konkurrenz zur Schau, an denen sich alle Teile der Bevölkerung ergötzen sollen. Besonders Lenin entlarvte speziell den deutschen Chauvinismus und die Tricksereien der deutschen Sozialdemokratie, von den Verbrechen ihrer Monopole abzulenken, und stets die imperialistische Konkurrenz ins Visier zu nehmen.

7. Die Demagogie des Sozialchauvinismus

»Ein Merkmal des deutschen Chauvinismus ist, dass die ›Sozialisten‹ – Sozialisten in Anführungszeichen – von der Unabhängigkeit anderer Völker reden, nur derer nicht, die von ihrer eigenen Nation unterdrückt werden. Ob man dies jetzt direkt ausspricht oder ob man diejenigen, die das aussprechen, verteidigt, rechtfertigt und in Schutz nimmt – der Unterschied ist nicht sehr wesentlich … Sowohl die Sozialchauvinisten Deutschlands – d.h. Sozialisten in Worten, Chauvinisten in der Tat – als auch die gesamte bürgerliche Presse Deutschlands schreien jetzt lauthals über das schamlose, gewalttätige, reaktionäre Schalten und Walten Englands in seinen Kolonien. Die deutschen Zeitungen schreiben jetzt über die Freiheitsbewegung in Indien ohne Unterlass, voller Schadenfreude, Begeisterung und Entzücken.«20

Über die Wurzel des Betrugs der deutschen Chauvinisten führt Lenin aus, dass sie, »während sie ihre Sympathie für die Unabhängigkeit der von ihrem militärischen Gegner … unterdrückten Völker nicht laut genug hinausschreien können, bescheiden – mitunter sogar allzu bescheiden – über die Unabhängigkeit der von ihrer eigenen Nation unterdrückten Völker mit Stillschweigen hinweggehen.«21 »Die Gründe für die Schadenfreude der deutschen Bourgeoisie sind unschwer zu begreifen: Sie hofft, ihre militärische Lage dadurch zu verbessern, dass sie in Indien Unzufriedenheit und eine Bewegung gegen England entfacht.«22

Ganz besonders kommt die Heuchelei der eigenen Bourgeoisie im Kampf gegen die Konkurrenz im Folgenden zum Ausdruck: »Diese Irreführung der Völker fällt der imperialistischen Bourgeoisie um so leichter, als jede Bourgeoisie, wenn sie beispielsweise von einem Frieden ohne Annexion spricht, die Annexion ihres Rivalen im Auge hat und die Annexionen, die von ihr selber schon gemacht worden sind, ›bescheiden‹ verschweigt.«23

Wie kann dieser Kampf am besten geführt werden, oder wie ersetzen wir den Sozialchauvinismus durch wirklichen proletarischen Internationalismus? »Angesichts dieser objektiven Lage der Dinge ist es die offenkundige und unbedingte Aufgabe jeder aufrichtigen sozialistischen, jeder ehrlichen proletarischen Politik (von einer bewusst marxistischen Politik ganz zu schweigen), vor allem und in erster Linie konsequent, systematisch, kühn und vorbehaltlos die pazifistische und demokratische Heuchelei der eigenen Regierung und der eigenen Bourgeoisie zu entlarven24 Und da schlägt es in die selbe Kerbe, wenn jemand vom US-Imperialismus als Feind der Menschheit oder aggressivsten Imperialismus usw. spricht. Um den Sozialchauvinismus zu bekämpfen, gibt es zwei Ansätze: »Es gibt nur einen wirklichen Internationalismus: die hingebungsvolle Arbeit an der Entwicklung der revolutionären Bewegung und des revolutionären Kampfes im eigenen Lande, die Unterstützung (durch Propaganda, durch moralische und materielle Hilfe) eben eines solchen Kampfes, eben einer solchen Linie und nur einer solchen allein in ausnahmslos allen Ländern.«25

Bei der Unterstützung der Befreiungsbewegungen ist indes Folgendes zu beachten, um weder »ungebetene Hilfe« aus dem eigenen imperialistischen Staat anzulocken26 noch über die Belange der Befreiungsbewegung hinweg scheinbar Unterstützung zu leisten.

Dazu hat die Kommunistische Internationale folgenden Beschluss gefasst: »Alle kommunistischen Parteien müssen die revolutionären Freiheitsbewegungen in diesen Ländern durch die Tat unterstützen. Die Form der Unterstützung muss mit der kommunistischen Partei des betreffenden Landes erörtert werden, wenn es eine solche Partei gibt. In erster Linie trifft diese Verpflichtung zur tatkräftigen Hilfe die Arbeiter desjenigen Landes, von dem die zurückgebliebene Nation in kolonialer oder finanzieller Hinsicht abhängt.«27

Wenn das Proletariat in jedem imperialistischen Land so vorgeht, gibt es keine Kolonien oder keine Protektorate, deren nationale Belange nicht vom Proletariat aus den imperialistischen Ländern unterstützt werden. Und da ist es unsere Pflicht, in erster Linie unsere Kolonien zu untersuchen.

8. Unsere objektiven Aufgaben

»… Der Sozialist eines anderen Landes kann die Regierung und die Bourgeoisie eines Staates, der mit ›seiner‹ Nation Krieg führt, nicht entlarven, und keineswegs nur deshalb nicht, weil er die Sprache, die Geschichte, die Besonderheiten des betreffenden Volkes usw. nicht kennt, sondern auch, weil eine derartige Entlarvung eine imperialistische Intrige ist, nicht aber die Erfüllung seiner internationalistischen Pflicht. Nicht der ist ein Internationalist, der hoch und heilig versichert, er wäre einer, sondern nur der, der als wirklicher Internationalist die eigene Bourgeoisie, die eigenen Sozialchauvinisten, die eigenen Kautskyaner bekämpft.«28

Die Einschätzung von Lenin stammt aus dem Ersten Weltkrieg, als die Phase der Neuaufteilung entsprechend ihren ersten vorläufigen Höhepunkt fand: »Der Sozialist eines jeden Landes muss gerade jetzt, da die Frage des Friedens auf die Tagesordnung gesetzt wird, energischer als sonst unbedingt seine Regierung und seine Bourgeoisie entlarven, muss die von ihnen mit ihren imperialistischen Verbündeten abgeschlossenen oder vor dem Abschluss stehenden Geheimverträge, über die Teilung der Kolonien, die Aufteilung der Einflusssphären, gemeinsame Finanzunternehmen in anderen Ländern, über Aktienaufkauf, Monopole, Konzessionen usw., entlarven. Denn darin und nur darin besteht die reale, wirkliche, nicht verlogene Grundlage, das Wesen des in Vorbereitung begriffenen imperialistischen Friedens. Alles übrige ist Betrug am Volk.«29

Dabei ist es zunächst irrelevant, auf welcher Stufe der Neuaufteilung wir uns befinden. Fakt ist, der deutsche Imperialismus schreitet stärker als sonst in der Zwischenkriegszeit voran, erreicht größere Ziele.

»Sollen deutsche Linke jetzt auf die Seite ›ihres‹ Imperialismus treten und mit ihm gegen Abenteuerlichkeit, Rambotum und Hegemonie wettern, wie es nicht nur Haider und das Nazipack in heuchlerischer Irak-›Solidarität‹ tun, oder die ›seriöse‹ Wirtschaftswoche, die das erste Mal in ihrer Geschichte von US-Imperialismus (ohne Anführungszeichen) schreibt? Dann verhielten wir uns wie die von Lenin als ›Sozialchauvinisten‹, ›Sozialpatrioten‹ oder ›Sozialpazifisten‹ bezeichneten Kräfte, die zwar von einer besseren Welt (wenn schon nicht vom Sozialismus) reden und reden, aber in Wirklichkeit den eigenen, den scheinbar netteren, sozialeren, friedlicheren, Imperialismus stützen, verteidigen und verherrlichen – und dies auch noch mit der besonderen deutschen Verantwortung wegen Auschwitz begründen. Wir haben in der ganzen Heuchelei eines Herrn Bush die Heuchelei der deutschen Regierung aufzuzeigen, in der Kritik der US-Hegemonie die Vorherrschaftsbestrebungen des deutschen Imperialismus, in der Expansion der US-Monopole die Gier der deutschen Monopole nach Beute. Das erst macht uns zu Internationalisten.«30

Wir dürfen nicht wieder »auf die große Explosion warten, bis die Gefährlichkeit des deutschen Imperialismus in der Linken erkannt wird«.31


  1. Manifest der Kommunistischen Partei. Berlin 1988, S. 54 f. 

  2. zusammengeballt 

  3. Manifest S. 50. Hervorhebungen im Original. 

  4. Manifest, S. 55. 

  5. Manifest, S. 58. 

  6. Manifest, S. 66. 

  7. Manifest, S. 66. 

  8. Manifest, S. 56. 

  9. Clara Zetkin, Unser Patriotismus. In: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 1, S. 323. 

  10. Manifest, S. 49. 

  11. Zetkin, Unser Patriotismus, S. 331. 

  12. Manifest, S. 60. 

  13. Manifest, S. 55. 

  14. Manifest, S. 83. 

  15. Zetkin, Unser Patriotismus, S. 334. 

  16. Manifest, s.o. 

  17. Manifest, s.o. 

  18. Ho Chi Minh: Die russische Revolution und die Kolonialvölker. 21.3.1924. In: Reden und Schriften, Leipzig 1980, S. 37-41 

  19. Manifest, S. 56. 

  20. Lenin, Über den deutschen und nichtdeutschen Chauvinismus. In: Gesammelte Werke, Bd. 22, Berlin 1981, S. 186 f. Vgl. auch folgendes Beispiel über die Situation im Irak in der Ausgabe Das Parlament vom 3.5.2004: »Über 100 tote Soldaten, darunter der deutschstämmige Football-Star Pat Tillmann, sowie 879 Verletzte sind die Bilanz der amerikanischen Besatzung (!) im Irak innerhalb der ersten 20 Tage des Monats April. Ein Albtraum für das amerikanische Militär wie für die Nation zu Hause. Gleichzeitig müssen die GIs vor Ort zusehen, wie 1.500 spanische Soldaten einpacken. Auch die Japaner haben das Land verlassen. Die von US-Außenminister Colin Powell und seinem Präsidenten gepriesene ›Allianz‹ bröckelt angesichts des sich steigernden Hasses und des Widerstandes des männlichen arabischen Bevölkerungsteils (!) im Irak.« 

  21. Lenin, Chauvinismus, S. 187. Hervorhebungen im Original. 

  22. Ebenda. 

  23. Lenin, Rohentwurf der Thesen für einen offenen Brief an die Internationale Sozialistische Kommission und an alle sozialistischen Parteien. In: Gesammelte Werke, Bd. 23, Berlin 1981, S. 213. Hervorhebungen im Original. 

  24. Ebenda. Hervorhebungen im Original. 

  25. Lenin, Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution, Die Lage in der sozialistischen Internationale. In: Werke, Bd. 24, S. 60, Berlin 1974. Hervorhebungen im Original. 

  26. vgl. all die rechten Gruppen (von Haider bis …), die den Irak »unterstützen«. 

  27. Der I. und II. Kongress der kommunistischen Internationale, Berlin 1959. Weiter heißt es an der Stelle: »Notwendig ist der Kampf gegen den Panislamismus und die panasiatische Bewegung und ähnliche Strömungen, die den Versuch machen, den Freiheitskampf gegen den europäischen und amerikanischen Imperialismus mit der Stärkung der Macht des türkischen und japanischen Imperialismus und des Adels, der Großgrundbesitzer, der Geistlichen usw. zu verbinden.« (ebd.) 

  28. Lenin, Rohentwurf, S. 215. Hervorhebungen im Original. 

  29. Lenin, Rohentwurf, S. 214. Hervorhebungen im Original. 

  30. Corell, Internationalismus beginnt zu Hause. In: Der Krieg geht weiter – nicht nur ums Öl, KAZ 301, S. 14 f. 

  31. Corell, Stellungnahme zum Beitrag des Genossen Kurt Gossweiler, KAZ